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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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wollte. Im Laufe der Besprechung wurde nun auch Gimbar das ganze Ausmaß von Baltans Plan klar.
    Sein Schwiegervater hatte von Goel schon vor einem Jahr die Nachricht erhalten, dass Geschan bald zu einer großen Suche aufbrechen werde, deren erstes Ziel vermutlich tief in der Ostregion läge. Da Goel selbst den Garten der Weisheit nicht verlassen konnte, beauftragte er seine vierzig Boten den siebten Richter zu unterstützen, wo immer sich die Gelegenheit dazu böte. Geschans Aufgabe sei von größter Wichtigkeit, hatte Goel betont. Und sehr gefährlich! Man müsse damit rechnen, dass Bar-Hazzats schwarze Priester vermehrt ausschwärmen würden, um Geschans Pläne zu durchkreuzen.
    »Ich verstehe nur nicht, warum du uns in Quirith schon wieder verlassen musst«, wollte Gimbar wissen.
    Yehsirs Gesicht war ernst, als er antwortete. »Baltan gab Goels Anweisungen folgendermaßen wieder: ›Sobald Geschan sein erstes Ziel erreicht haben wird, haben wir mit einem letzten großen Angriff Temánahs auf Cedanor zu rechnen, der schwerer sein wird als alles, was es in den Jahrtausenden davor gegeben hat. Daher müssen wir rechtzeitig erfahren, wann die Zeit gekommen ist, uns zu wappnen.‹«
    Yonathan und Gimbar tauschten einen schnellen Blick.
    »Wir können gleich morgen früh aufbrechen«, ergänzte Yehsir, dem die besorgten Gesichter seiner Gäste nicht entgangen waren.
    Yonathan nickte. Gimbar stopfte sich eine getrocknete Feige in den Mund und begann grimmig darauf herumzukauen.
    In diesem Moment drang von draußen der Lärm zahlreicher Stimmen ins Zelt. Yonathan fühlte sich auf den Großen Markttag von Kitvar versetzt – Prügeleien hatten dort immer mit einem ähnlichen Lärm begonnen. »Was ist da draußen los?«, fragte er besorgt.
    Da kam Sirbar ins Zelt gestürzt. »Komm schnell heraus, Vater!«, rief er aufgeregt. »Ich habe versucht es zu verhindern, aber sie sind wie im Rausch. Sie hören gar nicht auf mich…«
    »Beruhige dich!«, forderte Yehsir seinen Sohn streng auf. »Was hast du versucht zu verhindern?«
    Sirbar bekam sich wieder in die Gewalt und drängte: »Wir müssen schnell etwas unternehmen! Einige aus der Sippe haben sich über Gimbars Gepäck hergemacht; bald werden von seinen Tuchen nur noch ein paar kleine Fetzen übrig sein.«
    Yehsir hatte sich von der überraschenden Nachricht als Erster erholt und stürmte wütend aus dem Zelt. Sirbar folgte ihm dichtauf.
    »Habe ich nicht gesagt, dass diese Steppenbewohner die neugierigsten Lebewesen auf ganz Neschan sind?«, jammerte Gimbar und rannte den beiden hinterher.
    »Wären das deine Worte gewesen, dann hätte ich wenigstens gewusst, was mich erwartet«, erwiderte Yonathan und verließ als Letzter das Zelt.
    Draußen bot sich ihm eine sehr unübersichtliche Situation. Eine schreiende und kreischende Menschenmenge war derart ineinander verkeilt, dass zwischen fliegenden Armen und Beinen gerade noch ab und zu ein Kopf herausragte. Andere Nomaden rollten raufend über den Boden. Yehsir, der sich durch sein weißes Gewand abhob, näherte sich zielstrebig dem Zentrum der Auseinandersetzung.
    Yonathan und Gimbar verfolgten die ungewöhnliche Vorstellung ebenso fasziniert wie bestürzt. Alsbald bemerkten einige der Streitenden den siebten Richter und wichen schuldbewusst vor ihm zurück; Yonathan konnte zu Yehsir in die Keimzelle des Tumults vordringen. Unvermittelt fühlte er sich ins irdische Schottland zurückversetzt, in dem ähnliche Wettkämpfe seit Jahrhunderten zum allgemeinen Volksvergnügen gehörten.
    Zwei Gruppen ließen sich nun ausmachen – gut gemischt aus Männlein und Weiblein, alt und jung, dick und dünn – und jede zerrte an einem Ende einer langen Bahn karminroten Tuchs, als gelte es einen Wettbewerb im Tauziehen zu gewinnen. Beide Seiten überhäuften sich dabei mit wüsten Beschimpfungen.
    »Ich glaube, ich habe den guten Leuten mit meiner Seide eine Menge Freude bereitet«, bemerkte Gimbar neben Yonathan.
    »Als hätten sie nie etwas von dem Gesetz der Gastfreundschaft gehört!«, schimpfte Yehsir. »Das muss ein Ende haben. Du erlaubst, Gimbar?« Er hielt plötzlich einen bedrohlich aussehenden Krummdolch in der Hand.
    »Nur zu«, willigte Gimbar resigniert ein. »Sie muss ohnehin noch verarbeitet werden.«
    »Was hat Yehsir vor?«, rief Yonathan. »Er wird ihnen doch nichts antun?«
    Gimbar verzog belustigt einen Mundwinkel. »Das wird er bestimmt nicht – glaube ich zumindest.«
    In diesem Moment glänzte Yehsirs Dolch in

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