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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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dabei!«
    Die Männer würdigten diese Nachricht mit anerkennendem Gemurmel.
    Gimbar zeigte nun die ersten Anzeichen von Verwirrung. »Aber ihr tragt doch alle nur schwarze Gewänder.«
    Der Reiterführer lachte laut auf. »Wenn Ihr wüsstet, was wir so alles in unseren Zelten anhaben!« Die fröhliche Zustimmung der anderen ließ vermuten, dass es da offenbar wirklich noch unentdeckte Geheimnisse gab. Ernster fuhr er dann fort: »Ihr dürft die Gastfreundschaft unseres Lagers in Anspruch nehmen. Kommt mit und macht Euch selbst ein Bild davon, welche Bedürfnisse und Wünsche der Steppenwind in unsere Herzen getragen hat; wir verschaffen uns in der Zwischenzeit einen Überblick über Euren Warenbestand.«
    »Das hatte ich befürchtet«, zischte Gimbar, unhörbar für den Sprecher der Steppenleute, dem er gleich darauf ein strahlendes Lächeln schenkte und freundlich versicherte, dass man dieser ehrenvollen Einladung entsprechen und den Reitern selbstverständlich ins Lager folgen werde.
    Eine andere Möglichkeit blieb ohnehin nicht. Im Nu hatten die quirligen kleinen Pferde der Stammesmänner Yonathan und Gimbar samt den acht Packtieren umschlossen und drängten sie mit sanfter Bestimmtheit gen Westen.
    Der Ritt dauerte nicht länger als eine Stunde. Auf den letzten Meilen passierten die beiden Gefährten mit ihrer Eskorte mehrere große Herden – Rinder, Ziegen und immer wieder kleinwüchsige, struppige Pferde. Dann entdeckte Yonathan die Zelte. Rund, breit und behäbig standen sie im Steppengras und waren in ihrer gelbbraunen Färbung vom winterblassen Boden kaum zu unterscheiden.
    »Das Lager«, sagte der Anführer; es waren seine ersten Worte, seit sie aufgebrochen waren.
    »Ich wäre Euch sehr dankbar, wenn Ihr uns mit dem Oberhaupt der Sippen bekannt machen könntet«, erwiderte Gimbar.
    »Leider wird das nicht möglich sein. Mein Onkel befindet sich auf einem mehrtägigen Erkundungsritt. Aber Ihr könnt meinen Vater sprechen. Yehsir vertritt das Sippenoberhaupt in der Zwischenzeit.«
    Yonathan horchte auf. »Habt Ihr soeben gesagt, Euer Vater sei Yehsir?«, meldete er sich zum ersten Mal zu Wort.
    »Das ist sein Name.«
    »Doch nicht etwa der Yehsir, der erfahrene und berühmte Karawanenführer Baltans?«
    Die dunklen Augen des Anführers begannen zu leuchten. »Ihr habt von meinem Vater gehört?«
    »Und ob wir das haben!«, platzte Gimbar heraus. »Euer Vater und ich dienen beide dem gleichen Herrn – wenn man einmal davon absieht, dass Baltan nebenbei auch noch mein Schwiegervater ist!«
    »Euer Schwiegervater? Aber dann müsst Ihr ja Gimbar sein!«, rief Yehsirs Sohn erfreut. »Zu dumm, dass wir über der Beschäftigung mit Euren Waren vergessen haben uns einander vorzustellen, wie es die Höflichkeit gebietet. Entschuldigt bitte. Euer unbedeutender Diener heißt übrigens Sirbar. Darf ich auch nach dem Namen Eures jungen Begleiters fragen?«
    Sirbar wandte sich in Yonathans Richtung. Dabei fiel sein Blick unwillkürlich auf das gewundene, rötliche Holz, den Stab, den Yonathan noch immer vor sich auf dem Sattel hielt. Plötzlich weiteten sich Sirbars Augen.
    »Ihr seid doch nicht etwa…?«
    »Gimbar lobte bereits Eure scharfe Beobachtungsgabe«, bemerkte Yonathan freundlich. Und da er überzeugt war, auf Freunde gestoßen zu sein, sagte er: »Ich bin Geschan, der siebte Richter, und das hier ist Haschevet, das Symbol meines Amtes.« Er streifte die Hülle vom Knauf des Stabes, damit alle die vier Gesichter in ihrem goldenen Glanz sehen konnten.
    Die Reaktion der eben noch so bedrohlich wirkenden Reiter kam für Yonathan ziemlich überraschend. Sie sprangen von ihren Pferden, einige warfen sich auf den Bauch ins Steppengras, andere, so auch Sirbar, beugten ergeben das Knie und neigten das Haupt vor dem siebten Richter.
    Yonathan war das Ganze mehr als unangenehm. »Steht bitte auf!«, rief er. »Ich bin auch nur ein Diener Yehwohs, genauso wie ihr.«
    Aber die Steppenmänner wagten sich nicht zu bewegen. Der siebte Richter! Mitten unter ihnen!
    Schließlich wurde es Yonathan zu viel. Er schnalzte mit der Zunge und trieb Kumi, sein Lemak, einfach aus dem Kreis der erstarrten Männer heraus, direkt auf die Mitte des Lagers zu.
    Nicht ganz zu Unrecht vermutete er hier das Zelt des Oberhauptes der Sippen.
    »Ist da jemand?« Er hatte Kumi vor einem besonders großen Zelt zum Stehen gebracht. Im Dunkel des Zelteinganges glaubte er eine Bewegung wahrzunehmen, dann sogar das Leuchten eines scheuen Augenpaares.

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