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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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zeigte sich ein leichtes Lächeln auf dem Gesicht des Khans. »Ihr seid gnädig, der Ihr Euch Geschan, siebter Richter…«
    »Yublesch-Khansib, Ehrenwerter!« Yonathan hatte die Augen geschlossen und seufzte kurz auf. »Ich bin Geschan, der siebte Richter. Ich hoffte, Ihr würdet dies erkennen, wenn ich Euren besten Dolchkämpfer besiegte.«
    Der Khan blickte seinen Gast lange an. Schließlich presste er hervor: »Wenn ich Euch nur glauben könnte! Es hängt so viel für meine Sippe davon ab…«
    Yonathan seufzte erneut. Er hatte fast mit einer solchen Reaktion gerechnet. »Gimbar?« Der hakennasige Mann reichte ihm den langen Holzbehälter, den er schon den ganzen Morgen unter dem Arm getragen hatte. Yonathan öffnete den Kasten und drei schneeweiße Rosen wurden sichtbar.
    Der Khan verfolgte jede Bewegung Yonathans mit großen Augen. Nun hörte er den Jüngling auch noch seltsame Worte sprechen.
    »Als Hüter von Aschereis Rosenstock übergebe ich dir, Sandai Yublesch, Ehrenwerter Khan, diese Blüte. Von nun an ist sie dein, bis dass du sie aus freiem Willen einem anderen gibst, es sei denn, du stürbest zuvor.«
    Yonathan reichte dem verblüfften Khan eine der drei langstieligen Rosen. Yublesch-Khansib nahm sie unsicher entgegen.
    »Wir wollen Eure Wunden verbinden und dann werden wir weitersehen«, sagte er unerwartet sanft. Der Khan machte einen sehr nachdenklichen Eindruck, als er sich aufrichtete, einigen Männern einen Wink gab und mit der Blume in der Hand wegging.
    »Es ist nur ein Kratzer.«
    »Halt den Mund, Yonathan! Es blutet. Und es muss versorgt werden.«
    »Ja, Yamina.«
    Die dunklen, mandelförmigen Augen des Mädchens blickten Yonathan streng an, aber es gelang ihnen trotzdem nicht die Sorge ganz zu verbergen. Der Verband war fast fertig.
    »Wahrscheinlich will mir der Richter auch noch weismachen, dass er das alles geplant hat, oder?«
    »Woher weißt du…?«
    »Männer!«, schnaubte Yamina, klopfte unnötigerweise den Verband auf Yonathans Brust fest und verließ umgehend das Zelt.
    »Sie macht sich Sorgen um dich«, meinte Gimbar schmunzelnd.
    »Sie hat eine liebenswerte Art das zu zeigen.«
    »Du hast es so verdient, Yonathan.«
    »Ich wusste, dass du kein Mitleid mit mir haben würdest!«
    Beide lachten.
    Obwohl sich Yonathan zerschlagen fühlte und die Wunde an seiner Brust brannte, empfand er zum ersten Mal seit vier Wochen wieder so etwas wie Zuversicht. Natürlich hatte er die ganze Zeit auf Yehwoh vertraut, aber ein Zeichen seines Beistands hätte er sich trotzdem gewünscht. Es war schwer auf sich gestellt zu sein, wenn die zu lösende Aufgabe dermaßen gewaltig war.
    »Du hast dem Ehrenwerten Khan zu denken gegeben«, sagte Gimbar nach einer Weile.
    »Das hoffe ich. Wenn er meine Richterschaft anerkennt, wird er uns auch die Führer überlassen, die wir brauchen.«
    Yonathan erholte sich schnell, denn die Wunde war nicht schwer, nur gerade tief genug, um den Wettkampf klar zu entscheiden. Auch ein stumpfer Dolch in der Hand von San-Yahib hätte ihm den Sieg gebracht, aber wie hieß es doch im heiligen Buch, dem Sepher Schophetim: »Mit Worten kauft man sich Freunde für eine Stunde, aber mit Blut besiegelt man einen Bund, der ein Leben lang währt.«
    Noch am Tage des Zweikampfs war San-Yahib zu ihm ins Zelt gekommen und hatte sich entschuldigt. Der große Mann wirkte zwar unbeholfen, aber er schien eine treue Seele zu sein. Yonathan konnte sich nicht erklären, warum, doch entfernt erinnerte der Hüne ihn jetzt an seinen Freund Yomi.
    Er sprach den von Selbstvorwürfen Gepeinigten von jeder Schuld frei. Dazu bedurfte es einiger Überredungskunst, aber schließlich zog San-Yahib erleichtert davon und Yonathan glaubte einen neuen Verbündeten gefunden zu haben.
    Als später sogar der Khan persönlich an sein Krankenbett trat, bat Yonathan ihn kein unüberlegtes Urteil über seinen Sohn zu fällen und fügte dann hinzu. »Stelle deine Rose in die sengende Hitze der Steppensonne. Wenn sie in drei Tagen nicht verwelkt, dann weißt du, dass es wirklich die Rose Aschereis, der fünften Richterin von Neschan ist.«
    Der Khan hatte genickt, aber weder ja noch nein gesagt.
    Der dritte Tag nach dem Kampf war angebrochen. Yonathan spazierte längst wieder durch das Lager, in respektvollem Abstand hinter ihm seine »Leibwächter«. Er kannte bereits alle Sippenangehörigen mit Namen – die Erinnerung, Haschevets Gabe des vollkommenen Gedächtnisses, leistete ihm dabei wertvolle Dienste. Obwohl

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