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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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Drachenberg erforderte umfangreiche Vorbereitungen.
    Noch ehe der Abend anbrach, wurde der Rat einberufen. Gleich zu Beginn der Sitzung beschloss man einstimmig, Gimbar die Ehrensippenschaft anzutragen. Er nahm gerührt an. Fortan durfte er sich »Gimbar-Khansib« nennen. Damit war er rein rechtlich Yublesch-Khansib gleichgestellt, aber es rechnete niemand damit, dass der kleine Mann, der die Adlernase nicht nur auf der Brust, sondern auch im Gesicht trug, diesen Anspruch jemals geltend machen würde.
    So trat ein langes Schweigen ein, als Gimbar die Stellung einer kleinen Schar von Männern forderte, die ihm und Geschan als Führer und Mitstreiter dienen sollten.
    Einmal mehr war es das Koach, das den Fortgang der Ereignisse beschleunigte. Yonathan bat, den tapferen Kundschafter zu rufen, der sich im vergangenen Frühjahr in die Nähe des Drachenbergs gewagt hatte. Man brachte den Mann herbei, der auf den Namen Leschem hörte. Es war unschwer zu erkennen, dass der Geist des Ärmsten gelitten hatte. Den kleinen, sehnigen Ostmann zuckte es im Gesicht und an den Gliedern, er wagte nicht Yonathan offen anzusehen und konnte sich nur stotternd mitteilen.
    Yonathan behandelte den Mann mit großer Sanftheit. Beruhigend sprach er auf ihn ein und erkämpfte sich Stück für Stück dessen Vertrauen. Erst danach legte er ihm die Hand auf die Schläfe und schwieg eine geraume Zeit.
    Der Stabträger sah das Bild eines großen Sees und einer Insel darin, die fast ausschließlich aus einem kegelförmigen, hohen Berg bestand: Har-Liwjathan. Dann huschte der Kopf eines Drachen vorbei, starre rote Augen blitzten auf. Der Kundschafter hatte die Begegnung mit dem Drachen überlebt – das Ungeheuer hatte sich offensichtlich damit begnügt, dem Menschen nur den Verstand zu rauben.
    Der Ostmann war ein ungleich schwierigerer Fall als die junge Braut Lilith. Die Erlebnisse des Mannes hatten sich wie Säure in seinen Geist gefressen und einen Teil davon zerstört.
    »Yehwohs Macht bringt Verlorenes zurück«, begann Yonathan zu sprechen – leise, aber für alle gut verständlich. Niemand wagte ein Wort zu sagen.
    »Haschevet hat in eurer Mitte Leben gefunden, das unwiederbringlich zerronnen schien. So kann er auch dem Erinnerungen, Kraft und Mut zurückgeben, der sein Herz im Dienste des Lichts schlagen lässt. Dir, Leschem, gibt Yehwoh all dies zurück, damit du uns als Auge dienst. Denn niemand kennt den Weg zum Drachen besser als du.«
    Jeder konnte erkennen, wie der Blick Leschems klarer wurde. Der drahtige kleine Mann reckte die Schultern und blickte erstaunt und neugierig, als sei er gerade aus tiefem Schlaf erwacht, in die Runde der Ältesten.
    »Mir scheint, hier werden wichtige Sachen besprochen«, meinte er schließlich aufgeräumt.
    »Der Mann gefällt mir«, sagte Gimbar und Yonathan fragte sich insgeheim, ob das wohl daran lag, dass Leschem noch kleiner war als der Zweimalgeborene.
    Jedenfalls gab es von diesem Augenblick keine Zweifel mehr, ob man das Unternehmen wagen konnte, es wurde nur noch darum gerungen, wer daran teilnehmen durfte.
    Yonathan bestand auf drei mal sieben Männern. Eine dreifache Bekräftigung einer von Yehwoh gesegneten Schar, erklärte er knapp – weniger hätten es auch getan, aber er wollte die Ostleute nicht enttäuschen. Es sollten sowohl Krieger wie auch fähige Handwerker darunter sein, man konnte nie wissen, welche Probleme es zu bewältigen gab. Leschem, der beste Fährtensucher der Sippe, würde ihnen den Weg zeigen. Sandai Yublesch-Khansib bestand darauf mitzukommen; Yonathan stimmte zu. Darauf forderte der alte Vater des Khans ebenfalls sein Recht ein. Vor über zweihundert Jahren habe sein Ururgroßvater Goel begleitet, um den dunklen Herrscher Grantor zur Strecke zu bringen. Jetzt, wo die Sippe wieder vom Richter Neschans zur Pflicht gerufen werde, sei sein Platz an dessen Seite und nirgendwo sonst. Yonathan redete dem Alten ins Gewissen. Während der Abwesenheit des Sohnes könne nur er die Sippe führen. Schließlich willigte der Greis widerstrebend ein.
    Als der Rat seine Sitzung beendet hatte, begann das Fest. Im Feiern waren die Ostleute mindestens ebenso geübt wie im Redenhalten. Rund um das Wäldchen gab es viel Wild, das ihnen nun, auf vorzügliche Art zubereitet, vorgesetzt wurde: eine große Antilopenart, deren Fleisch hervorragend schmeckte, und zartes Geflügel. Außerdem wurde das obligatorische Pferdefleisch gereicht, dem Yonathan und Gimbar eher zurückhaltend

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