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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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»Unser Gesetz zwingt mich deine Forderung anzunehmen, du, der du dich Geschan, der…«
    »Verzeiht«, unterbrach Yonathan so höflich, wie es ihm möglich war, »aber ich habe noch nicht die Waffen bestimmt.«
    Der Khan schloss den Mund und nickte kurz.
    »Dieser eine Dolch soll uns beiden als Waffe dienen.«
    Yonathan hatte in einer einzigen Bewegung Goels Klinge aus der Scheide gezogen und hielt sie ins Licht der Morgensonne.
    Ein Raunen ging durch die Sippe.
    »Ich hatte ihn bisher gar nicht bemerkt«, entfuhr es dem Khan. »Es ist ein prächtiges Stück, wenn auch etwas klein.«
    »Der ursprüngliche Eigentümer dieser Waffe ist auch nicht sehr groß«, erläuterte Yonathan. »Sie passte daher sehr gut zu ihm.«
    Dann warf er einen der Lederriemen, die Gimbar den Wächtern abgeschwatzt hatte, in die Höhe und hielt die Schneide des Dolches vor sich, genau dorthin, wo der Gurt niedergehen musste. Als das Leder auf die Klinge traf, zerfiel es sogleich in zwei Teile.
    Diese Demonstration der Schärfe des Wettkampfdolches wurde von den Zuschauern mit lauten, erstaunten Ausrufen kommentiert. Während der Khan um Ruhe kämpfte, warf Yonathan seinem Kontrahenten einen Seitenblick zu. Der Hüne sah etwas blass aus.
    »So erkläre ich den Wettstreit für eröffnet«, verkündete der Sippenoberste nach einer Weile. Nun lag es an den beiden Kämpfern Sieg oder Niederlage zu erringen.
    Yonathan hatte den Dolch in der Hand behalten und schritt langsam auf seinen Gegner zu. San-Yahib blickte er dabei fest in die Augen. Der große Ostmann fühlte sich sichtlich unwohl in seiner Haut. Zwar lag es nicht in Yonathans Absicht den Riesen unnötig zu quälen, aber er erhoffte sich einen gewissen Vorteil davon, das eigene schauspielerische Talent einzusetzen.
    Langsam bewegte er seine Arme vor San-Yahib auf und ab, vor und zurück, ließ sie einmal kreisen, dann wieder Schlangenlinien durch die Luft schneiden – alles etwa einen Fingerbreit vor dem massiven Leib des Ostmanns.
    San-Yahib verfolgte die Vorstellung in eher steifer Haltung, die eigenen Arme hielt er dicht an den Körper gezogen; er wollte wohl lebenswichtige Organe vor der gefährlich blitzenden Klinge schützen.
    Plötzlich vollführte Yonathan zwei pfeilschnelle Bewegungen und trat einen Schritt zurück. Wie ein Bildhauer seine Skulptur nach dem letzten Meißelschlag begutachtete er den erstarrten Ostmann. Dann nickte er zufrieden und meinte: »Fertig.«
    Diesmal blieb das Gemurmel aus. Man war offenbar ratlos. Langsam zeigte sich ein siegesgewisses Grinsen auf den Lippen von San-Yahib. Sein Kopf drehte sich nach links – fand den einen Riemen unversehrt, nach rechts – und fand auch den anderen intakt. Schließlich ließ er die baumstarken Arme erleichtert nach unten sinken.
    Das reichte aus, um die von Yonathans Dolch durchtrennten Lederbänder zu Boden gleiten zu lassen. Die Haut des Dolchkämpfers zeigte nicht den kleinsten Ritzer. Begeisterter Applaus zerriss die Stille. Die Ostleute waren ein faires Publikum.
    Nur San-Yahib sah nicht glücklich aus.
    Yonathan band sich nun einen Lederriemen quer über die Brust. Seine Muskeln traten zwar nicht so gewaltig hervor wie die von San-Yahib, aber auch er war ein gut gebauter junger Mann.
    »Und nun bist du an der Reihe, mein Bruder«, sagte er freundlich zu San-Yahib und reichte ihm den Dolch.
    »Das ist nicht anständig!«, beklagte sich der Hüne zu seinem Vater hin. »Niemand hat gesagt, dass er sich den Riemen um die Brust binden darf. Was ist, wenn ich ihn ernstlich verletze?«
    »Dann hast du mehr als nur verloren«, sagte Sandai Yublesch-Khansib ernst. »Du wirst aus der Sippe ausgestoßen. Beim Dolchkampf das Blut des Gegners zu vergießen ist eine Sache, ihm bleibenden Schaden zuzufügen eine ganz andere.«
    Die Zöpfe des jungen Ostmannes flogen durch die Luft, als er sich wieder Yonathan zuwandte. Zögernd nahm er den für ihn ungewohnt zierlichen Dolch aus der Hand seines Gegners. Er wog die Klinge, sah Yonathan an, blickte wieder auf das Messer.
    »Am besten, du fängst bald an«, ermunterte Yonathan ihn. »Sonst laufen uns die Zuschauer weg.«
    San-Yahib knurrte etwas Unverständliches. Yonathan wünschte sich in diesem Augenblick die Macht des Stabes, um die Absichten des Hünen erforschen zu können. Er fühlte sich nämlich gar nicht so sicher, wie es nach außen schien. Normalerweise müsste die wundersame Klinge Goels stumpf wie ein Fischschwanz sein, dachte er. Allein die Vorstellungskraft des

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