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Isau, Ralf - Neschan 03

Titel: Isau, Ralf - Neschan 03 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lied der Befreiung Neschans Das
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kommt so bald wie möglich zurück.«
    Barasadan verbeugte sich und zog mit zufriedener Miene davon – Bomas’ Bemerkung hatte er offenbar als Kompliment aufgefasst.
    Der Rat wandte sich nun den drängenden Fragen zu: Wie konnte Cedanor gehalten werden? Machte es überhaupt Sinn mit gezielten Einzelaktionen auch außerhalb der Stadt zuzuschlagen, oder sollte man allein von den Zinnen der Stadtmauer aus operieren? Welche Strategie empfahl sich, um dem Feind möglichst lange Widerstand leisten zu können? Über einen Punkt nämlich waren sich alle einig, nachdem Bomas noch einmal ausführlich die temánahische Armee beschrieben hatte: Keine Macht Neschans konnte dieses Heer besiegen. Doch sie wussten, dass es eine Hoffnung gab, wenn sie nur lange genug aushielten: Haschevet war der Hüter des Koach und Geschan der Hüter Haschevets. Wenn der siebte Richter rechtzeitig in Cedanor eintraf, dann wehe dem Feind! Geschan würde gewiss die Macht Yehwohs entfesseln und von dieser hieß es im Sepher Schophetim, sie sei ein »alles verzehrendes Feuer«.
    Am Morgen des dritten Tages nach Bomas’ Ankunft umgab die Stadt Cedanor eine trügerische Ruhe. Nur am Osttor wurde noch fieberhaft an den Verteidigungsanlagen gearbeitet. Auf der Zinne der Westmauer stand Felin und schaute in die Ferne. Morgendunst lag wie ein zarter Schleier über dem Land. Irgendwo dahinter verlief die Südliche Handelsroute, von dort musste das temánahische Heer heranrücken.
    Neben Felin standen Yomi und der alte Schwertmeister Qorbán. Auch sie blickten gespannt nach Südwesten. Als dann wirklich in der Ferne etwas zu erkennen war, glaubten viele zunächst an eine Täuschung. Ein dünner grauer Schleimfluss zog sich durch die Ebene, die zur Rechten durch den behäbig dahinströmenden Cedan und auf der anderen Seite durch die steil ansteigenden Berge von Zurim-Kapporeth begrenzt wurde. Doch dann quoll die Masse schnell auf und wälzte sich auf die engste Stelle des Tals zu: die Mauern von Cedanor.
    Und mit ihr kam das Geräusch. Zuerst war es nur ein unangenehmes Summen, ein disharmonisches Vibrieren der Luft. Auf der Stadtmauer wechselte man unbehagliche Blicke. Der Laut jagte den Verteidigern eine Gänsehaut über den Rücken.
    »Sie kommen«, bemerkte Yomi überflüssigerweise.
    Felin riss am Griff Bar-Schevets, sodass das mächtige Schwert aus der am Rücken angebrachten Scheide flog. Die Klinge blitzte kurz in der Morgensonne. Felin fing den Beidhänder in der Luft auf und reckte ihn noch einmal in die Höhe; das vereinbarte Zeichen.
    An mehreren Stellen der Stadtmauer ertönten gleichzeitig die Kriegshörner. Weiter im Nordosten gab in diesem Augenblick ein Soldat Lichtzeichen an das gegenüberliegende Cedanufer. Dort nämlich befand sich Bomas mit viertausend berittenen Kämpfern. Nach langem Hin und Her war der Rat letztlich doch zu dem Schluss gekommen, dass man ein Übersetzen des temánahischen Heeres auf das Nordufer des Cedans so lange wie möglich hinauszögern musste. Wäre er erst einmal dort angelangt, sei es nur noch eine Frage von Stunden, bis der Feind die Stadt auch von Osten her angreifen könne, was einer vollständigen Belagerung Cedanors gleichkäme.
    Der Lärm, den die heranrückende Armee verursachte, schwoll zu einem ohrenbetäubenden Missklang an, der schon für sich allein ausgereicht hätte einen zart besaiteten Gegner in die Flucht zu schlagen.
    Der Feind war inzwischen nahe genug heran, sodass die Verteidiger einzelne der grausamen Krieger des Südlandes deutlich ausmachen konnten. Wie Bomas berichtet hatte, bestand die Mehrzahl der Angreifer nicht aus menschlichen Soldaten, wie sie einst Yonathan im Verborgenen Land kennen gelernt hatte. Vielmehr stürmten alle möglichen Kreaturen unter grässlichem Geschrei auf die Stadt zu. Einige sahen aus wie riesige zottige Hunde mit monströsem Gebiss. Andere erinnerten entfernt an Warzenschweine, nur dass sie die Größe von Ochsen besaßen und ihre gebogenen Hauer einem temánahischen Krummsäbel in nichts nachstanden. Insektenartige Kämpfer verfügten über scharfe Zangen, deren Wirksamkeit sie hin und wieder an ihren eigenen Kampfgefährten demonstrierten, wenn das Gedränge allzu groß wurde. Den Angriff des Heeres behinderten aber solche internen Auseinandersetzungen in keiner Weise. Tatsächlich gewannen die besorgten Verteidiger sogar den Eindruck, als fände ein Wettlauf statt, dessen Sieger ein kostbarer Preis erwartete – Cedanor.
    Schon hatten die ersten Kämpfer

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