Isau, Ralf
beschäftigt meinen Helden so sehr? Etwa wieder die Unterschrift unter dieser ...?«
»Generalvollmacht?« Karl schüttelte traurig den Kopf. »Die hatte ich schon fast vergessen, und das ist wohl auch gut so.
In ziemlich genau einem Tag läuft meine Frist ab. Dann wird irgendjemand anderer das Erbe des ehrenwerten Thaddäus antreten. Nein, mir ist nicht wohl, wenn ich an diesen Elster denke. Es würde mich schon sehr überraschen, wenn er uns tatsächlich gehen lässt. Wir müssen es irgendwie schaffen, Herrn Trutz aus dem Palast von Kleptonia zu befreien und ...« Er verstummte nachdenklich.
»Und?«, fragte Qutopía.
Karl seufzte. »Mir ist nicht ganz wohl bei der Sache, aber ich fürchte, wir müssen den Nox ein zweites Mal stehlen.«
∞
Die Schäden an Elsters palastartigem Haus waren gerade notdürftig repariert worden, als der Glücksdrache abermals das Fenster eindrückte. Qutopía war trotzdem stolz auf ihre Landung. Die Fuchur hatte keinen einzigen neuen Kratzer abbekommen.
In nun schon vertrauter Manier stürmte eine Hand voll Diebe – diesmal ohne ihren Anführer – vor die Tür. Der frisch gefallene Schnee stob unter ihren Füßen auf. Sie präsentierten ihre Waffen.
»Was habt ihr euch dabei gedacht?«, näselte Schnapper, der lessenische Langrüssel.
»Eigentlich gar nichts«, fauchte Qutopía zurück. »Wir waren froh, in eurem dunklen Loch heil herunterzukommen.«
»Bringt uns zu Elster. Wir haben etwas für ihn«, forderte Karl.
»Das werden wir tun«, erklärte Spitzelfopp, der kleine einäugige Räuber, der auch zum Empfangskomitee gehörte. »Kommt erst mal runter und gebt euer Werkzeug ab.«
Nacheinander kletterten Qutopía und Karl vom Glücksdrachen. Karl hatte sehr genau verstanden, was der Einäugige von ihm wollte, aber er mimte den Begriffsstutzigen. »Ich habe kein Werkzeug dabei.«
Spitzelfopp hielt die Hand auf. »Das Schwert.«
Karl gab es ihm.
»Und den gläsernen Gürtel.«
Seine Linke fuhr in die Innentasche des Mantels und förderte ein Häuflein leise klirrender Kettenglieder zu Tage. »Danke noch einmal. Das Klimperding hat mir wertvolle Dienste geleistet.«
Einauge verzog keine Miene. Er reichte den Gürtel achtlos an einen Kumpanen weiter und verlangte: »Jetzt die weißen Handschuhe.«
Karl griff in die rechte Außentasche seines Mantels, öffnete die Unterseite des Einhornhaarhandschuhs und zog den verhüllten Stein hervor. »Bitte schön.«
»Was soll das?«, keuchte der kleine Räuber entsetzt und wich mehrere Schritte zurück.
»Es gab ein paar Komplikationen im Schwarzen Elfenbeinturm. Der Beutel und mit ihm der linke Handschuh sind in den Tiefen Abgrund gestürzt. Der Nox ist jetzt hier drinnen.«
»Dann lass ihn da auch stecken. Elster soll entscheiden, was damit geschieht. Ich gehe vor und gebe ihm Bescheid. Schnapper, der Langrüssel da, wird euch gründlich filzen, und dann kommt ihr nach.« Spitzelfopp entschwand ins Haus.
Elster trug die Nachricht vom abermals zerstörten Schlafzimmer seiner Gemahlin mit Fassung. Er gab Anweisung, das Loch wieder zu verschließen – zum Schutz gegen Einbrecher –, und hörte nicht einmal zu, als Spitzelfopp ihm vom Nox erzählen wollte. Stattdessen jagte er den kleinen Räuber aus dem Kaminzimmer, um endlich seine zwei Hilfsdiebe zu empfangen.
Als sich den beiden Helden vom Schieferhang die Tür zu dem großen, wohlig warmen Raum öffnete, in dem Elster seine Gefangenen schon einmal begrüßt hatte, stob das Drachenmädchen hinein und imitierte täuschend echt eine Furie. »Sie sollten unbedingt für ein Landefeuer sorgen, wenn Sie Ihren Vorplatz in Zukunft: weiter als Piste für Fluggeräte nutzen wollen.« Mit ihrer Beschwerde wollte sie ihm nur den Wind aus den Segeln nehmen, damit er gar nicht erst auf die Idee kam, sich wieder einen Schadensersatz für das demolierte Fenster auszudenken.
Aber den König der Diebe interessierte nur eines. »Habt ihr ihn?«
»Wen?«, fragte Karl scheinheilig und bestens gelaunt, nachdem er zu Qutopía aufgeschlossen hatte.
»Mir ist nicht nach Scherzen zumute. Den Nox natürlich. Wo ist er? Ach, und wenn wir schon beim Ausräumen der Taschen sind: Die schwarze Perle hätte ich auch gerne zurück.«
Karl spielte weiter den unerschrockenen Meisterdieb und holte grinsend den Handschuh aus seiner rechten Manteltasche. Scheinbar teilnahmslos sah er sich im Raum um. Den trübländischen Nebelkobold und den Bröckelberger Breschenschläger strafte er mit
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