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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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anders. Die Innere Welt hatte ihn verändert, und das war, gelinde gesagt, ziemlich anstrengend.
    Weil ein normales Gespräch während des Fluges unmöglich war, berichtete er Qutopía nur skizzenhaft, was sich im Schwarzen Elfenbeinturm zugetragen hatte. Als die Fuchur in die ewige Nacht von Noktunia eintauchte, erklärte das Drachenmädchen, es sei todmüde, Karl möge einfach stur nach der Nadel fliegen, sie sei auf Kleptonia eingestellt. Dann gab Qutopía ihm den yskálnarischen Kompass, und nachdem Karl ihn sich ums Handgelenk gebunden hatte, reichte sie ihm die Kontrollriemen. Wie selbstverständlich lehnte sie sich sodann an seine Brust zurück, und er legte seine Arme um sie. Offensichtlich fühlte sie sich bei ihm geborgen, und ihr dieses Gefühl vermitteln zu können betrachtete er als kostbares Geschenk. Nun, es war auch aufregend und durchaus angenehm, ein so hübsches Mädchen im Arm zu halten. Anfangs hatte Karl nicht richtig verstehen können, warum Herr Trutz scheinbar unbedacht versprochen hatte, für immer zu Hallúzina zurückzukehren, selbst wenn er dafür die Äußere Welt aufgeben und das Leben eines alten Narren wählen musste. Durch Qutopía lernte Karl umzudenken, mit jedem Tag ein bisschen mehr.
    Während sie an seiner Brust schlief, wanderten seine Gedanken zu den turbulenten Ereignissen im Schwarzen Elfenbeinturm zurück. Je näher die Fuchur Kleptonia kam, desto mehr zweifelte er an der Aufrichtigkeit Elsters. Wollte der Räuberhauptmann den Nox wirklich nur besitzen, um seine Konkurrenten auszuschalten? Diese Geschichte hörte sich zwar im ersten Moment plausibel an, wenn man aber in Ruhe darüber nachdachte, klang sie eher wie eine geschickt getarnte Lüge. Der Dunkelstein würde vermutlich binnen kurzem die Nachtstadt ausbleichen und dadurch in ein verräterisches Zwielicht tauchen, das auch für Elsters Geschäfte Gift sein musste. Sein Gewerbe blühte in der Finsternis. Aber was sonst bewegte den König der Diebe dazu, sich gegen die Kindliche Kaiserin aufzulehnen, indem er ihre Gesandten zu Geiseln nahm und sie zur Komplizenschaft nötigte? Und wenn er gelogen hat? Wenn er den Nox doch nicht für sich selbst haben will?
    Karl schauderte, als er sich der Konsequenzen dieser Möglichkeit bewusst wurde. Mit einem Mal bekam alles einen Sinn. Wer hatte das größte Interesse am Nox? Die Antwort war so erschütternd, dass er sich minutenlang weigerte, den Namen auch nur zu denken. Aber das gelang ihm nicht wirklich. Das Wort hatte sich seit dem unerquicklichen Gespräch mit Edíyax längst in seinem Hirn festgesetzt, wie ein Dorn, der sich mit Widerhaken immer tiefer ins Fleisch bohrt: »Gmork!«
    Qutopías Kopf drehte sich auf die andere Seite. Sie murmelte etwas Unverständliches und schlief weiter.
    Ja, dieses Wesen ohne Herz, das vom Fünfgesichtigen Gogam zu endlosem Vagabundieren zwischen Phantásien und der Äußeren Welt verdammt worden war, wollte mehr als jedes andere Geschöpf den Nox für sich gewinnen. Xayídes dunkles Seelenspiegelbild hatte Gmork beschrieben: Seine Augen seien grün, eigentlich ein gelbliches Grün. Und sie leuchten in der Dunkelheit. Karl erschauerte einmal mehr, als er sich an den Wolf erinnerte, der ihn vor der Phantásischen Bibliothek beobachtet hatte. Er war so groß gewesen wie ein Ochse.
    Ob Gmork Jagd auf die Bibliothekare der Phantásischen Bibliothek machte? Eine rundherum erschreckende Vorstellung, aber nicht so ohne weiteres von der Hand zu weisen. Da war der Brandanschlag auf das Antiquariat von Herrn Trutz. Außerdem, wenn der Werwolf den König der Diebe dingen konnte, dann wohl auch einen Waldschrat wie diesen Skrzat oder zwielichtige Verwandlungskünstler wie die Wechselbalge. Aus diesem Karl durchaus vernünftig erscheinenden Gedankengang ergaben sich jedoch neue Fragen, auf die ihm keine zufriedenstellenden Antworten einfallen wollten: Steckte Gmork auch hinter dem Bücherschwund in der Phantäsischen Bibliothek? Und wenn ja: Welche Absichten verfolgte er damit, und wie sperrte er die gestohlenen Werke in schwarze Perlen?
    Wieder regte sich das Drachenmädchen unruhig an Karls Brust. Sie erwachte. Er beschloss, ihr seine Überlegungen mitzuteilen und so bald wie möglich auch mit Herrn Trutz darüber zu reden.
    »Habe ich lange geschlafen?«, murmelte Qutopía.
    »Ich weiß es nicht genau«, gestand Karl.
    Sie drehte sich zu ihm. »Wieso nicht?«
    »Mir geht etwas durch den Kopf. Da hab ich nicht auf die Zeit geachtet.«
    »Und was

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