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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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beeinflussen«, erwiderte Qutopía, während der Drache in einer rosa Lichtwolke rasch tiefer sank. »Da ist ein Platz!«, stieß sie plötzlich hervor und zerrte an den Zügeln.
    Seiner Form nach glich das unbebaute Areal einer Pferderennbahn: lang gestreckt und an den Enden rund. Ideal für eine Notlandung. Die Fuchur sackte ab und nahm am letzten Haus vor dem Platz einige Dachziegel mit. Unsanft setzte sie auf dem Boden auf. Ihre Beine gaben nach und knickten in die Flugstellung nach hinten weg. Der Schnee federte die Landung zwar ab, aber nun begann das riesige Drachenschiff zu rutschen. Der längliche Platz war nicht besonders groß. Vom anderen Ende glitt, wie es schien, ein palastartiges Haus heran. Der Schnee stob nur so nach allen Seiten.
    »Hat das Ding keine Bremse?«, schrie Karl.
    »Keine, die noch richtig funktionieren würde.«
    »Na prächtig!«, grunzte Herr Trutz.
    Mit einem lauten Kratzen schrammten die Bauchschuppen des künstlichen Drachen über das Kopfsteinpflaster. Karl sah sich schon unter den Trümmern des Hauses begraben. Aber dann wurde das Rutschen doch langsamer. Zuletzt drückte sich die Löwenschnauze des Glücksdrachen durch ein Fenster im zweiten Stockwerk, und die Fuchur war endlich zum Stillstand gekommen.
    Qutopía ließ die Glühkörper erlöschen.
    Aus dem Haus ertönten angstvolle Schreie. In den Fenstern wurden schwarze Vorhänge zur Seite geschoben. Dahinter brannte Licht.
    »So viel zu unserer unauffälligen Landung«, brummte Herr Trutz.
    »Fangen Sie jetzt nicht an sich zu beschweren«, knurrte Qutopía.
    »Du hast deine Sache gut gemacht«, sagte Karl.
    Die Haustür flog auf, und eine Horde finsterer Gesellen stürmte heraus. Sie hielten Laternen und allerlei fremdartige Waffen in den Händen, einige wohl zum Säbeln und Spießen, andere jedoch zum Schießen. Aus ihrer Mitte ragte ein Hüne auf, der Menschengestalt hatte, aber mit Federn bedeckt war, im Gesicht mit weißen, ansonsten mit schwarzen. Sein Kopf bewegte sich ruckartig hin und her.
    »Wer seid ihr denn?«, blaffte er zu den Drachenreitern herauf.
    Der Meisterbibliothekar übernahm wie gewohnt die Rolle des Wortführers. Er sagte, sie kämen in dringendem Auftrag von der Kindlichen Kaiserin, und stellte dann zuerst Qutopía vor, danach seinen Stellvertreter und zuletzt sich selbst. Karl fragte sich, ob so viel Offenheit gegenüber Dieben und Halsabschneidern angebracht war. »Und mit wem habe ich die Ehre?«, fragte am Ende Herr Trutz.
    »Mein Name ist Elster.«
    »Prächtig!«, rief der Alte aus. »Das trifft sich gut. Entschuldigen Sie, wenn wir so mit der Tür ins Haus fallen, aber wir wollten Sie ohnehin sprechen.«
    »Ach, wolltest du das? Und dazu musst du meinen Palast in Trümmer legen?«
    »Es ist nur ein Fenster und ein klein wenig von der Mauer drum rum, das ...«
    »Schweig!«, herrschte Elster den Bibliothekar an. »Du willst eine Unterredung? Die sollst du bekommen. Wenn mir eine angemessene Abfindung für den Schaden eingefallen ist, den ihr an meinem Palast angerichtet habt.« Elsters Kopf sprang bald hier-, bald dorthin. Er musterte den Drachen und seine Reiter, wie es früh am Morgen schon einmal König Kumulus IL. getan hatte. Was danach kam, war weniger galant. Elster gab seinen Männern Winke, die schon für sich allein Bände sprachen. Dennoch fügte er laut hinzu: »Nehmt sie fest, durchsucht sie und sperrt sie ins Loch.«
    ∞
      
    »Puh, ist das kalt hier! Während unserer ganzen Reise habe ich nicht so gefroren.« Karl saß auf einem dreibeinigen Schemel. Vor ihm brannte auf einem umgestülpten Tonbecher ein Talglicht. Er hatte die Hände in den Ärmeln des Mantels vergraben und die Arme an den Leib gepresst. Zusammen mit Herrn Trutz und Qutopía saß er nun schon seit mindestens zwei Stunden im Loch, einem feuchten Gewölbe unter Elsters Palast, und fast genauso lange kreisten seine Gedanken um die schwarze Perle, die man ihm – ebenso wie das Schwert – bei der Leibesvisitation abgenommen hatte. Missmutig musterte er die verrosteten Ketten mit Handschellen, die an den Wänden hingen. In einer Ecke der Zelle saß ein grinsendes Skelett.
    »Das hängt mit den Luftmassenverhältnissen zusammen«, erklärte Qutopía, die sich weder am Gerippe noch an der Kälte zu stören schien. Sie lehnte in der Nähe des Knochenmannes an der Wand und betrachtete ihn interessiert. Ohne ihre Studien zu unterbrechen, fugte sie hinzu: »Je höher man in Phantásien steigt, desto wärmer wird

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