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Isau, Ralf

Isau, Ralf

Titel: Isau, Ralf Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerry
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dachte, die gäbe es nur im Märchen.«
    »Sie sind sehr selten geworden in letzter Zeit«, bemerkte Herr Trutz. Ein wachsamer Ausdruck lag auf seinem Gesicht. »Im Übrigen wissen wir sehr wohl, dass wir uns hier in Kleptonia, der Stadt der Diebe, befinden. Wir kommen auf Empfehlung eines ... Freundes, eines Ihrer Kunden zu Ihnen ...«
    Karl fiel auf, dass Herr Trutz seine Stimme mit Absicht ausklingen ließ, als erwarte er, von Elster nun den Namen des Wolkenburger Königs zu hören. Wenn der falsche Sammelrabe von diesem Halunken geschickt worden war, dann musste er auch wissen, woher seine Geiseln gerade kamen.
    Aber der Anfuhrer ruckte nur mit dem Kopf vor und sagte: »Freut uns immer, wenn unsere Klienten mit uns zufrieden sind und uns weiterempfehlen, was, Padong?« Elster hieb mit der flachen Hand vor dem Breschenschläger auf die Tischplatte, dass die Zinnteller und -becher nur so sprangen.
    Das kugelförmige Wesen vom Bröckelberg musste wohl eingenickt sein. Es zuckte zusammen und schrie mit überraschend schriller Stimme: »Was?«
    »Schlaf weiter«, brummte Elster und fragte Herrn Trutz: »Um wen handelt es sich denn?«
    »Kumulus IL.«
    »Den König von Wolkenburg! Er hat einen ausgefallenen Geschmack. Bist du auch Imagináriensammler?«
    »Herr Elster, ich deutete es bereits an, unsere Mission ist von höchster Stelle sanktioniert. Die Goldäugige Gebieterin persönlich hat...«
    »Ich dachte, sie wird vermisst?«, unterbrach der Dieb den erregten Bibliothekar.
    »Das wissen Sie bereits?«
    Der Räuberhauptmann lehnte sich, den Ellbogen lässig auf die Tischplatte gestützt, zurück. »Man hört so dies und das. In meinem Geschäft ist das lebenswichtig.«
    »Hat Ihnen diese Information zufällig ein schwarzes Vögelchen ins Ohr gezwitschert?«
    »Ich habe nicht die geringste Ahnung, wovon du sprichst. Was willst du von mir, Meisterbibliothekar?«
    »In der Phantásischen Bibliothek verschwinden seit einiger Zeit Bücher. Zurück bleibt eine ominöse Leere – König Kumulus nennt sie das Nichts –, die auf kurz oder lang den Bücherturm zum Einsturz bringen wird. Ich weiß nicht, inwiefern Sie mit meiner Arbeit vertraut sind, aber hier handelt es sich um eine Katastrophe bisher nie dagewesenen Ausmaßes. Die Existenz ganz Phantásiens könnte von diesem Nichts bedroht werden. Und damit auch Ihre, Herr Elster.«
    »Du verdächtigst doch nicht etwa mich?«, fragte der Anführer mit Unschuldsmiene.
    Die Augen des Bibliothekars sprangen kurz zu der schwarzen Perle auf dem Tisch. »Ich muss zugeben, mir kam für einen Moment der Gedanke.«
    »Es wäre gesünder für dich, wenn du solche Hirngespinste ganz schnell wieder aus deinem Kopf verbannst, alter Mann.«
    »Dann muss ich mir wohl jemand anderen in dieser Stadt suchen, der mir weiterhelfen kann.«
    »Das wird dir kaum gelingen.«
    »Wie darf ich das verstehen?«
    »Mein Einfluss reicht weit; das muss auch so sein. Ich darf mich wohl mit Fug und Recht als den König der Diebe bezeichnen, wenngleich Kleptonia keine Monarchie im herkömmlichen Sinne ist. Eines haben wir hier allerdings mit den Hochglanzkönigreichen gemein: Es gilt das Recht des Stärkeren. Im Moment meines.«
    Am Tisch wurde eifrig genickt. Nur der Breschenschläger war schon wieder eingeschlafen.
    »Prächtig!«, rief Herr Trutz. »Dann sind wir ja genau an der richtigen Adresse. Kennen Sie denjenigen, der unsere Bücher stiehlt? Haben Sie eine Ahnung, wer hinter diesem groß angelegten Raubzug gegen die Phantásische Bibliothek steckt?«
    Elster hob seinen Zinnbecher an den Mund und kippte den Inhalt in sich hinein. Eine rote Flüssigkeit, vermutlich Wein, lief ihm über das gefiederte Kinn herab. Mit Wucht ließ er den leeren Humpen neben sich auf die Holzbank knallen und antwortete: »Nein.«
    Der Breschenschläger grunzte, schlief aber weiter.
    Karl hatte das verschwommene Gefühl, der König der Diebe wisse mehr, als er zu sagen bereit war. »Bitte entschuldigen Sie, Elster, wenn ich mich einmische«, sagte er leise, »aber Sie meinten vorhin, was für Sie gut sei, solle auch nicht zu unserem Schaden sein. Wie genau meinten Sie das?«
    Elster grinste. »Ganz einfach. Wenn ich das Lösegeld für euch drei bekomme, dann lasse ich euch wieder gehen.«
    Karl schluckte. »Sie wollen die Gesandten der Kindlichen Kaiserin als Geiseln nehmen?«
    »Nein. Ich möchte nur eine Entschädigung für das kaputte Schlafzimmerfenster. Und ein Schmerzensgeld für meine Frau. Sie war ziemlich

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