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Isch geh Schulhof: Erfahrung

Isch geh Schulhof: Erfahrung

Titel: Isch geh Schulhof: Erfahrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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spukt mir eine alte Volksweisheit durch den Kopf, die mir nach der Geschichte von Pasquales Mutter nicht mehr so recht einleuchten mag: Ist wirklich jeder seines eigenen Glückes Schmied? Bedarf es bei der Schmiedekunst nicht sowohl einer fundierten Ausbildung zum Schmied als auch eines Satzes guten Werkzeugs? Und hängt das Ergebnis der Glücksschmiedekunst nicht auch vom Material ab, das uns zur Verfügung steht?
    Mit diesen Fragen im Kopf mache ich mich auf den Weg in die nächste Stunde, die ausgerechnet in der 4e stattfindet. Mein Herz klopft mir bis zum Hals, als ich erneut an den Ort meiner Niederlage zurückkehre. Aber wie so oft, kommt es auch heute anders als gedacht.
    Als ich eintrete, rennen die Kids in Scharen auf mich zu, um sich bei mir zu entschuldigen. Sie überhäufen mich mit selbst gemalten Bildern und Entschuldigungen. Fatima überreicht mir beinahe feierlich einen Brief, den alle unterschrieben haben.
    Lieber Herr Müller , steht da, es tud unz leit, das wier dich so geergat haben. du bist so net, biette bleib bei unz! Deine 4e .
    Die Rechtschreibung deutet darauf hin, dass der Brief ohne Hilfe eines anderen Lehrers entstanden ist. Das rührt mich. Ich bitte die Kinder, sich hinzusetzen. Noch nie habe ich die Knirpse so schnell auf ihre Plätze rennen sehen. Mit großen Augen sehen sie mich an, als ich nun selbst meine Entschuldigung für die Aktion mit dem Tafellineal loswerde.
    »An dem Tag hat sich so viel in mir angestaut, dass ich einfach die Nerven verloren habe. Das sollte nicht passieren – ist es aber.«
    Max meldet sich. »Bleibst du denn jetzt bei uns?«
    Ich nicke. »Ich bleibe euer Lehrer.«
    Freudenschreie unterbrechen mich, die ich mit einer ernsten Miene und einem langsamen Blinzeln dämpfe.
    »Aber nur, wenn ihr euch anders benehmt.«
    In der folgenden Stunde besprechen wir, welche Verhaltensweisen ab sofort strengstens verboten sind: mit dem Nachbarn quatschen, unerlaubtes Aufstehen, Gegenstände durch den Raum werfen, den Lehrer unterbrechen und Schimpfworte verwenden – und zwar egal, welche.
    Ich vermute, dass es Unterrichtskonzepte gibt, in denen solche Regeln nicht nötig sind, aber an so etwas wie offenen Unterricht, Gruppen- oder Freiarbeit ist hier nicht zu denken.
    »Wenn ihr euch daran haltet, sind wir einen Riesenschritt weiter«, sage ich, nachdem ich die neuen Klassenregeln an die Tafel geschrieben habe. »Wer eine der Regeln bricht, sitzt ohne Vorwarnung für den Rest der Stunde in der Nachbarklasse.«
    Meine Drohung macht aus der 4e zwar noch lange keine Musterklasse, trotzdem habe ich ein deutlich besseres Gefühl. Wie erwartet muss ich Raik nach nebenan schicken, aber sonst gibt es keine größeren Zwischenfälle. Als ich den Klassenraum verlasse, geht es mir schon deutlich besser als an jedem anderen Tag in den letzten Wochen.
    Nach der Pause geht’s mit der Vertretung in einer sechsten Klasse weiter. Die hatte ich noch nicht, ihr Erdkundelehrer hat sich heute früh krankgemeldet. Na gut, denke ich, dann mache ich gleich mal von Anfang an klar, dass ich mir nicht auf der Nase herumtanzen lasse.
    »Ich bin Herr Möller«, verkünde ich ruhig. »Und ich bin superstreng! Wer mir auf den Keks geht, sitzt in der Nachbarklasse, klar?«
    Da ich mich nicht vorbereiten konnte, improvisiere ich und mache mit den Schülern ein Quiz. Den meisten Kids scheint es Spaß zu machen, nur ein Junge schaut die ganze Zeit ziemlich finster drein. Er trägt typische Hip-Hop-Klamotten: weite Hosen und einen Pullover, den ein Graffiti-Schriftzug ziert. Wonderful Weed steht da gut sichtbar auf seiner Brust geschrieben. Ich kann nur hoffen, dass er als Sechstklässler nicht schon das raucht, was sein Pullover vermuten lässt! Ein Blick in seine geröteten Augen lässt meine Hoffnung aber verpuffen. Als ich ihm zum dritten Mal das Kippeln verbiete, schaut er mich böse an und flucht dann leise vor sich hin. Auf meine Nachfrage reagiert er sehr ungehalten.
    »Sch’ab nix gesagt, verstanden?«, zischt er. »Mach dein Scheißspiel weiter und lass misch in Ruhe!«
    »Samma!« So fange ich immer an, wenn mir einer richtig dumm kommt. »Was fällt dir denn ein, so mit mir zu reden?«
    »Isch rede mit dir, wie isch will. Du bist nisch mein Lehrer, also scheiß drauf!«
    Geht das schon wieder los? Die eine Klasse gerade im Griff und gleich Ärger in der nächsten? Der Junge durchbohrt mich mit einem wütenden Blick. Ich bitte ihn zu einem Gespräch unter vier Augen vor die Tür, denn von

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