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Isch geh Schulhof: Erfahrung

Isch geh Schulhof: Erfahrung

Titel: Isch geh Schulhof: Erfahrung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Philipp Möller
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jemacht?«
    Äh – Ausflug? Bevor ich antworten kann, ist Geierchen schon eine Runde weiter.
    »Is ejal, ick muss nämlich zum Arzt. Krisste schon hin. Pass uff: Ab zehne is die Bowlingbahn am Gärtnerplatz reserviert. Kennste?«
    Ich nicke stumm.
    »Jut. Hier is dit Bahnticket, achte-dreißig kommen die Verrückten inne Klasse. Denn machste Ansage: Wer Stress macht, kriegt’s mit Geier zu tun! Denn spuren die schon. Klar?«
    Diesmal nicke ich nicht, was Geierchen aber nicht stört.
    »Jut. Um Neune latschste los. Die machen zwar imma een uff fußkrank, aber dit schaffen die schon. Vorne springste mit denen inne Bahn, zack bis Gärtner. Hier is die Kohle, die Jungs vonna Bowlingbahn wissen Bescheid. Super. Danke dir!«
    Ein kameradschaftlicher Schulterschlag komplettiert seine Ansage, dann stiefelt er grinsend davon. In meiner Hand halte ich ein paar zerknitterte Scheine Bargeld und ein Gruppenticket für die BVG .
    »Ach so«, fällt ihm da noch ein, »is schon morgen! Schulleitung weiß Bescheid, bist ausjetragen!«
    Na gut, da ist er also: mein erster Ausflug. Ohne weitere Begleitung eines Erwachsenen und mit einer sechsten Klasse.
    Wird schon, Möller, wird schon …
    Als ich am nächsten Morgen um acht Uhr in die Klasse komme, sitzt Talibe schon auf ihrem Platz und malt auf dem Tisch herum. Auf meine Frage, ob sie den Ausflug vergessen habe, reagiert sie mit einem leeren Blick und zuckt dann mit den Schultern. Während sie mir erklärt, warum sie trotz der Ansage, erst um halb neun in der Schule zu erscheinen, jetzt schon hier sei, setze ich mindestens zwanzig Mal dazu an, sie sprachlich zu korrigieren – aber wo soll ich da anfangen?
    Mein persönliches Umfeld besteht aus vielen Menschen mit Migrationshintergrund, und von einigen wurde ich darum gebeten, sie auf Sprachfehler aufmerksam zu machen. Hier an der Schule habe ich das keine zehn Minuten durchgehalten. Sprache lebt eben, habe ich mir gedacht, mich vom weichen ›ch‹ und sämtlichen Präpositionen verabschiedet und angefangen, mich mit dem Füllsel ›Dings‹ anzufreunden.
    Ich trage Talibe auf, ihr Gekritzel vom Tisch zu radieren, und hole mir noch einen Kaffee. Bei meiner Rückkehr haben sich immerhin ein paar Schüler mehr im Klassenraum versammelt. Als sie mich sehen, rennen sie wie wild geworden auf mich zu, und nur mit einer lauten Warnung vor dem heißen Kaffee kann ich verhindern, dass die ersten an meinem Bauch abprallen.
    Ich weiß schon, warum ich den habe.
    Die Erste bremst, die anderen versuchen es auch, scheitern jedoch und verursachen ein Massenstolpern. Während sie sich wieder sortieren, brüllt mich Ali an: »Herr Mülla, wir gehen Bowling, iebergeil! Sch’mach Strike, ja? Vallah, sch’wöre, sch’mach Strike!«
    Mit wilden Bowling-Trockenübungen steht er vor mir. Wenn er nachher tatsächlich so bowlt, nehme ich mir besser einen Helm mit.
    Dann brüllen die anderen wild durcheinander und wollen wissen, ob sie ihr Handy anhaben und Bin Laden gehen dürfen. Ich schicke sie auf ihre Plätze, doch das war wohl nicht präzise genug.
    »Auf den Stuhl, nicht auf den Tisch. Mit dem Hintern, nicht mit dem Kopf. Füße vom Tisch. Ja, genau so. Super!«
    Selbst schuld, wenn ich mich so unkonkret ausdrücke.
    Dann erlaube ich ihnen ausnahmsweise, ihre Handys anzuschalten, lasse mir erklären, dass Bin Laden ein kleines Geschäft in der Nähe der Schule ist, wo sie ihre Süßigkeiten kaufen, und verbiete ihnen dann, auf dem Weg zur U-Bahn dort Halt zu machen. Daraufhin fällt Melek mal wieder etwas auf.
    »Ohaaaaa, ers ieberstreng! Züüüsch!«
    »Melek«, unterbreche ich sie und weise sie darauf hin, dass sie seit Anfang des Schuljahres jedes Mal den gleichen Satz herausposaunt, wenn ich Regeln aufstelle.
    »Aber warum erlaubst du uns nisch Bin Laden ?«, will sie beleidigt wissen.
    Ich schließe einen Moment die Augen, um meine Bestürzung über ihre Ausdrucksweise zu verbergen, und erkläre ihr dann, dass ich aufkommenden Neid verhindern will, weil sich einige mehr als andere leisten können. Über die fortgeschrittenen Ausmaße ihres jungen Körpers kann sie dann gerne Herr Geier aufklären, ich halte mich da raus.
    Während meines kleinen Disputs mit Melek füllt sich die Klasse immer weiter. Über die Anwesenheitsliste merke ich, dass zwei Kinder fehlen. Auf meine Frage nach Jack und Justin weiß Samira schnell eine Antwort.
    »Sie kommen nisch mit, ihre Eltern hamm kein Geld«, freut sie sich. »Sie sind Hartz IV .«
    Wie Samiras

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