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Isegrim

Isegrim

Titel: Isegrim Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Babendererde
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unterwegs?«
    Verdammt, schießt es mir durch den Kopf, ausgerechnet Trefflich, dieser Suffkopp, vor dem kein Tier sicher ist. Ich hoffe inständig, dass die Wölfin über alle Berge ist, und denke erleichtert daran, dass Olek die Überreste des Rehböckchens vergraben hat.
    Â»Hat es dir die Sprache verschlagen, kleine Waldlady?« Rote Äderchen, haarfein verzweigt wie winzige Flussläufe, ziehen sich über Trefflichs Nase und die Wangen.
    Wie ich es hasse, wenn er mir so nah kommt. »Sie haben mich erschreckt«, erwidere ich schnippisch und weiche zurück.
    Â»Tut mir leid«, sagte er und ich weiß, dass es ihm überhaupt nicht leidtut. Keiner im Dorf nimmt ihn für voll. Deshalb sieht man Trefflich nie ohne sein Gewehr, damit verschafft er sich zumindest bei den Alten und den Kindern Respekt.
    Alina hat sich vor ihm gegruselt. »Er stinkt und er ist böse«, hat sie gesagt, als wir in seiner Garage nach Kasimir suchten.
    Nach ihrem Verschwinden geriet Trefflich aufgrund von Tonia Neumeisters Verdächtigungen sehr schnell ins Visier der Polizei. In seiner Garage fanden die Beamten Blutflecken und er hatte kein wasserdichtes Alibi. Er sei im Wald gewesen, behauptete er. Drei Tage saß er in Untersuchungshaft. Bis Alinas Kleid gefunden wurde und Sievers sich erhängte. Bis das Blut aus der Garage sich im Labor als Tierblut herausstellte. Kasimirs Blut, dessen bin ich mir bis heute sicher.
    Â»Es ist gefährlich, so allein im Wald herumzuschleichen«, sagt er in anzüglichem Tonfall. »Ich hätte dich für einen Frischling halten können.« Kleine Speicheltröpfchen treffen mich im Gesicht.
    Ich weiche noch einen Schritt zurück, spüre, wie ich rot werde, rot vor Ekel und vor Zorn darüber, dass dieser Mann es wagt, so mit mir zu sprechen. Leider befinden wir uns noch im Sperrgebiet, wo er sein darf und ich nicht. Wenn er mich bei Pa verpetzt, kann ich höllischen Ärger bekommen. Deshalb erwidere ich nichts. Ich drehe mich um und gehe meines Weges.
    Wütend stapfe ich durchs taunasse Gras in Richtung Waldweg. Ich habe keine Angst vor dieser mickrigen Gestalt. Er würde es nicht wagen, mir zu nahe zu kommen, dafür hat er viel zu großen Respekt vor meinem Vater. Trefflich weiß, dass er seinen Jagdschein und seinen Begehungsschein verlieren kann, wenn auf dem Forstamt jemand von seiner Trunksucht erfährt.
    Ich erreiche die Ringstraße und prüfe, ob die Luft rein ist. Keine Feldjäger in Sicht, also flitze ich hinüber und bin schnell raus aus dem Sperrgebiet.
    Als ich in Richtung Dorf radele, kommt mir Pa mit seinem Jeep entgegen. Auf gleicher Höhe halten wir beide an. Wilma sitzt auf dem Rücksitz. Pa öffnet das Beifahrerfenster. »Na, was gesehen?«, fragt er.
    Â»Zwei Ricken mit ihren Kitzen und einen Rothirsch«, antworte ich. »Was hast du vor?«
    Â»Ich treffe mich mit einem Oberst und seinem Schwiegervater zur Bockjagd.«
    Â»So spät noch?«, frage ich. »Es ist kurz nach neun.«
    Â»Sie zahlen und bestimmen, wann es losgeht.« Pa zuckt die Achseln.
    Â»Dann bis später.« Ich schwinge mich wieder auf mein Rad. Mein Vater, der Förster, mit dem Oberst und seinem Schwiegervater auf Bockjagd. Das klingt nach fürstlichen Privilegien, nach vorigem Jahrhundert, und Pa weiß genau, wie ich darüber denke.
    Ursprünglich diente die Jagd auf der ganzen Welt der Nahrungsgewinnung. Doch obwohl im Deutschland des 21. Jahrhunderts kein Mensch mehr jagend und sammelnd unterwegs ist, hat der Jagdtrieb in einigen von ihnen überdauert. Der Klang der Flinte ist Musik in ihren Ohren.
    Zu Pas Verteidigung muss ich sagen, dass er kein Trophäenjäger ist, sondern seinen Job als »Heger der heimischen Tier- und Pflanzenwelt« sehr ernst nimmt. Er jagt, um den Wald zu erhalten und einen gesunden Wildbestand zu sichern – ein Job, den vor hundert Jahren noch die Wölfe innehatten.
    Hubert Trefflich allerdings, der jagt, weil es ihm Spaß macht, und nicht, um den Wald zu retten.
    Gegen zehn bin ich mit Saskia bei ihr zu Hause verabredet. Ich will Ma zu ihrem Geburtstag eine selbst gebackene Schokoladen-Buttercremetorte schenken, und weil es hoffnungslos ist, darauf zu spekulieren, dass sie aus dem Haus geht, habe ich Saskia gefragt, ob ich bei ihr backen kann. Ihre Eltern besuchen eine alte Tante in Weimar und kommen erst am Nachmittag zurück, so haben wir

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