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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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noch bevor er den Boden erreichte, fing Gweg ihn im Flug und machte sich darüber her.
    »Welche Farben tragen die edlen Damen jetzt?«
    »Was wird in Spira im Augenblick für einen ausgewachsenen Ochsen verlangt?«
    »Und wie viel für Eier?«
    »Habt ihr Simon Rubinstein getroffen?«
    Die Fragen prasselten nur so auf Isenhart und Konrad nieder. Und nachdem sie alle beantwortet hatten, war nicht nur die Neugierde der anderen befriedigt, sondern stellte sich auch die einvernehmliche Erkenntnis ein, hier in Heiligster nicht allzu viel verpasst zu haben, und dass Spira nichts weiter war als ein großes Dorf. Und da war etwas dran.
    »Hat ein neues Freudenhaus eröffnet?«, wandte Henrick sich an den jungen Mann, von dem er noch immer annahm, er sei sein Bruder.
    Hieronymus war ein Diener des Herrn und damit dem Zölibat unterworfen, aber er empfand nichts Anstößiges an der Frage von Chlodios Sohn. Jeder normale Mann suchte diese Stätten zum Ziele der Entspannung auf.
    »Nein. Aber die jüngste Tochter des Seilers verdingt sich jetzt am Haus am Dom«, antwortete Konrad.
    »Wie stellt sie sich an?«, hakte Henrick nach.
    »Unbedarft«, antwortete Konrad von Laurin und lächelte ein wenig, »aber auch das hat seinen Reiz. Die Kleine ist gerade vierzehn geworden, was soll man erwarten?«
    Marie zeigte ein verständnisvolles Lächeln, das ihre Zahnlücke oben links offenbarte. Aber ihre Augen teilten dieses Lächeln nicht, was Sophias Mitleid hervorrief. Es lag in Maries Gesten und Blicken, dieses Bemühen um Konrads Wohlbefinden, das Sophia sehr wohl bemerkte. Fragen nach den jungen Dingern, mit denen ihr Bruder sich vergnügte, schlugen bei Marie tiefe Wunden, deren Schmerz sie stets mit ebenjenem Lächeln kaschierte, das sie auch jetzt zur Schau trug.
    Konrad blieb allerdings verborgen, welche Saiten er in Marie auch durch seine Anekdoten aus den Freudenhäusern zum Schwingen brachte. In seinen Augen war es ihr gut ergangen. Ihr Entsetzen über seine Verletzung hatte sie ihre Sprache wiederfinden lassen. Sie freundete sich mit Heiligster an, das heißt mit allen, die hier lebten. Sie war Bestandteil dieser Gemeinschaft, die sich ohne sie für alle unvollkommen anfühlte. Konrad nahm an, Marie sei glücklich oder zumindest zufrieden.
    Hieronymus hatte zwar im Grunde nichts gegen die Zerstreuung, die ihm versagt war, auch wenn ihm beispielsweise beim Anblick der nackten jungen Männer, die Abkühlung im Rhein suchten, zuweilen eine stattliche Erektion zuteilwurde. Doch Konrads häufige Besuche im Freudenhaus erweckten eine gewisse Besorgnis in ihm, weshalb er den Stammhalter später am Tag kurz beiseitenahm.
    »Ich suche doch nur die Richtige«, redete dieser sich heraus, »wie soll ich wissen, wer das ist, wenn ich sie nicht näher kennenlerne?«
    »Du willst eine Hure zur Frau?«, fragte Hieronymus fassungslos.
    Konrad wurde bewusst, dass er sich soeben in eine Sackgasse manövriert hatte. »Ja … nein. Ich weiß nicht. Was soll diese Frage?«
    »Diese Frage soll, dass du antwortest.«
    »Das könnt Ihr nicht verstehen, Vater. Ihr habt keinen Zugang zu diesen Dingen«, wich er aus.
    Hieronymus trat noch näher an ihn heran, und nun, aus kurzer Distanz, konnte Konrad von Laurin die ersten grauen Härchen auf der Kopfhaut des Geistlichen sehen. »Natürlich habe ich Zugang zu … dazu. Ich lasse ihn bloß nicht zu. Das ist ein Unterschied.«
    »Das meinte ich ja.« Konrad seufzte. Wie sollte er einem Mann, der sein Leben in den Dienst einer Institution gestellt hatte, die Lust und Begierde als Versuchungen Satans betrachtete, begreiflich machen, was für ein Zugewinn diese Besuche in den Freudenhäusern für ihn waren? Isenhart, der in Gedanken und Worten so beschlagen war, hätte sicherlich eine passende Antwort parat gehabt.
    »Es macht nämlich dumm, weißt du?«, sagte Hieronymus mit einer Sorge in Stimme und Blick, die nicht vorgetäuscht war. Sorge und eine Prise Stolz.
    Zweiteres rührte von dem Eindruck her, den er gerade unzweifelhaft auf Konrad machen musste, denn eine Verbindung von Denkvermögen und Ejakulation war ein Gedanke, der eigentlich außerhalb seiner Zeit stand. Und Vater Hieronymus damit nicht zugänglich war. Undenkbar, im wahrsten Sinne des Wortes.
    Wenn da nicht die bischöfliche Delegation gewesen wäre, die zum Hoftag nach Regensburg gereist war und nach einem Unwetter in Heiligster Zuflucht gesucht hatte.
    Männer mit außergewöhnlichem Denkvermögen, manche jünger als er, die ihn in

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