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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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oder was auch immer sorgte dafür, dass sie unbehelligt in den Raum gelangten, in den der schmale, gewundene Gang mündete.
    Es handelte sich um eine Halle mit außergewöhnlich hoher Decke – eingedenk insbesondere der Tatsache, dass keine Säule sie stützte. Eine lange Tafel dominierte den Raum, in deren Rücken sich die große Feuerstelle befand. Der Staub der Jahre hatte sich auf Boden, Gegenstände und Möbel gelegt.
    Schnell hatte Konrad den Gang gefunden, der als einziger von hier fortführte. Doch wie sie nach einigen Schritten feststellten, gab es hier kein Fortkommen. Die Decke hatte unter dem Gewicht der oberen Stockwerke nachgegeben, sodass Geröll ihnen den Weg versperrte.
    »Wir hätten an der Gabelung nach rechts gehen müssen«, konstatierte Henning.
    Dort stießen sie auf Günther, der die Armbrust schussbereit in den Händen hielt.
    »Ist er hier vorbeigekommen?«, fragte Konrad.
    Von der Braake deutete ein Kopfschütteln an. Konrad nickte und marschierte in den anderen Gang, während ihm das Blut aus der Schläfe pulsierte und über den Hals zur Schulter lief. Isenhart und Henning folgten ihm.
    »Und wenn es noch einen weiteren Gang gibt, eine geheime Tür?«, fragte Henning.
    »Er ist hier entlanggelaufen«, sagte Konrad und deutete zu Boden. Tatsächlich entdeckten Henning und Isenhart in unregelmäßigen Abständen Blutstropfen, die auf dem staubigen Gestein zerschellt waren.
    »Vergiss nicht, dass ihm der Prozess gemacht werden soll«, erinnerte Isenhart Konrad, denn die Entschlossenheit, die im Gang des jungen Laurin lag, ließ nichts Gutes ahnen.
    »Ihm wird der Prozess gemacht«, bestätigte Konrad grimmig. Und schluckte die Worte gleich hier herunter.
    Sie erreichten einen Quergang, an den vier Räume angrenzten, die sich hinter geschlossenen Türen befanden. Konrad von Laurin folgte der Blutspur, die ihn zur letzten Tür führte. Vorsichtig legte er das Ohr auf das schwere Eichenholz und lauschte. Henning und Isenhart verharrten hinter ihm. Konrad deutete ein Kopfschütteln an.
    Henning fasste sich ein Herz, schritt vor und nahm den Türring in die Hand. Konrad und Isenhart hoben die Schwerter und holten zum Schlag aus.
    »Jetzt«, sagte Henning und stemmte sich gegen die Tür. Vergeblich. Eilig wechselten sie Blicke. Hinter dieser Tür musste er sich befinden. Isenhart fragte sich, was von Bremen dort ausgeheckt hatte. Ganz sicher war er nicht untätig geblieben. Mit Sicherheit erwartete sie eine Falle. Oder ein Angriff. Oder beides.
    »Wir sind Beauftragte der Stadt Spira«, rief Henning, »wir werden nicht Hand an Euch legen! Öffnet die Tür!«
    Die Augen auf die Tür gerichtet, jede Faser gespannt, die Muskeln zur Streckung bereit, verharrten sie und hofften auf ein Geräusch. Aber nichts als Stille schlug ihnen entgegen. Wortlos packte Konrad Henning am Arm und drückte ihn zur Seite. Dann warf er sich mit seinen gut hundertsechzig Pfund gegen das Holz, das für einen Sekundenbruchteil nachgab, um dann zurückzufedern. Konrad entfuhr ein Stöhnen, er rieb sich die Schulter.
    »Öffnet endlich!«, rief Isenhart.
    Aber von Bremen ließ sich zu keiner Antwort hinreißen.
    »Vielleicht ist er längst auf und davon«, flüsterte Henning.
    »Durch Debattieren werden wir es nicht herausfinden«, erwiderte Konrad gereizt. Er trat zurück, nahm kurzen Anlauf und warf sich erneut gegen die Tür, die dieses Mal aus den Angeln gerissen wurde und zusammen mit dem jungen Laurin in den dahinterliegenden Raum stürzte.
    Eine Staubwolke schoss vom Boden auf, als Henning und Isenhart nachsetzten, die Waffen schlagbereit. Konrad war direkt vor einen Schemel gestürzt, und als er den Blick hob, baumelten vor seinem Gesicht ein Paar Füße.
    Michael von Bremen drehte sich sanft in dem Wind, der durch eine Maueröffnung strich, um seine eigene Längsachse. Er hing aneinem dünnen Hanfseil, den Kopf gesenkt, das Kinn ruhte auf der Brust, die Augen waren nur halb geschlossen.
    Während Konrad wieder auf die Beine kam, trat Henning nah an den Mann heran und legte ihm das Ohr auf die Brust. Dann sah er zu seinen beiden Begleitern und deutete ein Kopfschütteln an.
    »Er ist tot.«
    Sie trabten mit ihren Pferden gen Süden, und bei keinem wollte sich das erleichternde und auch triumphierende Gefühl einstellen, etwas zu Ende gebracht zu haben. Annas Mörder hatte sich gerichtet, und mit seiner letzten Handlung im Diesseits hatte er ihnen abermals ein Schnippchen geschlagen, sich abermals entzogen; jetzt

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