Isenhart
zeigte, überlegte Konrad, dann durfte er als Stammhalter des Hauses Laurin nicht das leiseste Anzeichen von Furcht zeigen.
Geh und sei ihnen Vorbild. Das waren die Worte seines Vaters gewesen. Also stimmte er Isenhart zu, dass es das Sinnvollste sei, die Strecke bis nach Spanien per Schiff zurückzulegen, und mühte sich, dabei einen entspannten Eindruck zu erwecken.
Am 23. Juni 1196 legten sie mit einer Galeere ab, ein Schiffstypus, der seinen Namen seiner Ähnlichkeit mit dem Schwertfisch verdankte, wie Andrea Centurión, ihr Kapitän, ihnen erklärte, als die über achtzig Männer das Schiff mit ihren rhythmischen Ruderschlägen auf eine Geschwindigkeit von drei Knoten brachten.
Obschon Konrad es als befremdlich empfand, sich von einem Mann durch die Tücken des Mittelmeers führen zu lassen, der den Vornamen eines Weibes trug – natürlich, das war in dieser Gegend wohl unausweichlich –, mochte er Centurión von ihrer ersten Begegnung an. Andrea war nur wenig älter als sie, er stammte aus adliger Familie und war eine Frohnatur.
Er führte seine beiden Passagiere an den Bug und forderte sie auf, einen Blick hinabzuwerfen. Isenhart und Konrad entdeckten daraufhin unterhalb der Wasserlinie einen mächtigen Dorn, der mit Eisenplatten beschlagen war, die im Licht der Sonne glitzerten.
»Das ist der Rammsporn«, erläuterte ihr junger Kapitän, »wenn wir damit ein feindliches Schiff rammen, läuft es voll Wasser und sinkt.«
Konrad schluckte bei dem Gedanken daran unwillkürlich. »Ist denn mit Feinden zu rechnen?«, fragte er.
»Leider nicht«, erwiderte Andrea Centurión.
Seine Betrübnis darüber war echt, denn schon sein Vater und Vorvater hatten Galeeren befehligt und zusammen mit den Pisanern die Sarazenen von Sardinien und Korsika vertrieben. Ihnen war es zu verdanken, dass die genuesische Flotte nahezu ungehindert im gesamten Mittelmeerraum operieren konnte.
»Einige der Ruderer liegen in Ketten, andere nicht«, stellt Isenhart fest.
Centurión nickte: »Ganz recht. Die in Ketten sind Sklaven oder Sträflinge. Die anderen sind freie Männer. Viele können sich die Überfahrt nicht leisten. Und wer trotzdem nach Barcelona will, muss rudern.«
Isenharts Blick fiel auf einen sehr dunkelhäutigen Mann – er war sich ziemlich sicher, es mit einem Sarazenen zu tun zu haben –, der mit apathischer Miene nahe der Bordwand auf der Ruderbank saß und dessen Arme und Oberkörper die immer gleichen Bewegungen mit einer traumwandlerischen Präzision vollführten. Seine Augenwaren ohne jeden Glanz, das Leben in seinem Körper war bereits erloschen, und wie ein Untoter würde der Körper losgelöst vom Geist bis in alle Ewigkeit weiterrudern.
Er blickte zurück. Die Stadt mit ihren hellen Hausfassaden war noch gut auszumachen. Der Wind verstärkte sich, während die Galeere langsam den Schutz der Bucht verließ.
Andrea Centurión ließ die beiden dreieckigen Lateinersegel setzen. Sofort verfing sich der Wind in dem Leinen, blähte die Segel auf und steigerte die Fahrtgeschwindigkeit.
»Ruder einholen!«, befahl der Kapitän. Und zu seinen beiden Passagieren gewandt: »Ab jetzt trägt uns der Wind.«
Zu Konrads Erleichterung bewegten sie sich zumeist in Küstennähe. Die Galeere maß an die 150 Fuß Länge bei nur 21 Fuß Breite. Sie lag sehr flach im Wasser. Der Stauraum, der sich unterhalb der Wasserlinie befand, bemaß sich auf knappe sieben Fuß Höhe. Hier stapelten sich überwiegend Waren, die zwischen den beiden Städten von Handelspartnern ausgetauscht wurden.
Der Stauraum direkt unterhalb der Treppe war reserviert für jene Güter, zu denen schneller Zugriff gewährleistet werden musste, Lebensmittel und Süßwasser für die Besatzung etwa. Diese bestand neben den Ruderern aus knapp hundert bewaffneten Genuesen, die die Fracht im Ernstfall zu schützen hatten. Einige von ihnen führten während der Reise die Segelkommandos des Kapitäns aus, andere hielten an den drei kleinen Katapulten Stellung, aus denen Eisenkugeln oder – splitter aus nächster Nähe auf feindliche Schiffe geschleudert wurden.
Der geringe Tiefgang verlieh der Galeere ihre in Seegefechten gefürchtete Wendigkeit, aber da das eine mit dem anderen stets zusammenhängt, wie Walther von Ascisberg sie gelehrt hatte, gab es auch hier keinen Vor- ohne einen Nachteil. Den Preis ihrer Wendigkeit bekamen sie in der dritten Nacht zu spüren, als sie den Blickkontakt mit dem Land verloren – Konrad erkundigte sich zweimal mit
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