Isenhart
hindert uns daran?«, wollte Isenhart wissen.
»Euer Glaube«, antwortete Tarif sofort.
»Oder der Eurige«, erwiderte Isenhart.
Der Maure stutzte bei dieser Erwiderung, er ließ die Worte des anderen in seinem Kopf nachhallen. »Nein«, sagte er, »Ihr folgt dem falschen Glauben, deswegen steht er zwischen uns. Es gibt nur einen Gott: Allah. Und nur einen Propheten: Mohammed. Erkennt Ihr beide an, könnten wir mehr sein als Freunde. Wir wären Brüder. Wie ist Euer Name?«
»Isenhart.«
Der Maure sprach den Namen langsam nach, als wollte er jede einzelne Silbe in sein Gedächtnis brennen.
»Ich werde nicht an Euren Gott glauben«, stellte Isenhart ruhig fest, »denn er stachelt Euch dazu auf, uns Christen zu töten.«
»Wie der Eurige«, gab al-Aziz zurück, »denn er fordert unseren Kopf.«
Keiner von beiden ist barmherzig, dachte Isenhart.
»Ihr habt mir ein Leben geschenkt, I-sen-hart, ich stehe in Eurer Schuld.«
Isenhart lächelte etwas und deutete dann ein Kopfschütteln an. »Nein, da ist keine Schuld zu begleichen, denn Ihr habt keine auf Euch geladen. Ihr seid ein freier Mann. Und sollten wir uns eines Tages gegenüberstehen, übt keine Rücksicht – es sei denn, EurerGlauben gebietet es. Und gebietet er es nicht, fragt Euch, aus welchem Holz er geschnitzt ist.«
Konrad und Isenhart durchquerten die Stadt gen Westen, denn wie Andrea Centurión ihnen bestätigt hatte, lag Zaragoza in westlicher Richtung auf einer Linie mit Barcelona.
»War es nicht so, dass hier Krieg herrscht?«, fragte Konrad von Laurin beim Anblick der Christen, Moslems und Juden, die sich in den Gassen bewegten, miteinander sprachen, zusammen scherzten und auch Handel betrieben – und nicht übereinander herfielen und einander im Namen ihres jeweiligen Gottes meuchelten.
Isenhart nickte. Laut Centurión hatten die Mauren weite Teile der iberischen Halbinsel erobert und auch schon Vorstöße ins Reich der Franken unternommen. Weshalb man Mauren hier in der Stadt duldete, war in der Tat ein Rätsel.
In einer äußerst engen Seitengasse stießen sie auf eine Reihe von Händlern, die ihre Waren auf Ständen drapiert hatten und sie feilboten, ein Anblick, der Konrad und Isenhart nur allzu vertraut war.
»Ich habe Durst«, bekannte Konrad. Isenhart nickte, ihm erging es nicht anders. Und nach all den Sardinen und dem schon binnen drei Tagen schimmligen Brot an Bord war beiden überdies nach einer Abwechslung.
Isenhart deutete auf gelbe und orange Früchte, die ein Händler vor sich ausgebreitet hatte. Daneben lagen kleine grüne Früchte, die sie bereits in Genova kennengelernt hatten. Die allerdings hatten Isenhart und Konrad an den Geschmack von Bockshornklee erinnert – Günther von der Braake hielt dieses Kraut stets unter Vorrat –, sie füllten den Mundraum mit einer gewissen Bitterkeit. Die Genuesen nannten sie Oliven.
Konrad war allerdings nicht zu dem Stand zu bewegen, denn der Händler war zweifelsfrei ein Maure. Also führten sie ihre Pferde weiter, die Gasse entlang, bis sie auf einen Iberer stießen, der ähnliche Früchte im Angebot führte und zu ihrem Glück ihr Latein verstand.
»Wir haben Durst«, ließ Konrad ihn wissen.
Der Mann nickte, er legte den Kopf etwas zur Seite, stieß einenleisen Pfiff aus und wandte sich ihnen wieder zu. Prompt kam ein Junge von vielleicht zehn Jahren angelaufen, der mit anderen Kindern etwas abseits im Staub der Gasse einem Spiel mit faustgroßen Steinen nachging. Der Händler übermittelte dem Jungen seine Anweisungen auf Kastilisch. Der musterte die beiden fremden Männer am Stand seines Vaters neugierig, dann grinste er und lief los.
»Warum hat er gelacht?«, wollte Konrad wissen.
»Nun ja«, erwiderte der Händler mit einem Achselzucken, »Kinder lachen eben. Ich lasse Euch Wasser bringen. Aber das wird mit der Zeit schlecht. Bleibt Ihr in Barcelona oder zieht Ihr weiter?«
»Wir müssen nach Zaragoza«, antwortete Isenhart.
Der Spanier nickte wieder, mit der offenen Hand deutete er auf die Früchte vor ihnen. »Ihr werdet auf wenige Flüsse stoßen, aber diese Früchte sind saftig, sie lindern den Durst. Der weise Mann führt von jedem ein paar mit sich!« Da Isenhart und Konrad zögerten, kam der Mann ihnen entgegen: »Kostet, bevor Ihr kauft.«
Das ließ Konrad von Laurin sich nicht zweimal sagen. Er griff nach der prallen orangen Frucht und biss ein Stück ab. Tatsächlich platzte das Fruchtfleisch auf und benetzte die Mundhöhle. Neben dem sauer-bitteren
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