Isenhart
den Brunnen warfen, reichte, um nun auch bequem die Pferde versorgen zu können, die mit dem Trinken überhaupt nicht mehr aufzuhören schienen.
Außer Atem warfen Isenhart und Konrad sich einen Blick zu, während sie neben den Rössern standen. Sie mussten schmunzeln, gar lächeln. Anerkennung lag in ihren Augen und Dankbarkeit.
Jeder auf sich alleine gestellt hätte es womöglich nicht bis zu diesem Punkt der Reise geschafft.
Konrad schwor, jeden einzelnen seiner Knochen zu spüren. Nach 600 Fuß sahen sie noch einmal zu dem Brunnen und den verlassenen Hütten zurück, bevor sie eine kleine Anhöhe erklommen. Dahinter erwartete sie eine Landschaft, die in ein sattes Grün getaucht war und in deren Mitte das Band eines Flusses im Sonnenlicht glitzerte.
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28.
war gelang es Konrad nicht, den Mann aufzutreiben, der ihnen das überteuerte Wasser angedreht hatte, aber dafür wurde er im Hafen von Barcelona entschädigt, denn dort lag keine andere Galeere als jene von Andrea Centurión zum Ablegen bereit.
»Ah, Konrad«, schallte es quer über den Kai. Und schon marschierte der junge Kapitän auf sie zu, bahnte sich den Weg vorbei an all den Männern, die Waren be- und entluden. Muskatnuss, Pfeffer, Salbei, Tuch, in Kisten, Fässern, Säcken und Lederbeuteln, Armreife, Ohrringe, Halsketten. Mit Toledostahl geschmiedete Schwerter waren ein gefragtes Exportgut. Und höchst teuer, denn sie konnten sich, wie Weitgereiste berichteten, mit den legendären japanischen Schwertern messen.
Orient und Okzident mochten sich rund ums Mittelmeer mit Unverständnis gegenüberstehen, mithilfe der Seerepubliken Genova, Venezia und Pisa betrieben sie jedenfalls munter Handel, wie Isenhart konstatierte.
Mit einem breiten Lächeln erreichte der junge Genuese sie, nickte Isenhart zu – ein Akt der Höflichkeit gegenüber jemandem, der sich für einen Mauren eingesetzt hatte – und packte Konrad herzlich an der Schulter. »Wie ist es Euch ergangen?«
»Erst wollte man mich mit gelehrten Debatten zu Tode langweilen, dann mit einem Messer umbringen, und schließlich wären wir beinahe verdurstet«, erwiderte Konrad mit einem Grinsen, »und selbst?«
Andrea gefiel der trockene Humor des Nordländers. »Wir haben zwei maurische Daus versenkt«, erwiderte er gut gelaunt, »ich nehme an, Ihr wollt nach Genova übersetzen?« Konrad von Laurin deutete ein Nicken an. »Wir legen morgen früh ab. Seid mein Gast, wonach steht Euch der Sinn?«
»Man sagt, es gibt sehr hübsche Spanierinnen.«
Andrea Centurión lenkte ihn mit dem sanften Druck der Hand auf seiner Schulter in eine breite Gasse. Isenhart sah den beiden Männern nach, Konrad schaute sich nicht einmal mehr nach ihm um.
»In der Tat«, vernahm er Centurións Stimme noch, »sie schauen einen mit der Unschuld der Marie Gottes an, und dann treiben sie Unzucht mit einem wie der Teufel höchstpersönlich. Wenn Ihr versteht, was ich meine.«
Konrad verstand nur zu gut.
Isenhart fragte sich, ob der junge Laurin während ihrer Rückreise einen Gedanken daran verschwendet hatte, wie nahe Wilbrand von Mulenbrunnen ihnen womöglich all die Zeit gewesen war. Wenn er ebenfalls den Alpenpass gewählt hatte, war er stets nur wenige Tagesritte von ihnen entfernt gewesen, hin und wieder sicherlich auch nur wenige Stunden.
Isenhart erschauerte ob der mannigfaltigen Möglichkeiten.
Am 2. November 1196 trafen sie nach einer Schiffsreise ohne nennenswerte Zwischenfälle in Genova ein. Andrea Centurión und Konrad von Laurin fiel der Abschied nicht so leicht, obgleich beide sich bemühten, sich diesen Anschein zu geben.
Immerhin gab Andrea ihnen eine Adresse in Milano mit, wo man sie aufnehmen würde. Der Onkel des Bruders des Schwagers seiner Schwester betrieb dort ein kleines Gewerbe. Sein Name war Marco Ray. Man finde ihn am Ende der Gasse der Gerber, unweit eines Brunnens, wie Andrea Centurión zu berichten wusste.
In Milano angekommen, mussten sie sich kaum durchfragen, sie vertrauten auf ihre Nase und folgten dem Gestank von verrottendem Tierfleisch und Fell. Die Gerber befanden sich in einer der ältesten Gassen der Stadt, die wie ein Fluss Bögen zog, sich verbreiterte, zu schmalen Durchlässen verengte und sie schließlich zu dem Brunnen führte, von dem der genuesische Kapitän ihnen berichtet hatte.
Isenhart fiel auf, dass die Bewohner der Häuser das obere Stockwerk vergrößerten, indem sie dessen Grundfläche einfach in Richtung Gasse ausdehnten und sie mittels einiger
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