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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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rußgeschwärzt war, brannte ein kleines Feuer.
    Gleichzeitig hatten seine Kinder links und rechts Aufstellung um das erste Fass genommen, das sie mithilfe zweier Hanfseile und unter großer Anstrengung in Richtung ihres Vaters zogen, der – die Fäuste in die Hüfte gestützt – mit Argusauen und mürrischer Miene über ihr Tun wachte. »Vorsicht, Vorsicht. Weiter, weiter. Und Vorsicht. Weiter, habt ihr denn keine Augen im Kopf? Halt! Zu weit! Zurück. Etwas. So, ja … so ist gut. Und jetzt weg vom Fass.«
    Die Kinder, die zunächst jene Hast und Hektik, die ihr Vater an den Tag legte, mit einer Spur Trägheit ausgeglichen hatten, sprangen nun eilig von dem Fass weg.
    »Wir grüßen Euch«, rief Konrad ihm freundlich zu, »Andrea Centurión schickt uns!«
    »Ist er immer noch nicht bei den Fischen?«, knurrte Ray mit zusammengepressten Lippen, während er mithilfe der Hebelkraft den Kessel anhob, was für einen Mann alleine aber immer noch eine enorme Kraftanstrengung bedeutete.
    Eine gelbliche, fettige Flüssigkeit schwappte nun aus dem Behältnis hinab und ergoss sich erst zischend, dann dampfend in das Fass, das Rays Kinder unter seinen aufgeregten Anweisungen dorthin bugsiert hatten.
    Isenhart und Konrad hielten instinktiv ein wenig Abstand zu dem Fass, in dem die Brühe nun beinahe bis zum Rand reichte. Der Duft von Molke drang Konrad und Isenhart in die Nasen.
    »Los, was glotzt ihr die Herren an, bringt Butter her«, stauchte Marco Ray seine Kinder zusammen, die Konrad und Isenhart neugierig anstarrten. Nachdem sie davongelaufen waren, wandte Signor Ray sich ihnen zu. »Was will er, Andrea Centurión?«, fragte er. In seinem Blick lag Vorsicht.
    »Nichts«, antwortete Konrad, »er hat uns gesagt, wir könnten ein paar Tage bei Euch unterkommen.«
    Ray lachte und zeigte das wohl hellste und sauberste Gebiss, das Isenhart je gesehen hatte. »Ja, natürlich«, sagte er dann mit amüsierter Grimmigkeit, »das kostet ihn ja keine Mühe, den hohen Herrn, wenn er Euch bei mir unterbringt.«
    Isenhart nickte, er schaute zu Konrad, und sie waren sich stumm einig.
    »Wir haben unsere Pläne geändert«, ließ Isenhart ihn wissen,aber da war Marco Ray die klapprige Holzleiter schon wieder herabgeklettert.
    »Nein, nein, nein«, meinte Signor Ray, er hob dabei die Unterarme und streckte die Zeigefinger, »nein, nein. Mein bescheidenes Haus ist eines der gastfreundlichsten in ganz Milano – und Umgebung. Bloß ist Signor Centurión manchmal ein wenig zu freigiebig mit Dingen, die ihm nicht gehören. Mit Menschen, die ihm nicht unterstehen. Aber das ist etwas, was zwischen ihm und mir beizeiten zu klären ist und Euch nicht betrifft.«
    Signor Ray sprach, wie er sich bewegte. Dem Stakkato an Wörtern hatten Konrad und Isenhart nichts entgegenzusetzen. Marco Ray zeigte ein kurzes Lächeln. Er gestikulierte in einer Geschwindigkeit, die bei Konrad und Isenhart den Eindruck erweckte, er verfüge über vier Arme.
    »Niemand, der an meine Tür klopft, wird abgewiesen. Nur kann ich Euch nicht lange beherbergen. Ihr seid tedesci, richtig?«
    Der Begriff war ihnen mittlerweile bekannt, ja, sie waren tiutsche, Isenhart nickte.
    Marco Ray fuhr fort: »Ich will die Fässer da«, vier Arme fuchtelten hinter seinem Rücken, »nach Regensburg bringen. Und Ihr müsst die Alpen mindestens einmal überquert haben, ja?«
    Konrad nickte, er nahm Haltung an, in seinem Blick lag Stolz: »Ja, das haben wir.«
    Signor Ray war erfreut. Wie sich herausstellte, stand ihm seine erste Gebirgsüberquerung bevor. Die beiden tedesci konnten sich seinen Optimismus nicht recht erklären, vier schwere Fässer auf 6000 Fuß Höhe befördern zu wollen, ganz zu schweigen von den engen, steilen und unwegsamen Pässen, bei denen jeder Schritt wohlüberlegt sein musste, wollte man nicht riskieren, in die Tiefe zu stürzen.
    In Konrad und Isenhart hatte Marco Ray ohne deren Zutun seine kundigen Führer und seinen zweiköpfigen Geleitschutz in Personalunion entdeckt. Zwei Dienste, die ihm das doppelte Salär ihrer Entlohnung als Wachmänner der Stadt Spira wert war.
    Konrad schüttelte den Kopf. Ihr Weg führte ohnehin über die Alpen, wie er erklärte, weswegen er eine Bezahlung rundweg ablehnte. Darüber hinaus sei es ihm eine Freude, wie er betonte, einem entfernten Verwandten von Andrea Centurión einen Gefallen erweisen zu können.
    Der entfernte Verwandte sträubte sich aufrichtig und hartnäckig, sodass – langsam knurrte ihr Magen – Isenhart

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