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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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auf ›a‹.«
    »Schon gut«, schaltete Isenhart sich ein, »ich habe Sophia nicht vergessen. Behandelt Reimar von Vogt sie gut? Ist sie glücklich an seiner Seite?«
    Er sprach schneller, wenn von Sophia die Rede war, wie er soeben bemerkte, seiner Stimme, die unbefangen klingen sollte, wohnte ein verräterisches Zittern inne. Isenhart hoffte inständig, es möge den beiden verborgen bleiben.
    »Nein«, antwortete Hieronymus, und sein Strahlen wurde nur noch von dem stummen Jubilieren seiner Augen übertroffen, »nein. Und auch ja. Du hast zwei Fragen gestellt.«
    Isenhart sah beunruhigt zu Marie. Als er das Mitleid in ihrem Blick las, das nicht ihm, sondern Sophia galt, erwuchs aus derBeunruhigung Sorge. »Was ist mit ihr?«, platzte es ungeduldig aus ihm heraus.
    »Reimar von Vogt hat sie nicht zum Weib genommen«, ließ Hieronymus ihn mit unverhohlener Freude wissen, »Sophia von Laurin ist die Braut eines viel edleren Herrn geworden.«
    Obwohl Isenhart nicht stand, versagten ihm die Beine, er sackte in sich zusammen, als er ermaß, wovon Vater Hieronymus sprach. Ihm erschloss sich der Sinn des Gesagten, bevor er von Marie in Worte gekleidet wurde.
    »Sophia ist jetzt die Braut Christi, Isenhart.«
    »Ich will niemals so werden wie Ennlin.«
    Das hatte Sophia von Laurin gesagt. Im Jahre des Herrn 1187, es war ein schwüler Tag, die Wolken hingen schwer und dunkel über den Feldern. Die Luft war stickig, das Vieh unruhig. Den Arbeitern auf dem Feld stand der Schweiß auf der Stirn. Alles wartete auf die Entladung der allgegenwärtigen Spannung. Die Trockenheit der letzten Tage hatte der Erde jede Feuchtigkeit entzogen, der Boden war hart und brüchig.
    Bis sich ein sintflutartiges Donnerwetter über sie ergoss. Isenhart war auf dem Feld den anderen zur Hand gegangen, während Anna und Sophia Kräuter sammelten.
    Vor dem Platzregen fliehend stürzte Isenhart, ihm platzte die Unterlippe bei dem Zusammenstoß mit einem Ast auf. Er erspähte zum ersten Mal den Zugang zu einer Art Höhle.
    Die anderen waren weitergerannt, Chlodio und Henrick und andere aus dem Gesinde.
    Die Neugier lenkte seine Schritte in die Höhle, die sich als der verlassene Überrest einer früheren Behausung entpuppte. Mit Moos bewachsene Mauern aus Sandstein. Das Erdreich hatte die Decke nach unten gewölbt, Isenhart musste auf die Knie gehen. Und – er mochte es kaum zugeben – es kroch ihm auch ein Schauer den Rücken hinauf. Was, wenn hier Geister wohnten? Geister von Verblichenen? Wenn ihm gar ein Untoter begegnete? Man hatte ihm schreckliche Geschichten über Untote erzählt.
    Doch viel weiter drang er mit seinen Gedanken nicht vor, weil er ein unterdrücktes Lachen vernahm. Isenhart erstarrte, denn an derTonlage des Lachens erkannte er Anna von Laurin. Anna, die sich in den letzten Wochen auf unerklärliche Weise verändert hatte. Eine Verwandlung, die ihm unbegreiflich war, weil er die Faszination, die sie seit Kurzem auf ihn ausübte, nicht fassen konnte.
    Im Nebenraum der Ruine erhaschte Isenhart eine Bewegung. Er beugte sich vor. Tatsächlich entdeckte er Anna und Sophia, die ebenfalls Schutz vor dem Platzregen gesucht hatten, der sich draußen in unverminderter Heftigkeit ergoss. Soeben wollte er das Wort an sie richten, als Anna sich unvermittelt ihr Kleid über den Kopf zog und splitternackt dort stand. Mit ihren Händen begann sie ihre Kleider auszuwringen.
    Sophia folgte dem Beispiel ihrer Schwester. Und wenn Isenhart bisher die Ursache für Annas Verwandlung verborgen geblieben war, präsentierte sie sich hier in aller Anschaulichkeit. Sophia war ein Mädchen, ein Kind. Ihrer Schwester hingegen waren feine Brüste entsprungen, ihr Becken war breiter geworden, Flaum bedeckte ihre Scham.
    Isenhart, der noch vor einer Viertelstunde wie ein Verdurstender aus dem Bach getrunken hatte, nahm lediglich am Rande seine staubtrockene Kehle wahr. Viel deutlicher spürte er eine Erektion, die so intensiv war, dass sie von ihm zunehmend als Schmerz wahrgenommen wurde – schaurig schön, aber dennoch unangenehm.
    Was also sollte er zu diesem Zeitpunkt noch tun? Sich anstandsvoll räuspern und mit jener unübersehbaren Ausdehnung in Schritthöhe vor zwei hüllenlose Fürstentöchter treten? Und über das Wetter plaudern? Wohl kaum.
    Daher verharrte er in seiner Position, warf einen letzten Blick auf Anna und ihre Brüste, bevor er sich aus dem Sichtfeld schob – Eintrittswinkel gleich Austrittswinkel, ein Grundsatz der Optik, wie

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