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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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wer von beiden der Nobile sein sollte – vermutlich basierte diese Annahme auch nur auf einer Lüge –, erschienen ihm schuldig. Er fragte sich, weshalb der Bischof sich all die Zeit nahm, statt schlicht kurzen Prozess zu machen.
    »Wilbrand, was hat Euch eigentlich nach Toledo geführt?«, fragte Konrad  III .
    Henning von der Braake kniff die Augen zusammen. Isenhart erfasste, dass seinen Halbbruder dieselbe Frage umtrieb, die ihn selbst beschäftigte: Was hatte das mit dem Gericht zu tun, das über sie abgehalten wurde? Was bezweckte Bischof von Scharfenberg mit dieser Frage?
    »Als guter Christ habe ich mit Sorge das Vordringen der Heiden nach Iberien verfolgt und den Kastellanen meine Hilfe angetragen.«
    Der Bischof von Spira wirkte beeindruckt. Er nickte und blickte in die Runde. »Diese, mein lieber Wilbrand«, sagte er bestimmt und erhob erst seine Stimme und dann sich selbst vom Stuhl, »nämlichEure entschlossene Hilfsbereitschaft, sie sollte gottgefälliges Vorbild für jeden sein, der sein irdisches Dasein nach Jesu Lehren auslegt!«
    Einige aus dem Gesinde senkten den Blick zu Boden. Ein Mädchen, das eine Katze zu Tode gequält hatte, eine Frau, die trotz Monatsblutung ihrem Bruder zu Willen gewesen war, und ein Mann, der mit der Schwester seiner Frau verkehrte. Alle anderen fühlten zumindest den Hauch der Ermahnung, der sie erfasste.
    »Habt Ihr noch einen Einwand?«, fragte der Bischof und sah Isenhart dabei in die Augen. Diesem war, als handle es sich um eine Art Ersuchen, das Konrad  III . von Scharfenberg an ihn richtete.
    Das Verhalten des Bischofs erschien Isenhart recht ungewöhnlich. Konrad und er waren so gut wie tot, niemand bezweifelte ihren Mordversuch, sie selbst hatten ihn sogar eingeräumt.
    »Werden sie jetzt gerädert?«, fragte eine neugierige Stimme. Konrad  III . von Scharfenberg versuchte, den Besitzer mit einem Blick ausfindig zu machen, was ihm misslang.
    Weshalb stellte der Bischof ihm die Frage nach dem Einwand? Was wollte er hören? Und wozu die Anwesenheit des Gesindes, das vom Spiraer Bischof eigens hierherbestellt worden war?
    Isenhart erinnerte sich an den Augenblick, an dem er dem Mann sein Schwert übergeben hatte. An das Gefühl, einen Pakt eingegangen zu sein, wobei ihm Sinn und Ziel dieses Bündnisses verschlossen blieb. Andererseits gab es für Konrad und ihn nichts mehr zu verlieren.
    »Einen Einwand?«, fragte Isenhart in der Hoffnung, wenn nicht eine klare Antwort, so doch wenigstens einen kryptischen Hinweis auf die Frage zu erhalten, die der Bischof sich zu ersehnen schien.
    Von Scharfenberg nickte: »Ganz recht. Gibt es noch irgendetwas, was Ihr dem Gericht für seine Urteilsfindung zu benennen habt?«
    »Anna von Laurin«, sagte Isenhart aufs Geratewohl.
    »Was war mit ihr?«, wollte der Bischof umgehend wissen, sein vehementes Interesse vermochte Isenhart noch nicht einzuordnen, immerhin aber signalisierte es ihm, damit möglicherweise den Weg eingeschlagen zu haben, den Konrad  III . von Scharfenberg sich von ihm erhoffte.
    »Sie wurde im Auftrag von Wilbrand von Mulenbrunnen ermordet, und Henning von der Braake dort«, er zeigte hinüber zu seinem Halbbruder, der abermals den Blickkontakt mit ihm vermied, »war dabei willfähriger Erfüllungsgehilfe. Er hat …«
    »Lüge«, donnerte der Abt, »ich verbiete dir den Mund.«
    Erwartungsgemäß begann das Gesinde zu tuscheln. Ein Abt als Anstifter zum Mord – wenn nur ein Quäntchen dieses Vorwurfs der Wahrheit entsprach, hatte sich der Weg hierher gelohnt. Ein Geistlicher, ein hoher Diener des Herrn, der im Zusammenhang mit dem eigentlich aufgeklärten Mord an der Tochter Sigimunds von Laurin stand, ein unfassbareres Verbrechen war kaum vorstellbar. Und würde, ganz nebenbei, die nächsten Wochen den Tratsch dominieren. Ganz davon zu schweigen, dass man sich nicht um stille Winterabende am Ofen sorgen müsste.
    »Ganz recht«, ließ der Bischof sich vernehmen, »das ist in der Tat ein an Abscheulichkeit nicht zu überbietender Vorwurf. Bislang hat das Hohe Gericht im Sinne eines fairen Urteils keinerlei Unterschiede des Standes oder Leumunds geltend gemacht – hier aber übertretet Ihr eine Grenze.«
    Isenhart atmete tief durch. Hatte er sich getäuscht? Waren die Ermutigungen, die er zwischen den Zeilen des Bischofs zu lesen geglaubt hatte, der Hoffnung geschuldet, noch einmal der Sense des Schnitters ausweichen zu können? Pure Einbildung also?
    »Was er sagt, ist wahr«, stellte Konrad von

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