Isenhart
sich dann wie gewohnt auf den Rücken schnallte, während er bereits die anderen Waffen mit seinen Augen inspizierte. Streithammer, Dolche, Hammer, Schwerter fanden sich auf dem Tisch.
Er erinnerte sich an die Zeit, als sie noch jung gewesen waren und Konrads Interesse für Waffen seinen Zenit erreicht hatte. Wie sie Walther gefragt hatten, auf welche Waffen seine Wahl wohl fiele, wenn er gegen sie kämpfen müsste. Und wie er sich dann für unterschiedliche Waffen entschieden hatte.
Deshalb hatte Konrad wohl ein leichtes Schwert und einen leichten Schild gewählt. In der Auseinandersetzung mit Simon von Hainfeld sah er seinen einzigen Vorteil in seiner Behändigkeit. Er musste auf ein flinkes Ausweichen setzen. Wie er Isenhart auf dem Weg hierher zugeflüstert hatte, sah er auf dem rechten Auge nichts, und der brennende Schmerz, den er dort empfand, verriet ihm auchnichts darüber, ob sein Augapfel tatsächlich verdampft war oder nicht. Aber links nahm er Gestalten und Bewegungen schemenhaft wahr. Farben sah er kaum, aber Umrisse und Formen – wenn sie günstig gegen das Licht standen.
Von fern bahnte sich das Donnergrollen seinen Weg. Dann setzte Regen ein, kleine, feine Tropfen, die sie langsam, dem Morgentau gleich, durchnässten. Sanft.
»Trefft Eure Wahl«, rief der Bischof ihm zu. Isenhart warf einen Blick über seine Schulter. Ihre drei Gegner hatten sich auf der Wiese aufgebaut. Simon von Hainfeld mit dem Streithammer, der ihm mit seinen rostigen Eisendornen die rechte Schulter aufgerissen hatte. Auf der anderen Seite Henning, der einen Dolch im Gürtel trug und ein Schwert in der linken Hand. Sie flankierten den Abt von Mulenbrunnen, der etwa fünfzehn Fuß vor ihnen stand – in seiner Rüstung.
Gepanzert von Kopf bis Fuß. Isenharts Hoffnung, eine – wenn auch überschaubare – Chance zu haben, verflüchtigte sich noch vor der nächsten Bö. Zu lebhaft war ihm noch in Erinnerung, wie Konrad und er den Brabanzonen Rogier von Heyden im Durchgang der Burg Laurin mit ihren unablässigen, aber wirkungslosen Hieben traktiert hatten. Damals war der nachlässige Übergang von Rogier van Heydens Brustharnisch zum Helm ihre Rettung gewesen. Aber auf die Gelegenheit, Wilbrand so nahe zu kommen, und auf den Zufall zu hoffen, die Geschichte möge sich hier und heute beim Abt wiederholen, konnte Isenhart nicht setzen.
»Eure Wahl!«, rief Konrad III . von Scharfenberg abermals, und das Drängen in seiner Stimme war nicht zu überhören. Isenhart ließ seinen Blick zügig über die vorhandenen Waffen gleiten – und blieb ganz am Ende auf dem Streitflegel haften. Schaft, kurze Kette, dornenbesetzte Eisenkugel. Die Waffe, die Michael von Bremen verwendet hatte und die Konrad unbekannt vorgekommen war. Jemand, der sich gegen sie verteidigte, musste in der Lage sein, die Flugbahn der Kugel vorherzusehen. Sie galt als unritterlich, ein Umstand, der Isenhart einerlei war. Er griff sich den Flegel und wandte sich um, damit er Aufstellung neben Konrad von Laurin nehmen konnte. Der Wind trieb ihnen den Regen, der stärker geworden war, direkt ins Gesicht.
Der Bischof erhob sich, warf den beiden Streitparteien je einen Blick zu und rief: »Wer den Kampf übersteht, soll ein freier Mann sein, dem alle früheren Sünden vergeben werden. Möge der Herrgott ein gerechtes Urteil fällen!«
Er nahm wieder Platz. Unter den Augen Hunderter setzte Konrad sich in Bewegung, mit den Füßen ertastete er vorsichtig die Unebenheiten des Geländes. Isenhart folgte. Von der anderen Seite setzte sich zuerst Wilbrand von Mulenbrunnen in Marsch. Er schritt ihnen entgegen wie ein rüstiger Mann im besten Alter. Forsch und die unmittelbare Entscheidung suchend.
Henning und Simon von Hainfeld schlossen sich an, darauf bedacht, ihre vom Abt versetzte Position zu halten, sodass sie alle zusammen ein vorrückendes Dreieck bildeten.
Das ist mein Traum, dachte Sophia, deren Narben brannten, als hätte man ihr feine Feuerlinien kreuz und quer über das Gesicht gelegt. Dieses war der Traum, der Isenharts maximales Alter barg, der Traum, von dem sie gewusst hatte, er würde sich eines Tages bewahrheiten. Und dieser Tag war heute.
Wilbrand von Mulenbrunnen griff nach dem Knauf seines Schwertes und zog es aus der Scheide. Der Ansatz der Klinge war mit einem orientalischen Muster verziert. Ja, von diesem Mann, dem ihr Gatte entgegenschritt, hatte sie geträumt. Von diesem Augenblick.
Ging er auf seinen Tod zu, fragte Sophia sich. Ihr Herz
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