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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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wahrnahm.
    Für den unerfahrenen Betrachter wirkte sie immer noch entstellt, beinahe mehr als zuvor. Doch Henning von der Braake hatte seine gesamte Kunstfertigkeit aufgebracht und sein medizinisches Wissen in die Waagschale geworfen, um der barbarischen Entstellung so weit Einhalt wie möglich zu bieten. Dennoch würde sie Narben behalten, dachte Isenhart, und Lilian würde das erste Mal beim Anblick ihrer Mutter kreischen vor Angst.
    Eine Bö fuhr auf sie nieder und brachte die Grashalme zum Tanzen, sie bogen sich gen Südwesten, um sich anschließend wieder aufzurichten. Der Schmied, der Konrad und ihm hinter einer groben Werkbank gegenüberstand, riss sich endlich von Konrads Gesicht los, dessen Verbrennungen seine Aufmerksamkeit über die Maßen auf sich zogen, und schaute in den Himmel. Isenhart tat es ihm gleich. Dunkle, schwere Regenwolken waren aufgezogen. Sie brachten den Wind mit sich, der erneut über die Wiese fegte.
    »Wählt Eure Waffen«, sagte der Schmied und deutete mit einer Kopfbewegung auf die Werkbank. Fein säuberlich aufgereiht fandensich dort einige Hieb- und Stichwaffen. Ein mächtiger Zweihänder mit einem anderthalb Fuß langen Knauf. Und von einer Länge, die den Knauf mühelos bis hoch zum Herzen reichen ließ. Eine schwere, beinahe klobige Waffe, die zu führen einem viel Kraft und noch mehr Erfahrung abverlangte.
    »Ich will ein Schwert und einen Schild«, sagte Konrad bestimmt, »habt Ihr einen Rundschild?«
    Statt einer Antwort griff der Schmied zur Seite, neben die Werkbank, an der die Schilde lehnten, und reichte es ihm. Als Konrad sich nicht rührte, begriff der Mann und presste es ihm gegen den Arm. Konrad ertastete den Schild und ließ den linken Arm mit einer routinierten Bewegung durch die lederne Schlaufe auf der Rückseite fahren.
    »Das Schwert muss mit einer Hand zu führen sein.«
    »Was ihr nicht sagt«, antwortete der Schmied mit Blick auf den Rundschild, der Konrads linken Arm band. Er griff nach einer Klinge, die leichte Scharten trug, und wollte sie Konrad reichen, doch Isenhart nahm sie stattdessen entgegen. Er ließ das Schwert durch die Luft fahren. Nicht sanft und genau, sondern mit Kraft.
    Dabei drehte er sich zur Hälfte um seine eigene Längsachse. Dort, auf der anderen Seite der Wiese, etwa zweihundert Fuß von ihnen entfernt, spielte sich die identische Situation ab. Wilbrand, Henning und Simon von Hainfeld ließen sich ebenfalls mit Waffen ausstatten.
    Er riss sich von dem Bild los, wandte sich erneut dem Schmied zu und gab ihm das Schwert zurück. »Die Klinge ist zu starr, sie könnte splittern«, erklärte er. Der verdutzte Schmied sah ihn an, als treibe er einen Scherz mit ihm. »Ich habe sie selbst geschmiedet«, entgegnete er schroff.
    »Nehmt nächstes Mal mehr weiches Eisen«, gab Isenhart mit gleicher Schroffheit zurück und ergriff ein Schwert, dessen Klinge schmaler war, die allerdings etwas gräulich wirkte. Wieder schwang er die Waffe durch die Luft, verteilte wuchtige Hiebe nach links und rechts. Es lag gut in der Hand. Wer immer es hergestellt hatte, verstand etwas von seiner Profession. Der Schwerpunkt war ausbalanciert, die Klinge schwang nach. Kaum sichtbar zwar, aber Isenhart spürte es. Er wandte sich dem Schmied zu, der leicht den Kopf schüttelte. »Keine gute Wahl. Mein Vetter hat es von einem Mann erstanden, der sagte, er habe es in Toledo erworben.«
    Ein Schwert aus Toledostahl, begriff Isenhart. Ein Blick in die Augen des Pinkepanks verriet ihm, dass der Mann nicht ahnte, welch unsagbaren Wert er hütete.
    »Schwerter aus Toledostahl sind die besten Schwerter der Welt«, merkte er an.
    Der Schmied bedachte ihn mit einem tadelnden Blick: »Es ist eine Waffe, die Ungläubige geschmiedet haben.«
    Isenhart sagte dem Mann nicht, dass Toledo sich seit mehr als hundert Jahren wieder in christlicher Hand befand, während er Konrad das Schwert in die Hand drückte.
    »Ihr werdet auch nie den köstlichen Geschmack einer Orange kosten«, ließ Konrad den perplexen Pinkepank wissen, der sich unter einer Orange nicht das Geringste vorzustellen vermochte. Ganz abgesehen davon, dass er mit der Bemerkung auch sonst nichts anfangen konnte.
    Während Konrad sich mit dem Schwert vertraut machte, stand Isenharts erste Wahl umgehend fest. Er deutete auf die Armbrust: »Ich nehme die da.«
    Der Schmied zog zum Zeichen seiner Missbilligung lediglich die Augenbrauen hoch, reichte ihm aber die Fernkampfwaffe, in die Isenhart den Bolzen einlegte und sie

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