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Isenhart

Isenhart

Titel: Isenhart Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Holger Karsten Schmidt
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einen besorgten Blick zu.
    Der junge Adlige hielt sich den Knöchel seines rechten Fußes. »Ich bin umgeknickt«, flüsterte er. Sein Gesicht war schmerzverzerrt.
    In diesem Augenblick ertönten die Hörner: Barbarossa ließ angreifen.
    Die beiden schöpften Hoffnung. Wenn es den Kreuzrittern gelang, durch die Bresche in der Stadtmauer zu dringen, konnten sie sich vielleicht zu ihnen durchschlagen. Während sie sich im Schutz der hereinbrechenden Dunkelheit an den Hauswänden entlangdrückten, bemerkte Konrad, dass Dolphs Knöchelschmerzen mit einem Mal verflogen waren. Er bewegte sich leichtfüßig und schnell.
    Konrad erinnerte sich, wie Patrick von Cannstatt vor Wochen den Vorschlag unterbreitet hatte, das Heer Barbarossas, dessen Abreise aus Regensburg sie verpasst hatten, einzuholen. Konrad war sofort Feuer und Flamme gewesen, und als sie beide sich mit begeisterten Gesichtern Dolph zuwandten, lächelte dieser und nickte. Vielleicht war er gar nicht so angetan gewesen von Patricks Idee, möglicherweise hatte er nur nicht hinter ihnen zurückstehen wollen, dachte Konrad.
    Sie hatten einen Punkt erreicht, der ihnen freien Blick auf die Stadtmauer gewährte. Tatsächlich drängten die Kreuzritter die Verteidigungslinie zurück, ja durchbrachen sie an dieser oder jener Stelle sogar. Konrad und Dolph wechselten nur einen Blick. Stumm waren sie sich einig, dass sie eine solche Chance kein zweites Mal geboten bekommen würden. Sie stürmten los.
    Dolph konnte ziemlich schnell laufen, schoss es Konrad durch den Sinn. Möglicherweise war das sein Unglück, denn fast hatten sie die eigenen Männer erreicht, als aus einer Seitengasse gegnerische Ritter strömten, die sich in den Kampf warfen – und ihnen so den Weg versperrten. Das geschah so plötzlich, dass Dolph in einen von ihnen hineinlief. Er machte auf dem Absatz kehrt, aber ein Hüne von einem Mann, der ihn um mehr als einen Kopf überragte, stach zu. Die Speerspitze durchbohrte Dolphs Hals, mit einem Aufschrei ging er zu Boden.
    Konrad griff an, um Dolph vor einem zweiten Stoß zu bewahren. Der Hüne war wendig, er wich den ersten Schlägen geschickt aus und verletzte Konrad mit seiner Lanze am Bein. Mit einer schnellen Drehung der Waffe hieb er ihm den Speergriff mit einer Wucht ins Gesicht, die Konrad straucheln und auf den Rücken krachen ließ.
    Der Hüne war sofort über ihm, mit beiden Armen hielt er die Lanze, mit der er zum tödlichen Stoß ansetzte. Konrad wollte das Schwert hochreißen, aber es war zu spät.
    Dieses also war die Stunde seines Todes, er würde Jerusalem nicht sehen und Gérard de Ridefort niemals begegnen.
    Eine Schwertklinge wischte von der Seite durch die Luft, der Kopf des Hünen fiel zur einen, sein massiger Körper zur anderen Seite. Blut schoss in immer langsamer werdenden Intervallen aus dem Hals.
    Statt seiner trat eine andere Gestalt über Konrad.
    »Steh auf«, sagte sein Vater, »wir gehen nach Hause.«
    Isenhart wusste von alledem nichts. Seit Sigimund von Laurin davongeritten war, hatte sie keine Kunde mehr über Wohl oder Wehe von Vater und Sohn erreicht.
    Isenhart und Walther von Ascisberg trabten auf Pferden durch den Wald, der sich, da er in eine Wiese überging, lichtete und den Blick freigab auf den Ascisberg.
    Isenhart stoppte sein Pferd, die beiden Männer stiegen ab.
    »Warum habt Ihr mich damals für den Unterricht empfohlen?« Diese Frage beschäftigte Isenhart schon seit geraumer Weile.
    »Du erschienst begabt«, erwiderte von Ascisberg knapp, »hast du mich deshalb hierhergeführt?«
    Isenhart spürte, dass die Antwort seines Lehrmeisters nur die halbe Wahrheit war – wenn überhaupt. Aber er hatte gelernt, nicht nachzuhaken, wenn Walther von Ascisberg seinen Fragen auswich.
    Isenhart schüttelte den Kopf. Er band den Leinensack, den er mitgenommen hatte, vom Pferd und trat damit einige Schritte vor. Walther von Ascisberg warf einen Blick auf die grasenden Pferde, dann folgte er seinem Schüler.
    »Der Ascisberg«, sagte Isenhart, in seiner Vorstellung dieses Augenblicks hatte er sich viel aufgeregter vermutet, als er nun war, »in welcher Entfernung würdet Ihr den Berg schätzen?«
    Es war von Ascisberg, den die Aufregung ergriff. Er kannte Isenhart gut. Der hatte ihn nicht hierhergeführt, um ihm einen Berg zu zeigen. Dafür übte er in allen Dingen eine viel zu große Zurückhaltung. Die Schlussfolgerungen, die Isenhart im Bereich der Physik und Mathematik, aber auch der Philosophie traf, waren

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