Isenhart
leicht gebückt fortbewegen.
Und mit einem Mal zog Anna ihn nach links ins Nichts. Kurz herrschte Stille, dann hörte Isenhart das unverwechselbare Geräusch von zwei Feuersteinen, die aufeinandergeschlagen wurden. Die kleinen Funken blitzten in der Dunkelheit auf, bis einer von ihnen sich weigerte, wieder zu vergehen. Er hatte sich in einem Ballen Reisig verfangen und nährte sich nun von den getrockneten Zweigen. Es knisterte, dann loderte eine Flamme empor. An ihr entzündete Anna zwei Wachskerzen.
Isenharts Augen tasteten den Raum unverzüglich ab. Es handelte sich um ein kleines Gewölbe, Anna saß auf einem Lager aus Stroh, das noch recht frisch wirkte – sie musste es hierhergetragen haben.
Ihr Blick ruhte auf ihm, und die fröhliche Heiterkeit, die sich sonst auf ihrem Gesicht spiegelte, war einem andächtigen Ernst gewichen.
»Wohin führt der Gang?«
»Der Großvater meines Vaters hat ihn während der Fehde mit dem Haus Feinga als geheimen Fluchtweg anlegen lassen«, erwiderte sie und betrachtete ihn im Schein der Kerzen, die mehr Schatten als Licht zu werfen schienen, »er endet an einem Stall. Giselbert kümmert sich dort um ein paar Pferde.«
Isenhart nickte.
»Zieh dich aus für mich.«
Es hatte sie Überwindung gekostet, den letzten Satz auszusprechen, der Isenhart so überraschte. Es war eine Sache, nackt neben Anna zu liegen, und eine andere, sich vor ihr zu entblößen. Als Isenhart sie ansah, lächelte sie unsicher und wich seinem Blick aus. Isenhart spürte, wie zerbrechlich die Situation war.
Eine Anspannung nahm von ihm Besitz. Mit zwei, drei Handgriffen hatte er sich seiner schmutzigen Kleider entledigt. Die Verletzlichkeit, die er empfand, wurde durch den Umstand des Halbdunkels gemindert.
Die Kerzenflammen warfen scharfe Schatten. Anna konnte die Struktur seines Rückens sehen, die Rippenbögen, die Schulterblätter. Die festen Pobacken, die sich halb rund abzeichneten. Die ganze hagere Gestalt.
Das ist Gottes Werk, dachte sie.
Anfangs war Isenhart die beste Wahl gewesen, die sich ihr bot, die angenehmste Antwort auf all die Fragen, die ihr Körper ihr plötzlich gestellt hatte. Sie mochte ihn gern. Doch im Handumdrehen war Anna in ihn verliebt. Konnte ihn unentwegt ansehen, ohne dass ihr langweilig geworden wäre. Und wenn sie nicht bei ihm sein konnte, verspürte sie einen ziehenden Schmerz in ihrer Brust.
»Komm zu mir«, flüsterte sie. Isenhart ging auf sie zu. Anna saß neben dem Feuer, das die feinen Züge ihres Gesichts auf wunderbare Weise zur Geltung brachte. Er kniete sich vor sie hin, und nun war ihm seine Nacktheit nicht mehr unangenehm. Obwohl Anna noch bekleidet war, entdeckte er in ihren Augen dieselbe Nacktheit.
An diesem Abend – es war ein Mittwoch – ließ Anna sich von Isenhart entjungfern. Und Henrick wartete vergebens auf dem niedrigen Dachboden von Giselberts Hütte. Edda, sein Lieblingsschaf, erhielt in dieser Nacht einen Besuch außer der Reihe.
Es war ein erhabenes Gefühl. In einer Schlachtlinie mit den anderen Kreuzrittern – neben ihm Dolph von Grundauf – sprengten sie in vollem Galopp auf jene Nische in der Stadtmauer von Philippopolis zu, die ein Katapult gerissen hatte.
Isaak II . hatte inzwischen die Kuriere von Barbarossa festsetzenlassen und dessen Heer überdies verboten, seinen Weg nach Kleinasien fortzusetzen. An eine Überfahrt war nicht mehr zu denken, vielmehr mussten Verpflegung und eine sichere Unterkunft für den Winter gefunden werden. Am 26. August ließ Barbarossa daher Philippopolis angreifen.
Erst hörte Konrad ein dezentes Surren in seinem Rücken, dem er keine weitere Beachtung schenkte. Das Surren schwoll schnell zu einem Zischen und Dröhnen an, dann raste der Feuerball über ihre Köpfe hinweg und schlug exakt in jene Gruppe von Speerträgern ein, die bemüht war, den Durchbruch in der Mauer zu verteidigen.
»Keil!«, brüllte einer der Ritter, an dessen Arm ein Stecken mit österreichischem Banner flatterte. Umgehend formierten sich seine Ritter zu einem Keil, dessen Spitze er selbst bildete. Sie alle lockerten ihre Lanzen und legten sie am rechten Schultergelenk ihrer Pferde an, um die Treffsicherheit zu erhöhen.
Dann der Zusammenprall. Speerträger wurden durchbohrt, Lanzen brachen, Gegner wurden niedergeritten, Pferde bäumten sich auf und brüllten ihren Schmerz in hellen Tonlagen hinaus, einige überschlugen sich und brachen sich die Beine.
Konrad verspürte eine Todesangst, die ihn so lebendig
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