Isis
fürchte Dich. Amun, komm zu mir in Frieden, dass ich die Schönheit Deines Angesichts sehe!«
Draußen warfen sich Horachbit und Irti beredte Blicke zu.
Montemhet, dem dies nicht entging, verspürte ein unangenehmes Ziehen in der Magengegend, schob die schwache Warnung aber wieder beiseite. Es blieb ihm nicht viel Zeit, um nachzugrübeln, denn Pharao nebst »Gottesgemahlin« hielten sich nicht allzu lange vor der »Barke des Gottes« auf.
Der Weg zu Montemhets Haus verlief kurzweilig, weil Psammetich mit Hingabe an den Lippen seiner Tochter hing. Als wäre sie noch immer das kleine Mädchen auf seinem Schoß, sprudelte Nitokris all das heraus, was ihr Herz die vergangenen Monde bewegt haben mochte. Sie sagte nicht direkt, dass sie Schepenupet viel zu streng fand und Amenardis unsäglich langweilig, verstand es jedoch, durch kleine Spitzen und wirksam gesetzte Pausen zu unterstreichen, worauf es ihr ankam. Zur Überraschung Montemhets reagierte Psammetich jedoch nicht nur äußerst verhalten auf ihre Beschwerden, sondern gab ihr unmissverständlich zu verstehen, wo ihr Platz war.
»Du wirst dich einleben müssen, mein Augenstern«, sagte er mit liebevoll väterlicher Strenge. »Das verlangt Geduld und Hingabe, beides Tugenden, die für dein künftiges Amt unerlässlich sind. Und danke den Göttern, dass du sie nirgendwo anders als bei diesen herausragenden Frauen lernen darfst — den besten Vorbildern, die ich mir für mein Kind hätte wünschen können.«
Nitokris schwieg beleidigt, der Pharao jedoch schien bester Dinge. Abwechselnd pries er die Bequemlichkeit der Sänfte und die samtene Lauheit der Nacht, und er vergaß nicht, sich zufrieden über die letzten Steuererträge Wasets zu äußern.
»Ich bin froh, in allem auf dich bauen zu können, mein Freund«, sagte er, als Montemhet ihm beim Aussteigen behilflich war. »Ein paar Fürsten wie dich mehr — und Kernet wäre schon bald wieder auf dem Gipfel seiner einstigen Stärke.«
Udjarenes kam ihnen entgegen, in schneeweißes Leinen gehüllt, das von schweren Silberfäden durchzogen war. Bis auf silberne Ohrgehänge war sie schmucklos. Nicht einmal eine Perücke lenkte von ihrem Gesicht ab. Ihre Haare waren nach der Mode des Goldlandes streng zurückgekämmt und zu einem kleinen Knoten gezwirbelt. Ihre Hände hielten keinen Augenblick still.
»Wie der Schimmer des Mondes«, sagte Psammetich beeindruckt, »unter dessen Kühle freilich verborgene Glut lodert.
Hathor ist uns erschienen als Himmelskuh, wir verbeugen uns vor dem Glanz Ihrer Schönheit.« Er wandte sich zu seinem Gastgeber. »Du musst dich glücklich schätzen, Montemhet, diese Göttin an deiner Seite zu wissen.«
Udjarenes verbeugte sich, dann trat sie einen Schritt zurück, bis sie wie eine weißsilberne Flamme zwischen den dunkelhäutigen Söhnen Patjenfi und Nesptah stand.
»Die ganze Familie ist überglücklich, den Goldhorus empfangen zu dürfen«, sagte Udjarenes mit leicht zittriger Stimme und verbeugte sich abermals, diesmal tief genug, um ihre Brüste zu zeigen. »Möge dieser Abend zu einer unvergesslichen Erinnerung für uns alle werden!«
Flöten, Lauten, Lyra und Tamburin vermischten sich mit zarten Harfentönen. Jeder der Ankömmlinge wurde mit einem Kranz aus Lotosblüten willkommen geheißen und bekam nach Wunsch einen Salbkegel auf den Kopf. Für das Mahl war der dunkle Garten mit Hilfe zahlloser Kerzen, Fackeln und Lampions in einen schimmernden Festsaal verwandelt worden. Man speiste an drei langen Tafeln, die in einiger Entfernung voneinander aufgestellt waren. An der einen saßen Psammetich, Nitokris und Montemhet, an der zweiten die »Gottesgemahlin« und ihre Nichte samt Hofstaat, während die dritte den höheren Amun-Priestern und den Söhnen Montemhets vorbehalten war. Besonders Psammetich aß und trank nach Herzenslust.
»>Ich machte festlich meine Tage mit Wein und Myrrhe«, zitierte er bester Laune, »keiner ist töricht, der seinem Herzen fol g t . < «
Die Gastgeberin, überall und nirgendwo zugleich, wies die Dienerschaft an, und es war, als würden immer noch mehr Platten, Schüsseln und Teller aufgetragen, während der Wein unerschöpflich floss. Allerdings schien ihre Nervosität sich auch auf die anderen zu übertragen. Ein Gast sprang wütend auf, weil man ihm versehentlich heißes Fett über den Schurz geschüttet hatte, andere beschwerten sich über den penetranten Geruch der Salbkegel. Mittendrin gab Nitokris einen erschrockenen Schrei von sich.
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