war auf dem Weg nach Kopenhagen«, singt er vor sich hin, nachdem er auf den Webseiten der beiden Fluggesellschaften nachgesehen hat.
Er geht nach vorn zum Redaktionssaal. Er spürt seinen Magen knurren.
Wie lange ist es eigentlich her, dass er das letzte Mal etwas gegessen hat? Vierundzwanzig Stunden?
»Wollen hier nicht alle eine Pizza?«, fragt er in die Runde.
»Ja«, tönt es aus allen Ecken.
In der Redaktion herrscht nach der Pizzaparty gute Stimmung. Hörður ist überzeugt, eine Bombenausgabein der Hand zu haben. Er hätte eigentlich gern noch mehr über Steinn Þorri gebracht, aber der Typ scheint geradezu von der Erde verschluckt worden und fünfzehn Jahre lang verschwunden geblieben zu sein, als er zwanzig wurde. Hörður, die Zigarette im Mundwinkel, betrachtet einen Ausdruck der Titelseite.
Mysteriöser Milliardär verwickelt in
Mordfall Reynir Sveinn
festgenommen auf dem Weg nach Kopenhagen
bester Freund des Pornoschuppenkings
im Wirtschaftsgym durchgefallen und aus Island abgehauen
Erlkönig in der isländischen Geschäftswelt
Das ist fucking legendary stuff, denkt er und drückt die Zigarette aus.
Reykjavík, Montag, 31. Mai 2010
Am Küchentisch in einem großen Einfamilienhaus in der Bakkaflöt im Reykjavíker Vorörtchen Garðabær sitzt eine betagte Frau und starrt mit leeren Augen aus dem Fenster. Sie hat keine Ahnung, wohin sie schaut, und so ist es die letzten zwei Wochen auch gewesen, seit sie auf ihren verstorbenen Sohn im Heißen Pottgestoßen war. Bára Reykdal hat Schwierigkeiten damit, dem Leben ins Auge zu sehen, nachdem Reynir Sveinn auf grauenvolle Weise ermordet wurde.
Ihr Mann kommt ohne Eile in die Küche und legt eine Zeitung auf den Tisch.
»Ich dachte, du willst vielleicht etwas über diese Unmenschen lesen, die unseren Sohn umgebracht haben«, sagt er mit zitternder Stimme und zeigt auf das
Dagblaðið
.
Bára blickt durch ihn hindurch, nimmt die Zeitung und besieht sich zuerst die Titelseite. Sie bricht in Tränen aus, als sie unter einem Bild des wahrscheinlichen Mörders ein kleines Foto vom Grab ihres Sohnes findet. Sie denkt an die Hochzeit ihrer Tochter, da hat sie zum letzten Mal mit ihrem Sohn gesprochen. Innerhalb eines Tages hat sie die größte Freude und die tiefste Trauer ihres Lebens empfunden. Sie weiß nicht, wie sie die nächsten Tage und Wochen übersteht. Sie sieht auf das Bild vom Grab ihres Sohnes und fühlt die Wut in sich aufbrausen. Warum können diese Zeitungsfritzen ihn nicht in Frieden ruhen lassen? Die Neugierde bezwingt ihren Zorn jedoch und schlägt die Zeitung auf. Auf der zweiten Seite gibt es eine Meldung zu dem Fall.
Milliardär unter Verdächtigen in
Mordsache
Der Milliardär Steinn Þorri Steinþórsson wurde am Freitagabend festgenommen. Er steht im Verdacht, an der Ermordung des anderen Milliardärs, Reynir Sveinn Reynisson, beteiligt gewesen zu sein. Steinn Þorri wurde auf dem Keflavíker Flughafen festgenommen, als er auf dem Weg nach Kopenhagen war.
Steinn Þorri ist der dritte Mann, der im Zusammenhang mit dem Fall festgenommen wurde. Wie Dagblaðið bereits am Sonnabend berichtete, wurde Jósteinn Friðbertsson, der Inhaber des Stripteaselokals Súlan, am Freitag festgenommen.
Zuvor hatte die Polizei den Litauer Arvydas Savanauskas gefasst.
Es ist nicht bekannt, inwiefern Steinn Þorri in die Sache verwickelt ist, sein Name tauchte jedoch im Zusammenhang mit der Festnahme Jósteinns auf. Steinn Þorri und Jósteinn waren zusammen in der Grundschule, und wie unsere Zeitung erfahren konnte, hielten sie die Freundschaft weiter aufrecht. Gegen beide wurde am Sonnabend eine zweiwöchige Untersuchungshaft verhängt.
Reynir Sveinn wurde in der Nacht zum Sonntag, den 16. Mai, durch Messerstiche getötet. Er ist verblutet und wurde auf seinem Grundstück tot im Heißen Pott aufgefunden. Die Polizei wollte dazu keine Aussagen
machen. Ausführlicher wird über Steinn Þorri im Porträt auf den Seiten 8-9 berichtet.
[email protected] Bára versucht gar nicht, die Tränen zurückzuhalten, die ihr in dichten Bächen die Wangen herabströmen und die schwarze Wimperntusche ruinieren. Bára steht auf, um sich die Augen zu trocknen. Sie nimmt sich einen Kaffee, setzt sich wieder hin und liest weiter.
Ein Milliardär, der floh, nachdem er
das Abitur am Wirtschaftsgym nicht
bestanden hat
Steinn Þorri Steinþórsson, der am Freitagabend auf dem Flughafen wegen des Verdachts festgenommen wurde, an der