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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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Strategie.«
    Meine Kinnlade klappte nach unten. »Clever? Sie fanden dieses kleine Gemetzel clever ?«
    »Das Spiel lautet Siegen mit allen Mitteln . Das habe ich dir oft genug klarzumachen versucht, Annelise. Und ich habe keine Lust, weiter über dieses Thema zu diskutieren.« Er streckte mir die Hand entgegen. »Jetzt steh endlich auf!«
    Ich seufzte. Er hatte recht. Ich war nun mal hier, und ich gewöhnte mich am besten an den Gedanken, dass all das anstrengende Training mit Priti irgendwann in der großen Welt seine praktische Anwendung finden würde. Aber das hieß noch lange nicht, dass ich heute schwimmen musste, bei strömendem Regen im Freien. Unsere Wettkämpfe wurden auf der Matte ausgetragen und nicht im Pool.
    Ich starrte seine ausgestreckte Hand an und kämpfte den Wunsch nieder, sie fest zu umschließen. Seine Finger waren warm und kräftig. »Im Ernst, Ronan. Könnten wir nicht einen Tag Pause einlegen? Bitte! Schwimmen ist das Letzte, was ich im Moment verkrafte. Und überhaupt – wie sollte mir das Schwimmen nützen? Unsere Zweikämpfe finden im Ring statt.«
    »Zweikämpfe können nach allen möglichen Regeln ausgetragen werden, und ich möchte, dass du auf alle vorbereitet bist.« Er beugte sich vor, nahm meinen Arm und zerrte mich aus dem Sessel. »Freie Tage gibt es derzeit nicht. Komm!«
    »Ich komme ja schon. Mann, bist du unnachgiebig!« Ich löste mich übertrieben grimmig von ihm. »Ich kann mir echt nicht vorstellen, wie Schwimmen diese Semester-Entscheidung beeinflussen soll. Es sei denn, du tauchst mich so lange unter, bis ich von allem irdischen Übel erlöst bin. Was bestimmt nicht die schlechteste Idee wäre.«
    »Annelise.« Seine Stimme klang so streng, dass ich ihn fragend ansah. »Zieh deinen zweiten Stiefel an«, fuhr er etwas sanfter fort. »Ich habe mir ein paar gute Übungen ausgedacht.«
    Zu diesen Übungen gehörte offensichtlich, dass ich, die Arme über dem Kopf verschränkt, in der eiskalten Bucht Wassertreten musste.
    »Und das macht mich zu einer besseren Kämpferin?« Ich sank ein Stück nach unten und kam mit einem Scherenschlag wieder hoch. Hustend rieb ich mir mit dem Ellbogen die Augen trocken. Obwohl ich mittlerweile ganz ordentlich schwimmen konnte, hasste ich es immer noch, wenn mir Wasser ins Gesicht schwappte.
    Ronan stand nicht weit von mir entfernt bis zum Bauch im Wasser. Er hätte am Strand bleiben können – ich wusste nicht, warum er es nicht tat –, aber ich wusste seine Geste zu schätzen. »Du musst an deiner Kernmuskulatur arbeiten.« Er deutete mit dem Kinn auf meine Arme. »Mehr Armkraft hilft dir beim Schleudern deiner Wurfsterne.«
    »Nicht, wenn ich zu kaputt bin, um sie in die Hand zu nehmen. Du bringst mich um.« Meine Schultern brannten, mein Nacken schmerzte. »Außerdem treffe ich fast nie ins Schwarze. Was nützen mir da kräftige Arme?«
    »Alles, was du zum Zielen brauchst, ist Gelassenheit und innere Ruhe.«
    »Verschon mich mit deinem Zen-Schrott, Mann! Ich saufe hier ab.« Meine Ellbogen näherten sich der Wasseroberfläche. Wasser spritzte mir in den Mund, und ich spuckte aus. »Im Ernst, Ronan. Reicht es jetzt?«
    Er wandte sich ab und tauchte weg. Ich begriff einfach nicht, wie jemand so eine Tortur freiwillig auf sich nehmen konnte. Sein Kopf durchbrach die Wellen. Er strich sich die Haare aus dem markanten Gesicht, und ich dachte, so sah er wohl auch aus, wenn er sich aus einer heißen Badewanne erhob.
    Wütend runzelte ich die Stirn.
    »Du kannst Schluss machen«, rief er mir zu und schwamm auf dem Rücken in Richtung Strand. »Komm raus und lauf ein paar Runden, damit du warm wirst.«
    Ich war sauer, mit Sand bedeckt und total fertig, als ich Ronan zu seinem geparkten Wagen folgte. Aber ich hatte genug Zeit zum Nachdenken gefunden. »Im Falle eines Sieges werde ich also Master Alcántara aufs Festland begleiten?«
    Ronan öffnete die hinteren Türen des Vans. »Ja.«
    Ich schnappte mir ein Handtuch und rubbelte heftig mein Gesicht trocken, um die Erinnerung an das Meerwasser in Augen und Nase zu vertreiben. »Was ist das überhaupt für ein Deal mit ihm?«
    »Ein Deal mit Master Alcántara?«, fragte er ungläubig.
    Meine Gedanken wanderten zurück zu jener Nacht, in der ich dem Vampir begegnet war. Zu seinen merkwürdigen Worten, dem noch merkwürdigeren Gefühl, als er meine Wange berührt hatte. »Ja. An den Steinsäulen –« Ich stockte.
    Ronan sah mich scharf an. » Was war an den Steinsäulen?«
    Ich bückte mich, um

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