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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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Augenbrauen. »Du bist …?«
    »Mimi.« Sie schob trotzig das Kinn vor. Ihr Mund stand halb offen, als fände sie es nicht der Mühe wert, ihn zu schließen.
    »Mädchen, macht Platz für eure Kommilitonin.« Seine Stimme klang nachsichtig, doch das flößte mir mehr Angst ein als zuvor das Wort Vampire . Es war die Stimme eines Erwachsenen, der im Begriff stand, einem dummen Kind eine gründliche Lektion zu erteilen.
    Die anderen öffneten so schnell eine Gasse, dass es beinahe komisch anmutete. Nur Mimi schien den Ernst der Lage nicht zu begreifen. Wie ein gereizter Pitbull schoss sie nach vorn, ganz offensichtlich wild entschlossen, diesem Typen die Meinung zu geigen. Mit einem bösen Grinsen trat sie auf das Podium zu. Die glatte, ebene Granitoberfläche sah aus wie eine gigantische Tischplatte.
    Vage kam mir in den Sinn, dass Mimis Reaktion irgendwie berechtigt war. Dass ich eingreifen sollte, anstatt tatenlos dazustehen und auf das nahende Unheil zu warten. Ich meine, immerhin hatte Monsieur uns soeben eröffnet, dass die Leute hier Vampire waren.
    Der Willkommenstrunk an Bord. Ich runzelte die Stirn, als ich an den sonderbaren Kick dachte, den er mir verschafft hatte. Mimi war von dem Zeug schlecht geworden, und sie hatte alles wieder von sich gegeben. Aber wir? Konnte es sein, dass wir jetzt unter dem Einfluss einer Droge standen, die uns zum Gehorsam zwang? Hätte ich nicht ebenfalls Entrüstung zeigen sollen?
    Ich dachte an Ronan. War er auch ein Vampir? Ich rief mir seine Züge ins Gedächtnis. Er hatte auf mich nicht übermäßig bleich gewirkt, und Fänge wären mir ganz bestimmt nicht entgangen.
    Da ich nicht unbedingt auffallen wollte, unterdrückte ich ein Grinsen. Goth-Freaks! Das durfte nicht wahr sein. Ich versuchte einen Blick auf Fourniers Gebiss zu erhaschen. Ob es wohl stimmte, dass diese Typen ihre Eckzähne spitz zufeilten?
    Aber dann machte sich in meinem Hinterkopf eine schreckliche Unsicherheit breit. Ich dachte an die sehr reale Wärme, die mich jedes Mal durchströmte, wenn Ronan mich ansah oder wenn er mich berührte. Konnte es sein, dass er so etwas wie hypnotische Kräfte besaß? Ich glaubte zwar nicht an Magie, traute ihm jedoch durchaus zu, dass er den einen oder anderen Trumpf im Ärmel hatte.
    Mimi erreichte den Stein. Fournier nahm ihre Hand und führte sie die Stufen nach oben. Als er wieder das Wort ergriff, sprach er sanft auf sie ein. Ich kam mir vor wie eine unfreiwillige Zuschauerin, die einen sehr intimen Moment störte. »Wie ich bereits sagte – wir sind Vampire.«
    Sie entzog ihm mit einem Ruck ihre Hand, ließ den Blick über die versammelten Mädchen schweifen und schüttelte angewidert den Kopf. »Ich habe in Miami schon bis zum Hals in so mancher abgefuckten Scheiße gesessen, pero esta casa de putas? Vergessen Sie es, Mann! Ohne mich!«
    Der Rest geschah so schnell, dass mein Gehirn zunächst nicht registrierte, was meine Augen sahen. Und selbst als ich verstand, was ich sah, dauerte es ein paar Herzschläge, bis ich es glauben konnte. Meine Erstarrung kam von tief innen und erfasste langsam meinen ganzen Körper.
    Mimi hing mit aufgerissenem Bauch schlaff in den Armen des Rektors.
    Er grinste uns mit blutverschmierten Lippen an, und ich sah, dass aus einem seiner Mundwinkel ein unnatürlich langer, rasiermesserscharfer Zahn ragte.
    Ein paar Sekunden herrschte vollkommene Stille. Dann begannen die Mädchen zu kreischen.
    Alle bis auf mich. Ich hatte schon früh gelernt, mit gleichgültiger Grausamkeit zu leben. Mit gleichgültiger und deshalb besonders erbarmungsloser Grausamkeit. Ich wusste, wie man ihr aus dem Weg ging. Ich zwang mich, tief ein- und wieder auszuatmen. Und ich bemühte mich, nur ja nicht aufzufallen.
    Eyja næturinnar. Es war eine Insel der Finsternis. Und Ronan hatte recht. Ich würde bleiben.
    Denn wenn ich nicht bleiben wollte, musste ich sterben.

Nun guuut. Vampire.
    Ich stampfte mit den neuen Stiefeln kräftig auf den Boden, um meine eiskalten Zehen aufzutauen. Die Temperatur war weiter gesunken, und das lange Herumstehen im Freien machte die Sache nicht besser.
    Verbargen sich noch mehr Vampire in der Menge? Ich spähte umher. Entsetzen und die Erkenntnis, wie absurd die ganze Situation war, hielten sich die Waage. Nie im Leben hätte ich geglaubt, dass es Vampire gab. Vampire – also echt!
    Aber wenn der Vorfall mit Mimi kein Bluff gewesen war, musste ich davon ausgehen, dass sie existierten. Ich meine, in einem Universum, das von

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