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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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Mädchen je zuteilwerden konnte. Düstere Gedanken keimten in mir auf. In alten Zeiten hatte es auch als Ehre gegolten, sein Leben auf dem Opferaltar hinzugeben.
    »Obwohl wir Vampire magische Kräfte besitzen, können wir uns nicht überallhin begeben. Wir können nicht alles sein. Und aus diesem Grund bilden wir Wächter aus. Die uns vertreten. Die uns verteidigen. Die mitunter auch für uns töten. Wächter sind die Mittler unseres Willens. Sie sind der verlängerte Arm unserer Macht.«
    Ich holte die Gesichter der anderen Mädels einzeln aus meinem Gedächtnis. Und ich fragte mich, durch welche besonderen Begabungen sie den Vampiren ins Auge gefallen waren.
    Weshalb hatten sie mich auserwählt? Ich war nicht dumm, gewiss, aber das galt für viele Leute auf diesem Planeten. Allerdings hatte Ronan angedeutet, ich sei eines der wenigen Genies mit einem Vater, der zu häuslicher Gewalt neigte. Also war ich hier, weil Daddy mich immer wieder brutal verprügelt hatte? Weil ich gelernt hatte, Hiebe einzustecken oder zu vermeiden? Allem Anschein nach hatte eine Erziehung, die darin gipfelte, dass mein Dad mich bei jeder Gelegenheit aufmischte, mir die besondere Ehre verschafft, in Zukunft von einer Gang Vampire aufgemischt zu werden. Der Gedanke ließ meinen Magen zu einem kalten Klumpen erstarren.
    Und überhaupt – wie viele Vampire gab es hier? Ronan hatte die »Alten« erwähnt. Plural. Alt. Also echt! Ich stählte mich für die verbale Tracht Prügel, die ich ihm bei unserer nächsten Begegnung verpassen würde. Der mit seinem blöden Proust-Tattoo.
    »Aber nicht alle von euch werden die Prüfungen bestehen.« Die Stimme des Rektors triefte vor gespieltem Bedauern, und ich schaltete mich rasch wieder in seinen Vortrag ein. Mir schwante, dass die Mädels, die versagten, die Heimreise nicht unbedingt in der Luxusklasse antreten würden.
    »Seht euch um!«, befahl er.
    Die Blicke der Versammelten wanderten umher. Sie taxierten mich, so wie ich sie taxierte. Diese Mädels hatten Willenskraft. Sie wirkten trotzig, ja sogar wuterfüllt. Wo in aller Welt hatten sie so viele Mädchen aufgespürt, die belastbar genug waren, dieser Insel standzuhalten?
    Sie waren zäh. Widerstandsfähig. Aber nicht nur das. Jede von ihnen war, wie der Rektor bereits festgestellt hatte, eine Augenweide.
    Aber warum? Warum waren sie so attraktiv? Hatte man etwa vor, sie zu einer Art Barbie-Agententruppe auszubilden?
    Warum nicht? , entschied ich. Bei Leuten, die ewig lebten, lag es durchaus nahe, dass sie sich mit einer Armee von rattenscharfen Teenagern umgaben.
    Und ich stand wieder mal abseits. Ich war der einzige Skipper in einem Meer von Barbies. Weil ich meinen Verstand einsetzte.
    »Seht euch die Konkurrenz an!«, fuhr er fort. »Nur fünfzig von euch werden die erste und nur noch fünfundzwanzig die zweite Ausbildungsstufe schaffen. Übrig bleiben wird am Ende eine Spitzengruppe von nicht mehr als fünf Mädchen.«
    Ich wollte mir nicht ausmalen, was mit den mehreren Dutzend anderen geschehen würde, die den hohen Ansprüchen nicht genügten.
    »Macht euch auf ein intensives Training gefasst. Ihr werdet sehr hart arbeiten müssen, um Körperkraft und Seelenstärke zu entwickeln. Ihr werdet lernen, Strapazen auf euch zu nehmen – und sie zu meiden. Ihr werdet im Lauf der Zeit eure Bildung und Eleganz vervollkommnen, um schließlich ein in hohem Maße kultiviertes und anspruchsvolles Leben zu führen. Die Crème unter euch wird dazu auserwählt sein, uns in der Welt draußen zu vertreten. Aber es ist eine gefährliche Welt, wie viele von euch bereits erfahren haben.« Ich hatte das Gefühl, dass er bei diesen Worten mich ansah, und gelangte zu dem Schluss, dass ich mir das einbildete. »Und deshalb darf auch eure Ausbildung nicht vor Gefahren haltmachen.«
    Er lachte leise, und gegen meinen Willen durchflutete mich ein Gefühl der Wärme. »Aber ihr seid meine prachtvollen Gewächse, und wenn ihr es zulasst, werde ich euch die Schritte der Gavotte ebenso perfekt beibringen wie den Umgang mit der Garrotte.«
    Ich verdrängte die Wärme und konzentrierte mich auf seine Rede, auf dieses grausige Wortspiel, das einen höfischen Tanz auf die gleiche Stufe stellte wie das Erdrosseln mit der Würgschraube.
    Aber ganz tief in meinem Innern fand ich den Vergleich einen Moment lang gar nicht so abwegig. Ich hatte schon manchmal den Wunsch gespürt, jemandem die Luft abzuschnüren – meinem allerbesten Daddy beispielsweise –, war aber nie

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