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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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dazu fähig gewesen, diese verlockende Vorstellung in die Tat umzusetzen. Okay?
    »Im ersten Lehrjahr wird man euch Acari nennen. Das kommt aus dem Griechischen und bedeutet Milbe. Die Zecke beispielsweise gehört zu den Milben. Ein Parasit. Und wie Parasiten werdet ihr unser Wissen aufsaugen.«
    Diesmal gab es keinen Zweifel. Er schaute mich an, als erklärte er mir ganz allein einen faszinierenden linguistischen Zusammenhang. Ich verzog keine Miene, obwohl mein Herz so heftig klopfte, dass es zu zerspringen drohte. Auffallen war das Letzte, was ich wollte. Sein Mund verzog sich zu einem schwachen Lächeln, als er sich wieder den übrigen Mädchen zuwandte. »Das meine ich durchaus wörtlich. Ihr werdet von unserem Lebensblut trinken, um Kraft zu schöpfen. Eine erste Kostprobe habt ihr bereits erhalten.«
    Ich schluckte bittere Galle. Er meinte Blut. Echtes Blut. Wie in dem kleinen Cocktail, den man uns als Willkommenstrunk im Flugzeug gereicht hatte.
    »Unser Lebensblut wird euch stärken. Euch Mut verleihen. Aber ich berühre Themen, die andere erläutern sollen.« Er machte eine ungeduldige Handbewegung. »Für den Anfang werden sich jeweils zwei von euch ein Zimmer im Wohntrakt der Acari teilen. In jedem Stockwerk gibt es eine Aufseherin. Sie wird als Eingeweihte bezeichnet, da sie bereits einen Teil der Unterweisung absolviert hat. Sie und eure Lehrer können euch Auskunft über alle Einzelheiten geben, die ich unerwähnt gelassen habe.«
    Er kniff die Augen zusammen. Ich konnte nicht erkennen, wohin sein Blick ging, gewann jedoch den Eindruck, dass er jede von uns und alle gleichzeitig ansah. »Und merkt euch eines: Ihr schuldet den Aufseherinnen eurer Stockwerke sowie allen anderen Eingeweihten Gehorsam und Respekt. Vergesst keine Sekunde, dass ihr nur Acari seid.«
    Lautlos fiel der Schnee und hüllte die Versammelten mit seiner eigenen Decke des Schweigens ein.
    Die Stimme des Rektors durchdrang die Stille ein letztes Mal. »Lasst euch warnen, meine Schönen. Die Eingeweihten haben auch den Auftrag, euch Grausamkeit beizubringen. Und für diese Lektionen solltet ihr ihnen dankbar sein. Denn nur wer Grausamkeit begreift, weiß auch, was Stärke ist.«
    Und dann verschwand Rektor Claude Fournier ganz einfach.

Die Versammlung löste sich auf, und die Neuankömmlinge bildeten kleinere Gruppen, die in bullige SUV s einstiegen. Ich warf einen letzten Blick über die Schulter auf die Hügel-Festung. Was hatte es mit dieser Burganlage auf sich? Beherbergte sie etwa die Vampire? Gab es dort Verliese, unterirdische Gewölbe und Jungfrauen, denen allerlei Gefahren drohten?
    Wie dem auch sein mochte – ich war erleichtert, dass sich unser Wohnheim nicht dort oben befand. Das Ding sah irgendwie verwunschen aus. Und die Steinsäulen hatten ebenfalls etwas Gruseliges an sich. Während die Archäologen immer noch rätselten, was Megalith-Kreise zu bedeuten hatten, stand für mich fest, dass ich soeben mein erstes Menschenopfer erlebt hatte.
    Ich hätte meinen Zweifeln mehr Beachtung schenken sollen, aber Ronan hatte mich in Sicherheit gewiegt – mit diesen blöden grünen Augen und dieser blöden rauen Stimme.
    Ich holte ihn ein. »Sag bloß nicht, dass du auch ein Vampir bist!«
    Der ernste Blick aus seinen grünen Augen ging mir durch und durch. »Sehe ich wie ein Vampir aus?«
    »Wie zum Henker soll ich das wissen?« Ich zwang mich, ihn anzusehen. »Ich kapiere nicht, was ich hier soll. Warum bringst du Mädchen an diesen Ort? Ich wusste, ich hätte mich auf meinen Instinkt verlassen sollen, aber nein, ein Blick von dir –« Ich erstarrte, weil mir urplötzlich ein Licht aufging. Anklagend fuhr ich fort: »Du hast mich mit irgendwelchen Vampir-Verführungstricks an Bord dieser Maschine gelockt.«
    Er wollte etwas erwidern, presste dann aber wortlos die Lippen zusammen.
    A-ha. Offenbar war ich auf einer heißen Spur. Doch bevor ich nachhaken konnte, schnappte er sich meinen Arm und führte mich zu einem gigamäßig aufgemotzten Ford Excursion. Die Kiste erinnerte mich an diese grässlichen Stretch-Hummers, die Kids am Wochenende mieteten, um mit Getöse vor der Disco vorzufahren.
    Ich weigerte mich, noch einen Schritt zu tun. Inzwischen war ich fix und fertig. Ich hatte voll die Panik und einen Riesenzorn dazu, sodass mir nur noch die Wahl zwischen Sarkasmus und Hysterie blieb. Ich entschied mich für Ersteren. »Hey, Mann, das ist aber eine Angeberschleuder. Damit machst du auf dem Vampir-Prom bei jedem Mädel die

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