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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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ist es besser. Wird Zeit, dass du die Klappe hältst und beweist, dass du so klug bist, wie alle behaupten.« Sie wandte sich zum Gehen. »Bis bald, Schätzchen. Sieh zu, dass du noch ’n bisschen Schlaf kriegst.«
    Aber ich dachte nicht an Schlaf. Noch nicht. Obwohl ich am ganzen Körper zitterte und jegliches Gefühl in den Fingern verloren hatte, bückte ich mich, kratzte einen Schneeklumpen zusammen und hievte ihn mit beiden Armen hoch. Meine Handgelenke brannten vor Kälte. Aber der Gedanke an die sanft schlummernde Lilou betäubte den Schmerz.
    Mit unsicheren Schritten stolperte ich zurück ins Wohnheim. Die Wärme, die plötzlich auf mich eindrang, trieb mir die Tränen in die Augen. Ich schaffte es bis zu unserer Stube. Durchnässt und schlotternd durchquerte ich den Raum, ging vorbei an meinem Bett, ohne nach Handtuch, Decke oder Jacke zu greifen.
    Ich marschierte geradewegs auf Lilou zu.
    Sie schlief fest, mit halb geöffneten Lippen, die Hände unter eine Wange geschoben und wie zum Gebet gefaltet. Ihr Haar umfloss sie in schimmernden Wellen, makellos auf das Kissen drapiert.
    Im Schlaf war sie wehrlos, und einen Moment lang genoss ich die Macht, die ich über sie besaß, auch wenn ich mir wie ein Eindringling vorkam.
    Aber dann lächelte ich. Und ich kippte den Schneeklumpen zwischen die friedlich angewinkelten Arme und ihren Schwanenhals.
    Lilous Kreischen war durchdringend genug, um Gläser zerspringen zu lassen.
    »Was zum –« Sie schoss senkrecht aus dem Bett und schälte sich aus ihrem Deckenknäuel. »Verdammter Schnee! Verdammte Insel!« Schreiend und nach Luft schnappend klopfte sie sich die kalte Pracht von Hals und Armen. » Gottverdammte Scheiße! Wer zum –?«
    Sie wirbelte zu mir herum und streckte anklagend den Zeigefinger aus. »Du! Ich mach dich platt!« Ihre Augen schienen aus den Höhlen zu treten. Sie sah aus wie eine Wahnsinnige. Ein paar feuchte Strähnen hingen ihr schlaff ins Gesicht. Der Kragen und die Vorderseite des Flanell-Nachthemds klebten ihr klitschnass am Leib. »Das wirst du mir büßen, Unterschicht. Echt, das wirst du mir büßen. Ab jetzt ist Krieg !«
    Aber ihre Drohungen drangen kaum zu mir durch. Meine Knochen waren starr vor Kälte. Das Zittern steigerte sich zu Krämpfen, die meine Muskeln durchzuckten. Ich hatte den Duschraum als Folterkammer erlebt und mir geschworen, nie wieder das heiße Wasser aufzudrehen. Nun stürmte ich aus dem Zimmer und stolperte in Richtung Bad. Lilous Kreischen begleitete mich durch den Korridor.
    Ein paar Mädels öffneten schläfrig ihre Zimmertüren und sahen mich fragend an. »Was ist mit der los?«, erkundigte sich eine.
    Ich zuckte mit den Achseln. »Sie ist wohl sauer, weil ich etwas Schnee reingetragen habe.«

    Ich richtete mich mit klopfendem Herzen im Bett auf und zog die Decke bis ans Kinn. Die glitzernden Augen des Vampirs von letzter Nacht hatten mich in meinen Träumen verfolgt, und ich rechnete damit, dass er sich jeden Moment über mich beugen würde.
    Aber das einzige Monster im Zimmer war Lilou. Sie saß auf ihrer Bettkante, bürstete geistesabwesend ihr Haar und starrte mich an . Irgendwie erinnerte sie mich an einen dieser künstlich geschaffenen, dem Irrsinn verfallenen Menschen, wie sie manchmal in Horrorfilmen vorkamen. Mir lief es kalt den Rücken herunter.
    Ich wandte mich ab und schaffte es, mich anzuziehen, ohne sie eines einzigen Blicks zu würdigen. Aber natürlich spürte ich ihre Anwesenheit. Ich bekam mit, wie sie sich bewegte und atmete, wo und in welcher Entfernung von mir sie stand. Ich musste von nun an genau aufpassen, was sich hinter mir abspielte.
    Trotz meines kurzen – und von Albträumen gestörten – Schlafs hatte ich einen erstaunlich klaren Kopf. Mein Plan sah folgendermaßen aus: Überleben. Die anderen ausstechen. Fliehen.
    Ich schnürte gerade meine Stiefel, als ich ein Rascheln vor unserer Stube hörte. Lilou und ich erstarrten gleichzeitig. Zwei Umschläge, jeder mit einem Namen in verschnörkelter Schrift versehen, wurden unter der Tür durchgeschoben.
    Meine Zimmergenossin sprang als Erste auf, nahm die Umschläge und warf mir einen davon mit angewiderter Miene zu.
    Sie riss ihr Kuvert sofort auf, während ich mich auf die Bettkante setzte und das meine unschlüssig betrachtete. Das Papier war gelblich, fast wie Pergament.
    »Willst du das Ding nicht öffnen?«, erkundigte sie sich spöttisch.
    Nicht, solange du zuguckst. »Später.«
    Sie fächelte sich mit ihrem Umschlag Luft

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