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Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter

Titel: Isle of Night Bd. 1 - Die Wächter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Veronica Wolff
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Vampire seien uralt. Dass auch jetzt noch welche entstehen, wusste ich nicht.«
    »Viele sind uralt. Aber andererseits werden ständig neue erschaffen. Das dauert allerdings Jahre – und nur wenige überleben das Training.« Sie nahm noch etwas Joghurt. Ihre Stimme klang so beiläufig, als spräche sie über einen neuen Azubi-Jahrgang bei Wal-Mart. »Und ihr Mädels prägt euch am besten gleich ein paar Grundregeln ein. Ihr werdet einige Vorlesungen gemeinsam mit den Jungs besuchen. Ihr könnt euch während der Mahlzeiten zu ihnen setzen. Aber Verabredungen nach der Ausgangssperre sind streng verboten.«
    »Wo schlafen die denn?«, fragte Herzgesicht. Der Klang ihrer Stimme erschreckte mich. Sie hatte große Augen, ein paar Sommersprossen über der Nase und eine stille Art, die auf mich zurückhaltend und bescheiden wirkte. Ich fragte mich, aus welchem Grund es sie hierher verschlagen hatte.
    »Die Jungs wohnen droben auf der Burg.« Amanda kratzte die letzten Joghurtreste aus ihrem Becher. »Die für euch Mädels absolut tabu ist.«
    Von mir aus – ich hatte dieses Ding von Anfang an für ein Spukschloss gehalten. Aber gemeinsame Mahlzeiten und Unterrichtsstunden? Mein Blick wanderte von den Jungen zurück zu den Mädchen an unserem Tisch. Schon begannen sie zu glucken und sich aufzuplustern. Die Balz war eröffnet.
    Teenager-Hormone plus ein paar scharfe Typen – das musste zu einem Barbie-Blutbad führen.
    Ich stach mit der Gabel in mein Rührei. Mein Essen war während des Gesprächs kalt geworden. Aber ich hatte ohnehin den Appetit verloren.
    »Dann können wir also mit denen reden?« Lilou umklammerte die Tischkante, als wollte sie jetzt und auf der Stelle mit den Jungs Kontakt aufnehmen.
    »Aber sicher, Schätzchen.«
    Lilou schob ihren Stuhl mit einem lauten Scharren nach hinten.
    Amanda verkniff sich ein Lächeln und ließ ihren Blick ans andere Ende des Speisesaals schweifen. Lilous Interesse an den Jungs schien auf Gegenseitigkeit zu beruhen. »Sieht so aus, als würden sie dich mit offenen Armen empfangen.«
    Lilou schlenderte bereits quer durch den Saal, gefolgt von einer Handvoll Acari, die offensichtlich Angst hatten, etwas zu verpassen. Ganz am Ende des Tisches beobachtete das Mädchen mit dem Herzgesicht den Aufbruch der Gruppe. Und ich beobachtete sie. Ich musste mehr über sie herausfinden. Aber ganz oben auf meiner Liste stand Lilou.
    Da ich nach dem Exodus praktisch allein mit Amanda zurückblieb, beschloss ich, sofort mit meinen Nachforschungen zu beginnen. »Wo hat Ronan diese blöde Kuh aufgestöbert?«
    »Von Straubing?«
    Ich nickte.
    Amanda setzte zum Sprechen an, zögerte, kniff die Lippen zusammen und versuchte es noch einmal. »Hinter Gittern. Fort Lauderdale. Sie war aus irgendeiner … Anstalt in Connecticut abgehauen und wurde wieder geschnappt – wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses.«
    Ich fragte mich, was sie da mit Anstalt umschrieb. Das konnte von einem schweineteuren Internat bis zu Jugendstrafvollzug alles heißen.
    Sie sah mich lächelnd an. »Aber das hätte ich dir eigentlich nicht verraten dürfen.« Leise fügte sie hinzu: »Ich habe sie übrigens letzte Nacht gehört. Ihr Gekreische hätte Tote aufwecken können.«
    Ich verzog keine Miene, aber innerlich triumphierte ich. »Yeah. Bei der Rückkehr von meinem Lauf schleppte ich dummerweise eine Menge Schnee ins Zimmer.«
    »Ach du Schande.« Amanda nahm einen Schluck Tee. »Der wird doch nicht etwa in Lilous Bett gelandet sein?«
    »Leider doch.« Ich hatte beim Betreten des Zimmers die Tür offen gelassen, um sicherzustellen, dass Lilous Schreie überall im Korridor zu hören waren. Ich wusste nicht genau, wie hinterhältige Mädels tickten, aber allem Anschein nach hatte sie bereits ein Rudel von Gleichgesinnten um sich geschart.
    »Das war die richtige Antwort, Acari Drew. Gut gemacht.« Sie schob ihren Stuhl zurück und wandte sich zum Gehen.
    »Warte. Darf ich dir noch eine Frage stellen?«
    »Yeah …?« Sie machte kehrt und stützte beide Ellbogen auf die Tischplatte. »Nur eine? Das erstaunt mich.«
    Ich schaute zu den Jungs hinüber. Sie sahen gut aus, groß und kräftig, manche noch ein wenig kindlich, die anderen bereits fast erwachsen. Würde sich ihr Äußeres im Lauf der Zeit verändern? Drohten ihnen lange Eckzähne und eine bleiche Haut? »Ich meine – all diese Gerüchte über Vampire … stimmen die denn?« Die wildesten Geschichten gingen mir durch den Kopf. Dass Vampire tagsüber

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