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Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Titel: Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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ertrug, ihn nach draußen zu schaffen, wo die Krähen und andere Aasfresser über ihn herfallen würden, ließ sie ihn der Hütte. So konnte sie ihn von Zeit zu Zeit noch sehen, während sie das Herdfeuer in eine neue Hütte brachte, die sie errichtet hatte. Allein vor dem Feuer kauernd litt sie unter quälendem Hunger und musste dabei die ganze Zeit der entsetzlichen Versuchung widerstehen, ihren toten Ehemann zu Suppe zu verarbeiten.
    Bei ihrer Rückkehr im folgenden Frühling hatten die Minenarbeiter sie gefunden, halb verrückt, aber noch am Leben. Die Geschichte machte selbst das lauteste Kind stumm vor Grausen und Ehrfurcht, bis Lightning Jack in die Hände klatschte und laut „Buh!“ rief, um sie aus ihrer Erstarrung zu holen. Erleichtertes Gelächter hallte über das Wasser.
    Um die Spannung nach der düsteren Geschichte zu lockern, fing die Runde an zu singen. Deborah brachte allen „Camptown Races“ bei, und die Inselbewohner sangen lauthals eine Runde „Skoal, Skoal, Skoal“.
    Aus dem Augenwinkel sah Deborah, dass Pastor Ibbotsen sich hinter Ilsa stellte und sich einen Kuss stahl. Ilsa lachte und legte eine Hand auf seine Wange, eine Geste aufrichtiger, unkomplizierter Zuneigung. Für manche Leute ist Liebe so einfach, überlegte Deborah. Sie wollte darüber reden, aber es gab niemanden, dem sie sich hätte anvertrauen können.
    Obwohl sie unangemessen eng mit Tom Silver zusammenlebte, war er so weit von ihr entfernt wie die Sterne. Er war der lebende Beweis, dass mancher Schmerz niemals vergessen werden konnte. Die Art und Weise, wie er Asa verloren hatte, hatte ihm eine Wunde zugefügt, einen Zorn geweckt, der zu tief war, um je zu vergehen. Sein verächtlicher Blick verfolgte sie jeden Tag. Finster nahm er es zur Kenntnis, wenn jemand sie grüßte, ihr dankte oder mit ihr lachte. Seine Missbilligung machte sie umso entschlossener, ihm zu beweisen, dass sie nicht das verwöhnte und verweichlichte junge Ding war, für das er sie zu halten schien. Sie wollte ihm zeigen, dass sie ein gehaltvoller, tiefgründiger Mensch war.
    Sie entschuldigte sich bei den anderen und ging zum Rand der Marschen am Ende der Straße. Die Abendluft war kalt. Die Wintersaison begann, eisig und erbarmungslos, und überzog den feuchten Boden mit Frost.
    Eines Abends, als der Wind vom See an den Fenstern rüttelte und laut durch die Bäume auf der Anhöhe oberhalb der Siedlung brauste, beschloss Deborah, das Abendessen zuzubereiten. Sie wollte Tom Silver davon überzeugen, dass sie nicht länger die Frau war, die nicht einmal genug wusste, um eine heiße Kaffeekanne nicht mit bloßen Händen anzufassen. Sie band sich eine alte Schürze um und fachte das Feuer im Herd an, bis es ihrer Meinung nach die richtige Temperatur hatte. Dann legte sie Kartoffeln in einen Topf mit Wasser, um sie zu kochen, und erhitzte die Bratpfanne für den Fisch.
    Das war nicht sonderlich schwer, fand sie und schaute zu, wie die Kartoffeln vor sich hin köchelten. Sie machte einen Schritt zurück und klopfte mit einer Fußspitze auf den Boden, überlegte, was sie als Nächstes tun musste. Ach ja, den Tisch decken. Zuhause erledigte das ein Diener, vielleicht sogar mehr als einer; die Tafel wurde eingedeckt mit feinstem Limoge-Porzellan, Kelchen aus irischem Kristallglas und Florentiner Silberbesteck. Tom Silver besaß natürlich nichts in der Art, aber Deborah behalf sich mit den Emailletellern und Gabeln und Löffeln aus Zinn. Sie eilte nach draußen und pflückte ein paar vertrocknete Stängel Wiesenkerbel an der Hecke am Gartenzaun und stellte die welkenden Blütendolden in einem Glas auf den Tisch. Da es keine Servietten gab, improvisierte sie mit einem Paar sauberer Tücher mit ausgefranstem Rand. Vielleicht würde sie sie nach dem Essen heute Abend säumen.
    Sie schüttelte über ihre törichten Gedanken den Kopf. Es war schließlich nicht so, als käme es auf solche Sachen an. Bald schon würde sie Isle Royale verlassen und nie mehr wiederkehren.
    Sie holte ein dickes Handtuch für die heiße Pfanne, breitete es aus und legte eine sorgfältig geputzte Forelle in das Fett. Es zischte und spritzte so heftig, dass Deborah unwillkürlich ein Stück zurücksprang.
    Die Pfanne auf dem Herd fing genau in dem Augenblick Feuer, als Tom Silver das Haus betrat. Er wirkte müde, sein Gesicht und die Hände rot vom Wind, aber er war mit wenigen Schritten bei den Flammen. Doch Deborah war schneller, kippte das heiße Wasser von den Kartoffeln auf das Feuer,

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