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Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Titel: Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Sie mir, niemand wird vergessen oder verzeihen, wer Ihr Vater ist, bloß weil sich herausstellt, dass Sie ein anständiger Mensch sind.“
    Sie starrte ihn an, dann rümpfte sie verächtlich die Nase, um ihre Verwirrung zu überspielen. „Ich wollte an diesem gottverlassenen Ort einfach mehr tun, als tagein, tagaus auf der Veranda zu hocken und für meine Rettung zu beten.“ Sie dachte einen Moment über seine Worte nach. „Also sind Sie der Meinung, ich sei ein guter Mensch?“
    „Habe ich das gesagt?“
    „Es klang zumindest so.“
    Er zuckte die Schultern und stellte die Lampe neben sich heller, wandte sich wieder seinen Zahlen zu. Der Widerspruch zwischen seiner goldgeränderten Brille und seinen rauen Zügen weckte in ihr eine unbekannte Wärme, die sie sich nicht erklären konnte. Sie schaute ihn voller Abneigung an und fühlte sich unerträglich schmutzig und übel riechend. Sie sehnte sich danach, sich die Kleider vom Leib zu streifen und in den eiskalten See zu springen, nie wieder aufzutauchen, um Luft zu holen. Vielleicht lag tief unter der Wasseroberfläche eine andere Welt, eine geheime Welt, in der die Menschen gut zueinander waren, Rücksicht nahmen, wo …
    „Sie wanken, Prinzessin“, bemerkte Tom Silver.
    Ihr Mund klappte auf. „Mir geht es gut“, entgegnete sie. „Ich muss mir nur etwas Sauberes anziehen.“
    „Ich kann es kaum erwarten.“
    Sie kniff die Augen zusammen, verzichtete aber auf eine Erwiderung. Dann ging sie in ihr Zimmer – und wäre beinahe gegen den Zinkbadezuber gelaufen, der vor dem kleinen Ofen stand. Feuchte Schwaden stiegen von dem Badewasser auf, und einen Augenblick lang schloss Deborah die Augen, atmete den feuchten sauberen Duft des heißen Wassers ein. Ihr entfuhr ein leiser Schrei, als sie sich von den verdreckten Kleidern befreite und sich in den Zuber setzte. Er war nur klein, kaum mehr als das Hüftbad auf der Suzette , aber das dampfend heiße Wasser fühlte sich einfach himmlisch an. Sie nahm das Stück Seife und begann sich damit einzureiben, summte leise vor sich hin. Sie wusch sich rein von den letzten Resten der Fischgedärme, Schuppen und Schweiß. Erst nach einer Weile hielt sie inne, um sich zu fragen, wie es kam, dass am Ende eines harten Tages ein heißes Bad auf sie wartete.
    Tom Silver hatte ihr das Bad vorbereitet. Oh nein. Das hieß, sie würde ihm danken müssen. Wieder einmal.
    Sie hörte auf, sich zu waschen, als auch der Gestank aus ihren Haaren gespült war, und stieg aus der Wanne. Sie wickelte sich in Handtücher und eine alte Decke, die sie in einer Kiste am Fußende des Bettes gefunden hatte, dann benutzte sie das Badewasser, um ihre Kleider auszuwaschen. Sie wrang die Kleidungsstücke aus und hängte sie zum Trocknen auf. Ihre Erschöpfung war etwas anderem gewichen. Es war eine so überwältigende Müdigkeit, so intensiv, dass Deborah sie bis in jede Faser ihres Körpers hinein spürte.
    Wann gibt es Essen?
    Ihr Magen knurrte hungrig. Was glaubt er eigentlich, wer er ist, überlegte sie, von einer Frau, die halb tot vor Überarbeitung war, zu verlangen, auch noch das Essen zu kochen. Sie würde ihm zeigen, wo es Essen gab.
    Tom versuchte nicht weiter darauf zu achten, wie still es im angrenzenden Zimmer geworden war. Zuerst hatte er dem Plätschern des Wassers gelauscht, während sie in dem Zuber badete, den er für sie bereitgestellt hatte. Das leise Summen, das aus dem Zimmer zu ihm drang, hatte ihm verraten, dass sie seine Bemühungen zu schätzen wusste. Der Himmel wusste schließlich, ein heißes Bad war mehr, als die meisten Frauen auf Isle Royale nach einem Tag harter Arbeit zu Hause erwartete.
    Aber ein paar Augenblicke, nachdem das Plätschern und Summen aufgehört hatten, war es unnatürlich leise geworden. „Sie sind mir doch nicht etwa ertrunken, oder?“, fragte er, rief es ihr quer durch den Raum zu.
    Keine Antwort.
    „Prinzessin?“
    Stille.
    „Miss Sinclair?“ Er nahm seine Brille ab und stand auf. „Deborah?“ Es war das erste Mal, dass er sie bei ihrem Vornamen nannte. Es schmeckte verlockend nach etwas Verbotenem. Daher sagte er ihn noch einmal: „Deborah?“
    Als die Stille andauerte, ging er zu ihrer Zimmertür und klopfte an. Er zögerte einen Moment, dann stieß er die Tür auf. Der Raum dahinter war nur spärlich beleuchtet und voller Schatten, sodass er sie zuerst nicht entdecken konnte. Dann begriff er, dass der unordentliche Haufen, der auf dem Bett lag, sie war – in Leinenhandtücher gehüllt

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