Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
würde er sich an der Rettungsaktion beteiligen. Aber er war nicht hergekommen, um irgendwen zu retten. Er war, was die Umstände aus ihm gemacht hatten, und in seinem Herzen gab es keinen Raum für irgendetwas anderes als Hass.
Von Zeit zu Zeit blickte er hinter sich zum Wasserwerk nördlich des Flusses. Das Gebäude selbst schien noch intakt zu sein, und die gotische Turmspitze hob sich wie ein schwarzer Pfeil vor dem unangenehm orangen Himmel ab. Vielleicht stand der Turm nah genug am Wasser, um das Feuer zu überleben. Solange die Pumpen und Blasebälge des Wasserwerks in Sicherheit waren, konnten die Flammen unter Kontrolle gebracht werden.
Dennoch war er sich sicher, dass es ein verlorener Kampf war. Der Wind heulte und stürmte mit höllischem Zorn. Brennende Holzstückchen regneten heftiger und dichter vom Himmel, entzündeten Feuer an jeder Stelle, an der sie landeten. Wenn er das Anwesen Sinclairs erst einmal erreicht hatte, würde das Feuer nicht weit hinter ihm sein.
Tom legte an einem aus Schutt aufgeworfenen Damm an und befestigte das Boot unter einem Felsvorsprung. Unter den gegebenen Umständen musste er besondere Vorsicht walten lassen. Ein vom Feuer Getriebener würde nicht lange zögern, ein Ruderboot zu stehlen, und es war ein gutes Stück, bis zum Kutter zu schwimmen.
Er stieg aus und kletterte auf den Uferdamm. Er befand sich nun auf einer mit Ziegelsteinen übersäten Straße und spürte sofort den heißen Atem des Feuers. Sein Hemd und seine Hosen aus Karibu-Wildleder boten Schutz vor den fliegenden Funken – eine Weile wenigstens.
Einige Explosionen in der Ferne erschreckten ihn, während er sich seinen Weg am Nordufer des Flusses suchte. Er kam an Banken und Hotels vorbei, Mr McCormicks Mähmaschinenfabrik, Läden und Theatern, Parks und Boulevards. Aus beinahe jedem hohen Gebäude schauten Menschen aus den Fenstern zum Feuer. Unheimlicherweise wurde die Nacht mit jedem Moment, der verstrich, heller. Er konnte Straßenschilder lesen und überall Menschen sehen, die in Gruppen beieinanderstanden und sich aufgeregt unterhielten. In einiger Entfernung hörte er das Signalhorn von Schleppern, die verlangten, dass die Brücken hochgezogen wurden, um sie passieren zu lassen, aber die gewaltigen Menschenmassen am Ufer behinderten die Brückenwärter bei der Ausübung ihrer Arbeit. Der Brand im Westen bewegte sich auf den Mastenwald im Hafen zu. Gut, dass Lightning Jack einverstanden gewesen war, nicht bis zum Ufer zu fahren, sondern weiter draußen auf dem Wasser zu ankern. Heute Nacht gab es in der Stadt keinen sicheren Ort.
Das hier war fremdes Gebiet für Tom, aber er wusste, wo Sinclair wohnte. Er hatte sich die Stelle auf einer Karte eingeprägt und der Weg dorthin hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt.
Er hatte allerdings nicht damit gerechnet, sich durch ein Menschenmeer kämpfen zu müssen. Männer, Frauen, Kinder und Vieh schoben sich durch die breiten Hauptverkehrsstraßen, drängten zum See. Überladene Karren, Bierkutschen, von Eseln gezogene Lastfuhrwerke und Eilwagen verstopften die Fahrwege. In seinem ganzen Leben hatte Tom nicht so viele Menschen gesehen. Manche trugen nur ihre Nachthemden, andere elegante Abendkleidung. Karren und Kutschen ratterten vorbei ohne Rücksicht auf die Sicherheit der Fußgänger. Männer zogen Kisten und Koffer hinter sich her; Frauen umklammerten Quilts und Kessel, Schubladen, in die sie ihre Habseligkeiten gestopft hatten. Die Leute flohen, die Arme voller Bücher und Erinnerungsstücke, Kleiderbündel, seltsam geformter Säcke und Taschen und sogar ein oder zwei Mal mit einem Metalltresor.
Was sollte man retten, wenn man drohte, alles zu verlieren? fragte sich Tom. Unbezahlbare Antiquitäten, unersetzliche Fotografien, Quilts und lieb gewonnenen Krimskrams, den lang verstorbene Angehörige einmal mit ihren Händen hergestellt hatten. Und natürlich Geld. Das war immer wichtig.
Das Poltern und Dröhnen von in sich zusammenbrechenden Gebäuden übertönte das Schreien und versetzte Kinder und Pferde in Angst und Schrecken. Wo immer er hinschaute, sah Tom Gefährte, deren Fahrer sie nicht länger unter Kontrolle hatten, die gegen Bäume oder Gebäude krachten oder verlassen dastanden. Eine Kutsche mit einem Wappen auf der Tür, auf der „Emma Wade Boylans Mädchenpensionat“ zu lesen war, lag auf der Seite, und die Pferde, die noch davor gespannt waren, kämpften verzweifelt darum, sich zu befreien.
Drei junge Damen, in Seide und
Weitere Kostenlose Bücher