Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
als wäre nichts dabei, da er spürte, wenn er viel Aufheben darum machte, würde es sie beunruhigen. Ihr Fuß war klein und zart, und ihr Gesicht war frisch wie das eines Kindes. Doch als er einen Lederstreifen um ihren Knöchel band, senkte sie ihre Lider ein wenig und sah überhaupt nicht mehr wie ein Kind aus. Irritiert legte er ihr die Schlittschuhe zu Ende an, befestigte dann seine eigenen und hielt ihr eine Hand hin. „Fertig?“
Sie stand auf, zunächst noch wackelig, weshalb sie seine Hand fester griff. „Bereit.“
„Sind Sie sicher, dass Sie wissen, wie man Schlittschuh läuft?“
„Natürlich.“
Sie bewegten sich auf den Schlittschuhen ungelenk zur Eisfläche. Er hatte eine Holzbohle über das dünne brüchige Eis am Ufer gelegt, und einen Zweig als Besen verwendet, um den Schnee beiseitezufegen. Sie gingen über das Brett und gelangten auf das Eis, sich immer noch an den Händen haltend. Tom begann langsam, stieß sich erst mit dem einen, dann mit dem anderen Fuß ab, achtete darauf, dass sie mithalten konnte. Seine Sorgen waren unbegründet. All diese vornehmen Schlittschuhpartys in Chicago hatten sie das eine oder andere übers Eislaufen gelehrt. Sie glitt mit der flüssigen Anmut eines Schwans über das Eis, und ihr Mantel und die Enden ihres Schales flatterten hinter ihr, während sie mit dem freien Arm mühelos ihr Gleichgewicht hielt.
„Wir laufen Schlittschuh“, rief sie und ihre Augen blitzten fröhlich. „Es ist einfach herrlich!“
Hand in Hand liefen sie im Kreis über den kleinen See, scheuchten einen Schneehasen aus dem Schilfgürtel auf. Birkenzeisige und ein einsamer Goldfink flohen schimpfend in die Bäume. Obwohl den Himmel das drückende Grau des Winters trübte, war der Tag von anrührend harscher Schönheit. Wenn ich so mit ihr zusammen bin, dachte Tom, ist es beinahe genug.
Aber nur beinahe.
Deborah hatte nie einen Tag beim Eislaufen mehr genossen. Anders als die manierlichen gut gekleideten Paare, die gemächlich ihre Kreise auf dem Teich im Stadtpark beschrieben, waren Tom und sie mit der übermütigen Freude und dem Überschwang von Kindern übers Eis gekurvt.
„Sollen wir schneller laufen?“, fragte er, nachdem sie die Eisfläche erkundet hatten, nun wussten, wo sich die Buckel im Eis befanden und wo die Stellen, die am glattesten und ebensten waren.
„Ein Wettrennen“, schlug sie vor und ließ seine Hand los. „Aber nur, wenn Sie es verkraften können, durch eine Frau eine beschämende Niederlage zu erleiden.“
„Manchmal glaube ich, das ist der Grund, aus dem Frauen auf der Erde sind.“ Die Lust, die ihm jedes Mal die Sinne verwirrte, wenn er ihr nahe war, ließ ihn erklären: „Oder wenigstens zum Teil.“
Sie deutete auf das gegenüberliegende Ufer. „Wer als Letztes dort drüben am Baumstumpf ist, muss heute Abend kochen.“ Während sie noch sprach, strich sie ihre Röcke zurück und lief los, übernahm die Führung. Sie klatschte in die Hände und lachte laut, lauschte dem silberhellen Echo ihrer Stimme, das durch die leere Winterwildnis hallte. Sie fühlte sich so lebendig wie nie zuvor. Kalte Luft brannte in ihrer Lunge, bis sie prickelte, während ihre langen gleitenden Schritte sie vorwärts trugen.
Unweigerlich holte Tom sie ein und erreichte sie. Als er neben ihr war, fasste Deborah die Schöße seines dicken Mantels und zog sich daran nach vorne, gelangte wieder vor ihn und lachte entzückt. Er schrie empört auf und versuchte, sich aus ihrem Griff zu befreien.
Sie verloren beide zur gleichen Zeit den Halt und damit auch ihr Gleichgewicht und landeten dicht vor dem Ufer des Gewässers. In einem Gewirr aus Armen und Beinen kamen sie rutschend in einer Schneewehe inmitten von trockenen Schilfhalmen und nacktem Dornengestrüpp zu liegen. Deborah fand sich in Toms Armen wieder, der flach auf dem Rücken lag. Am Ufer begann der Hund wild zu bellen.
Atemlos fragte Deborah: „Hast du dir wehgetan?“ Sie merkte gar nicht, dass sie ihn auf einmal duzte.
„Alles in Ordnung“, brummte er. Es war jedoch nicht alles in Ordnung. Als er eine Hand hob, sah Deborah, dass ein drei Zoll langer Dorn seinen Handschuh durchbohrt hatte und auf der anderen Seite wieder herausschaute.
Sie starrte seine Hand mit offenem Mund an. „Bitte sag jetzt nicht, dass der Dorn durch deine Hand hindurchgeht.“
Mit den Zähnen zog er sich den Handschuh von seiner unversehrten Hand, dann fasste er den Dorn und riss ihn mit einem Ruck heraus. „Nicht mehr.“ Er
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