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Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)

Titel: Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
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Bett und schaute darunter.
    Sie entdeckte eine lange flache Kiste, an die auf der einen Seite Lederbänder mit Nieten befestigt waren. Zusätzliche Decken, vermutete sie. Seit sie die Schleusen bei Soo hinter sich gelassen und über den Lake Superior gefahren waren, war das Wetter stetig kälter geworden. Die Winternächte waren hier vermutlich von brutaler Kälte.
    Sie zog die Kiste hervor, die mit Spinnweben bedeckt war. Sie hob den Deckel und spähte hinein, sah Jungenkleider: Latzhosen, kurze Hosen, karierte Hemden und dicke Flanellnachthemden – eine Zigarrenschachtel aus Zinn mit einem toten Schmetterling darin, ein Wildlederbeutel mit Murmeln, eine Steinschleuder und ein Schulheft mit Schreibübungen.
    Deborah empfand eine Mischung aus Erstaunen und Verwirrung. Das hier waren vermutlich Dinge aus Tom Silvers Jugend. Es fiel ihr schwer, ihn sich als Junge vorzustellen, der eine Mutter hatte, die ihn liebte.
    In dem Augenblick kehrte er zurück, in der Hand ein in Stoff gewickeltes Paket. „Was, zur Hölle, tun Sie da?“
    Sie zuckte unter der Schärfe der Wut zusammen, die in seiner Stimme mitschwang. „Was ist das alles hier?“
    Mit zwei Schritten durchquerte er die Kammer, schlug den Deckel der Kiste zu. „Das ist privat.“
    „Mein Leben ist das auch“, entgegnete sie, „aber das hat Sie nicht daran gehindert, mich zu entführen.“ Sie zwang sich, sich von seinem Zorn nicht einschüchtern zu lassen, öffnete die Kiste wieder, worauf Zedernduft daraus aufstieg. „Das hier sind Kindersachen“, stellte sie fest. „Knabenkleidung und Bücher und … Schätze.“ Sie hielt ein Glas hoch, in dem sich Versteinerungen befanden. „Wie viel Druck muss ein zartes Blatt wohl ausüben, um einen Abdruck in dem Stein zu hinterlassen“, sagte sie und betrachtete die uralten Muster. „Wer hätte gedacht, dass etwas derart Zerbrechliches sich so tief in den Felsen graben könnte?“
    „Darüber habe ich nie nachgedacht“, bemerkte er unwillig.
    „Sind das Ihre Sachen?“
    „Nein“, erwiderte er scharf.
    „Dann … gehören diese Sachen Ihrem Sohn, Mr Silver?“, fragte sie. „Und wo ist er?“
    Zum zweiten Mal schlug Silver die Kiste zu, dann schob er sie wieder mit dem Fuß unter das Bett zurück. Auf dem Weg zur Tür antwortete er ihr dann doch noch: „Ihr Vater hat ihn getötet.“
    Während er in seinem Geschäft nach dem Rechten sah, überlegte Tom, dass er der Frau mit seinem letzten Satz sicherlich genug Stoff zum Nachdenken geliefert hatte. Ernie Sivertsen, der bei dem Unglück in der Mine verkrüppelt und entstellt worden war, hatte sich in Toms Abwesenheit um den Handelsposten gekümmert, aber es gab eine Reihe von Aufgaben, die auf ihn warteten. Zu dieser Jahreszeit war es ruhiger im Laden, denn die Saison neigte sich ihrem Ende zu. Die Leute packten alles zusammen, machten sich bereit, für den Winter auf das Festland zurückzukehren. Manche von ihnen zogen mit ihrem ganzen Hausrat um, nahmen alles mit, was nicht niet- und nagelfest war, sogar ihre großen gusseisernen Herde. Tom musste die Gegenstände wintersicher einlagern, die er zurücklassen würde, Bilanz ziehen und Inventur machen.
    Dank Arthur Sinclair würden manche nicht zurückkommen. Viele – Ehemänner, Brüder, Väter – waren gestorben, und die Frauen und Alten, die sie zurückgelassen hatten, konnten die körperlich schwere Arbeit des Fischens oder Holzfällens nicht leisten.
    Er stapelte gerade Dosen mit Eingemachtem, als Ilsa Ibbotsen vorbeischaute, ein schlafendes Baby im Arm. Die Frau des Pfarrers war die einzige Lehrerin der Insel, und bei schlechtem Wetter versammelte sie die Kinder in ihrer Küche, um ihnen aus dem Buch der Bücher vorzulesen oder mit ihnen zu rechnen.
    „Willkommen zurück, Tom“, sagte sie. „Ohne dich war es hier nicht dasselbe.“
    „Danke, Ma’am.“ Er mochte Ilsa. Sie sah gut und robust aus, ihr Wesen war großzügig und warmherzig. „Was kann ich für dich tun?“
    „Ich brauche Nelkenöl“, erwiderte sie und deutete auf das Baby, das sie in den Armen hielt. „Jennys Baby zahnt. Ich passe gerade auf es auf. Und kannst du uns Petroleum besorgen? Die Tage werden kürzer.“
    Er wandte sich um und nahm das Öl von einem hohen schmalen Regal, auf dem Arzneien und andere Heilmittel standen. „War der Fischfang für den Pastor einträglich?“, erkundigte Tom sich, um die Stille zu überbrücken.
    Sie nickte. Das Baby wurde unruhig, schlief dann aber an ihrer Schulter weiter. Tom

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