Isle Royale - Insel des Schicksals (German Edition)
interessierte sich für gewöhnlich nicht besonders für Babys, aber er ertappte sich dabei, wie er die kleine runde Hand betrachtete, die sich vertrauensvoll an Ilsas Schal klammerte, und die rosigen Lippen, im Schlaf gespitzt. „Ich hoffe, das hier wird den Schmerz lindern“, sagte er und stellte die Flasche Öl auf die Theke, die er öffnete, um einen Teil davon für Ilsa abzufüllen.
Sie bedankte sich, zögerte dann einen Moment, bevor sie wieder sprach. „Die Leute wundern sich über deine Besucherin, Tom.“
„Das denke ich mir.“ Er und Lightning Jack hatten niemandem erzählt, dass sie nach Chicago fahren wollten. Die gewohnte Route der Suzette ging nur zu den Schleusen von Soo, nicht weiter. Er holte tief Luft. Ilsa und den anderen in der Siedlung würde es nicht gefallen, wenn sie erfuhren, was es mit der Frau in Toms Haus auf sich hatte, kein bisschen. Früher oder später würde er sich erklären müssen, das war ihm klar, und eigentlich könnte er gleich damit anfangen, hier bei der Frau des Pastors. Obwohl sie ihren Schwager bei der Katastrophe verloren hatte, schienen ihre lutherischen Prinzipien ihr zu helfen, die Trauer zu verkraften.
„Lightning Jack und ich sind nach Chicago gefahren, um die Rechnung mit Arthur Sinclair zu begleichen“, sagte Tom, während er auf seine Hände blickte.
„Ach ja?“ Ilsa senkte die Stimme zu einem erschreckten Flüstern. „Tom, das hättest du nicht tun sollen.“
Er sah nicht hoch, sondern konzentrierte sich darauf, das Öl in einen kleinen Behälter zu gießen. „Das habe ich auch nicht getan. Die ganze Stadt stand in Flammen, als ich dort ankam.“
„Das Postboot hat die Nachricht von dem Feuer gebracht“, erzählte sie.
Er hatte die richtige Menge Öl abgemessen und zwang sich, Ilsa anzuschauen. Aber vor seinem inneren Auge sah er Arthur Sinclair im Foyer seines Stadthauses, mit ausdruckslosen Zügen, als Tom auf ihn anlegte. Warum hatte er gezögert? Die rücksichtslose Habgier des Mannes hatte sieben Leben gefordert, und dennoch hatte Tom eine bloße Sekunde zu lange gewartet, und Sinclair war entkommen.
„In der Stadt herrschte Chaos“, erklärte er. „Es ist ihm gelungen zu fliehen, aber ich habe einen Weg gefunden, ihn für das bezahlen zu lassen, was er angerichtet hat.“ Er deutete mit einem Daumen in Richtung der Hütte. „Die Frau ist Deborah Sinclair“, sagte er. „Sie ist Arthur Sinclairs Tochter.“
„Oh Tom …“
„Warte, lass mich ausreden. Wir haben Sinclair eine Nachricht geschickt, dass er herkommen und sie holen soll.“ Tom empfand finstere Genugtuung dabei, sich diesen Augenblick auszumalen. Sinclair hatte sich seine Hände nicht schmutzig gemacht, indem er andere dafür bezahlt hatte, die Arbeit für ihn zu tun. Dieses eine Mal aber würde er nicht umhin kommen, sich mit dem zu konfrontieren, was er angerichtet hatte.
„Angenommen, er kommt wirklich. Reiche Männer wie er … er wird nicht allein und nicht unbewaffnet erscheinen, denkst du nicht? Auf dieser Insel ist schon genug Blut vergossen worden.“
„Wir werden ihm die Rechnung präsentieren und Wiedergutmachung für die Familien der Opfer durchsetzen.“
„Du meinst, uns bezahlen.“ Ilsas blasses Gesicht wurde unerbittlich, und sie presste die Lippen aufeinander. „Es gibt nicht genug Geld auf der Welt, um einen solchen Verlust auszugleichen.“
„Das weiß ich doch, Ilsa. Aber die Zuständigen von der Versicherung haben den Unfall als höhere Gewalt bezeichnet, sodass es keine Ausgleichszahlung geben wird. Die Menschen müssen aber essen, Tag für Tag ihren Lebensunterhalt bestreiten. Da wird das Geld helfen können.“
„Hast du auch bedacht, was das Geld nicht wird richten können?“, erwiderte sie, und die leise Herausforderung in ihren Worten ließ ihre Stimme schärfer klingen.
Schmerzlich spürte Tom den Verlust von Asa. „Natürlich habe ich das.“ Seit er den Plan aufgegeben hatte, Arthur Sinclair umzubringen, hatte er nach einer anderen Möglichkeit gesucht, für Gerechtigkeit zu sorgen. Er wollte Sinclair Auge in Auge gegenüberstehen. Er wollte, dass er sah, wo die Menschen gestorben waren. Das ließ sich nur erreichen, indem er ihn zwang, hierherzukommen, nach Isle Royale.
„Nach dem Unfall musste meine Schwester von der Insel nach Duluth übersiedeln.“ Ilsas Stimme zitterte. „Sie ist dort ein Saloon-Mädchen, Tom. Sie … verkauft ihren Körper im Immigrant House und betrinkt sich jeden Abend bis zur
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