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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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dieses Kinderspiel Mord imDunkeln . Oder wie Zehn kleine Negerlein. Kennt ihr den alten Agatha-Christie-Streifen? Da war auch eine Gruppe von Leuten auf einer einsamen Insel. Und irgendwann … gab’s keinen mehr.« Joker setzte sich die Gummipuppe auf den Schoß. »Was sagst denn du zu unserem Spiel, Tante Käthe?« Er drehte den Kopf seiner Gummipuppe in die Runde, zog ihr die Banane aus dem Mund und quiekste mit verstellter Stimme: »Heißa, das wird ein toller Spaß!«
    Milky grinste, aber Elfe funkelte Joker böse an. »Unter Spaß stelle ich mir jedenfalls was anderes vor, als mich auf einer einsamen Insel von einem Mörder jagen zu lassen. Ich find das so was von billig.«
    »Woher willst du wissen, dass du nicht der Mörder bist?« Darling gab ihr klebriges Lächeln zum Besten.
    »Dann wüsste ich jedenfalls, wen ich mir als erstes Opfer aussuche«, knurrte Elfe.
    Lung hatte sich das schwarze Faltblatt mit den Regeln gegriffen und studierte es stirnrunzelnd. »In den Regeln steht aber nicht, wann wir diese Karten ziehen sollen«, murmelte er. »Wir sind erst seit einem Tag hier. Heute ist der zweite Dezember und gebucht waren wir bis zum einundzwanzigsten. Ich meine – wir könnten uns Zeit lassen.«
    Krys nahm Lung das Faltblatt aus der Hand. »Stimmt«, sagte sie nachdenklich. »Theoretisch könnten wir die Karten auch am letzten Tag ziehen. Und bis dahin haben wir Spaß. Was sagen Sie dazu, Herr Tempelhoff?«
    Auf Solos Gesicht geschah etwas Seltsames. Für den Bruchteil einer Sekunde lächelte er, doch gleich darauf wurde sein Ausdruck noch ernster als zuvor.
    »Das dürfen wir nicht!«, platzte Milky heraus.
    »Heißt du Tempelhoff?«, fragte Krys spöttisch.
    Milky wurde rot und für einen Moment schwiegen alle. Darling fummelte an ihrer roten Gelenkschiene herum, dann räusperte sie sich und griff nach einem Glas, um zu trinken, aber sie verschluckte sich und hustete, bis ihr Lung auf den Rücken klopfte. Ich stellte mir vor, wie Tempelhoff hinter seinen Monitoren saß und leise lachte.
    Solo verließ den Raum. Mephisto trottete hinter ihm her. Dann stand auch Moon mit ihrem Zeichenblock auf und nach einer Weile saßen nur noch Neander, Pearl und ich um den runden Glastisch herum. Der Deckel des schwarzen Kästchens lag auf der Tischmitte und die eisblaue Pupille starrte uns kalt und stumm entgegen.
    Neander klemmte sich das Vogelbuch unter den Arm. Er sah traurig aus. »Ich mach noch einen Spaziergang«, sagte er.
    Pearl und ich gingen zum Strand. Die Sonne stand jetzt hoch am Himmel. Es war noch heißer als vorhin, aber vom Meer kam ein frischer Wind. Es war Flut, man konnte förmlich sehen, wie sich das türkisfarbene Wasser nach vorne drängte. Wellen schwappten an den Strand, ganz hinten waren ein paar große, die sich gemächlich überschlugen. Aus ihrer Mitte tauchte ein Kopf auf. Pearl schirmte ihre Augen mit der Handfläche ab.
    »Ist das Solo?«, fragte sie.
    Ich nickte. Noch einmal verschwand sein Kopf in den Wellen, dann kraulte er mit kräftigen Bewegungen ein Stück weiter hinaus, bis ein großer, aus dem Wasser ragender Felsen ihn verbarg. Ich sah zum Himmel und dachte, dass es dort keine Kameras gab. Da draußen war Solo allein. Wieder zog mich der unsichtbare Faden in meiner Brust zu ihm hin und zum ersten Mal wünschte ich mir, mit ihm zu sprechen. Ihn zu fragen, was er von diesem Spiel hielt und davon, dass Tempelhoff uns auf diese Weise überrumpelt hatte. Aber das war nicht alles, was ich ihn gerne gefragt hätte, auch das wurde mir in diesem Augenblick klar. Ich wollte wissen, wer er war. Wie er hieß, woher er kam und wie er lebte. Jenseits der Insel – im wirklichen Leben.
    Pearls warme Hand legte sich auf meine Schulter. »Wie schön es hier ist«, sagte sie. Aber sie sagte es seufzend und ihre tiefe Stimme klang drückend und schwer. Sie ging zurück ins Haus und ich legte mich unter eine Palme in den Schatten und versuchte, mich zu entspannen. Aber es gelang mir nicht. Die Gedanken an das Spiel zogen immer engere Kreise in meinem Kopf. Auch ich hatte geschwiegen, mit keinem Wort hatte ich kommentiert, was ich von der ganzen Sache hielt.
    Ich drehte mich auf die Seite und malte mit der Fingerspitze lauter kleine Fragezeichen in den warmen Sand. Was hielt ich davon? Meine Fingerspitze formte ein Ausrufezeichen. Wütend. Ich spürte plötzlich, dass ich wütend war.
    Wenn ich heute an diesen Augenblick zurückdenke, dann fühle ich die Wut noch ganz genau. Ich hatte nicht

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