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Isola - Roman

Isola - Roman

Titel: Isola - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arena
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mich an. Tief in die Augen sah er mir und sein Gesicht war plötzlich ganz ruhig, als erfülle ihn ein tiefer Frieden.
    »Aber ich werde es nicht tun«, sagte er mit einer Stimme, die jetzt fest und sicher klang. Er wandte sich von mir ab und fixierte einen Punkt im Felsen schräg über meinem Kopf. »Mein Name ist Tobias Tempelhoff Liebermann«, sagte er. »Ich bin Solos Zwillingsbruder, der Sohn von Quint Tempelhoff und Mirjam Liebermann. Ihr kennt die Details, ihr braucht nur auszusagen.«
    Tobias sah wieder zu mir. Ich hielt den Atem an und stand ganz still. Tobias ließ das Messer fallen. Mit einem harten Klirren landete es auf dem Steinboden. Dann hob er die Hand und wickelte eine Strähne meines Haares um seinen Zeigefinger. Seine Hände waren jetzt ganz ruhig. Ich konnte seinen Atem hören, der tief und regelmäßig ging. »Ich habe ein Abschiedsgeschenk für dich«, flüsterte er kaum hörbar. »Es liegt im Bunker, in meinem Raum unter der Matratze.«
    Mit diesen Worten ließ er meine Haarsträhne los und strich mir mit der Kuppe seines Zeigefingers über die Wange, eine hauchzarte Berührung, als streifte mich der Flügel eines Schmetterlings.
    Dann drehte er sich um. Er trat an den Spalt, breitete seine Arme aus und ließ sich fallen.
    Die Luft war still, nichts regte sich, selbst das Tropfen hatte aufgehört. Kein Geräusch, kein Gefühl, kein Gedanke, kein Ich, keine Insel, keine Welt. Nur irgendwann der Himmel. Das war das Erste, was ich durch den Spalt im Felsen sah. Erst dann konnte ich mich bewegen.
    Über dem Meer ging die Sonne auf. Ein schmaler glutroter Streifen schob sich aus der glitzernden Oberfläche. Höher und höher stieg er, wie in Zeitlupe, und tauchte den Himmel in ein herrliches, glühendes Rot.
    Und als ich an den Rand des Abgrunds trat, sah ich das Boot.
    Es war ein gelb-schwarzes Schlauchboot, das am Ufer der Felsküste lag, bereit zur Abfahrt. Vor dem Boot stand Darling.
    Sie hob den Kopf und sah zu mir herauf. Ihre blonden Haare glänzten im Licht der aufgehenden Sonne, und als sie wie zum Gruß ihre Hand hob, blitzte das silberne Handy auf. Die rote Gelenkschiene an ihrem Handgelenk fehlte.
    Ich meinte, ein Lächeln auf ihrem Gesicht zu erkennen.
    Dann stieg sie in das Boot, ließ den Motor an und fuhr davon. Sie war kaum noch ein Punkt auf dem Meer, als sich über ihr, direkt vor der Silhouette der rot glühenden Sonne die Helikopter unserer Insel näherten.

Siebenundzwanzig
    NUR WENIGE TAGE bevor ich meine Reise nach Isola antrat, sah ich mir mit Bernhard und Erika einen Spielfilm im Fernsehen an. Ich erinnere mich nicht mehr an den Namen und von der Handlung habe ich nur noch behalten, dass es ein ziemlich kitschiger Liebesfilm war, bei dessen Happy End Erika laut schluchzend in ihrem Ledersessel saß, während ich mich über einen Drehfehler beschwerte. Als die Frau in der letzten Szene ihrem Liebsten hinterherlief, um ihn daran zu hindern, ins Flugzeug zu steigen, trug sie rote Glitzerohrringe, die ich deshalb deutlich sah, weil ihr die Haare beim Laufen aus dem Gesicht wehten. Als der Mann in der nächsten Einstellung ihr Gesicht in den Händen hielt, um sie zu küssen, fehlten die Ohrringe. Erika meinte schniefend, das sei ja wohl Nebensache, ich behauptete, es wäre Schlamperei, und Bernhard, der ein Filmfreak ist, musste lachen.
    »Solche Details nennt man im Film Anschlussfehler«, informierte er mich, »und sie können unter anderem dadurch entstehen, dass einzelne Einstellungen nicht in der Reihenfolge gedreht werden, in der sie im fertigen Spielfilm erscheinen.« Er erklärte mir auch, dass bei Filmproduktionen in der Regel eine einzelne Person damit betraut war, diese Fehler auszumerzen, und schlug mir scherzhaft vor, mich für diese Aufgabe bei der Postproduktion von Isola zu bewerben.
    Zu dieser Postproduktion war es natürlich nie gekommen. Als die Helikopter Isola erreichten, stand ich noch immer im Gang bei den Felsen und war die Einzige, die Darling lebend gesehen hatte.
    Solo und Quint Tempelhoff waren im Bunker gefesselt, Milky, Alpha und Elfe hockten auf der Nachbarinsel, die Polizei hatte kein Boot im Wasser bemerkt.
    Solo war der Einzige, der mir glaubte, die anderen warfen mir mitleidige Blicke zu. Ich hatte viel durchgemacht und nach einem Erlebnis, bei dem man dem Tod ins Gesicht gesehen hat, spielen einem die Sinne schon mal einen Streich. Ich weiß selbst nicht, wieso ich in diesem Moment auf Darlings Kleid kam. Auf das cremefarbene Kleid mit den

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