Issilliba - Aaniya, das Mädchen, das mit den Fliegen sprechen konnte (German Edition)
befriedigt, da sie von der Arbeit des langen Tages sehr müde waren. Nachdem sie Aaniya und Goran eine Gute Nacht gewünscht hatten, schliefen sie ineinander gekauert auf dem Stroh ein.
Auch Goran und Aaniya rutschen enger zusammen.
„Es hätte noch schlimmer kommen können“, flüsterte Aaniya nach einer Weile und erzählte Goran von Sindi, Exenias Gesandten. Irgendetwas in ihrem Innern weigerte sich, trotz der riesigen Enttäuschung über das fehlgelaufene Wiedersehen mit ihrem Vater, ihre Mission für gescheitert zu erklären. „Jetzt sind wir da, wo wir sein wollten“, meinte sie. „Wir können nun in aller Ruhe nach Xeras forschen. Irgendjemand wird uns schon sagen können, wo Xeras jetzt ist.“
Sie küsste Goran. Doch der reagierte kaum und so dauerte der Kuss nicht besonders lange.
„Und was ist mit unseren Fesseln? “, fragte Goran mutlos. „Mit denen können wir niemals fliehen.“
„Vielleicht kommt Grom“, schlug Aaniya vor.
„Besser nicht. Sobald er sich von den Groglas sehen lässt, werden sie ihn verfolgen bis an sein Lebensende. Grom weiß das, wir haben darüber gesprochen.“
Aaniya kuschelte sich enger an Gorans Brust.
„Lass uns abwarten, was geschieht. Wir können jetzt nichts machen“, meinte Aaniya müde. „Schlaf gut.“
„Du auch“, erwiderte Goran tonlos.
Bevor sie einschlief suchte Aaniya unter ihrem Hemd nach Emma. Nach einer Weile fand sie den leblosen Körper ihrer kleinen Freundin. Er war ein wenig zerdrückt, ansonsten schien die Fliege auf ihrer Hand friedlich zu schlummern. Aaniya schluckte die Tränen hinunter, die in ihr aufstiegen , und schob Emma in ihre Hosentasche. Dann schloss sie die Augen.
Ihr Schlaf war unruhig. Irgendwann mitten in der Nacht wachte sie halb auf. Sie glaubte ferne Stimmen zu hören. Jemand rief ihren Namen - oder war es überhaupt ihr Name? - und das Wort Manfredo tauchte in ihrem Kopf auf. Dann waren all diese seltsamen Eindrücke plötzlich wieder weg. Sie fühlte Gorans Körper neben sich und schlief wieder ein.
Am nächsten Morgen wurden Aaniya, Goran und die Niwis schon sehr früh von Honan geweckt. Sie mussten schleunigst in die Küche, um das Frühstück für die Palastbewohner servierfertig herzurichten. Aaniyas und Gorans Gruppe war nur für die Zusammenstellung und Ausgabe der Speisen zuständig, nicht aber für das Backen oder Kochen selbst. Dafür gab es eine eigene Niwi-Dienergruppe.
Nachdem Aaniya und Goran wie befohlen das morgendliche Essen in den Verpflegungsraum der Wächter und Soldaten gebracht hatten, wurde Aaniya zum Eierholen geschickt. Perri, ein Niwi aus ihrer Gruppe, begleitete sie. Als Aaniya neben dem Zwergmenschen über den Hof zu den Stallungen schritt, erklärte er ihr, dass es noch zwei eigene Teams an Sklaven gab, die sich um die Tierhaltung und die Fleischlieferung sowie um die Näharbeiten und das Putzen kümmern mussten.
Sie kamen zunächst bei den Schweinen vorbei. In Massen waren sie in einen dunklen, viel zu kleinen Verschlag eingesperrt, wie leblose Dinge. Das Einzige, was gut war, dachte Aaniya verbittert, war die Tatsache, dass sie nicht mehr lange zu leben hatten. Dann standen sie plötzlich vor den Käfigen der Hühner. Jedes dieser armen Tiere hockte eingezwängt in einem kleinen, vergitterten Abteil und konnte sich eigentlich überhaupt nicht bewegen. Der Kot türmte sich unter ihnen. Aaniya war schockiert über so viel Hartherzigkeit. Wieso nur fühlten sich die Groglas so erhoben über alle Wesen? Wieso nutzen sie die wundervolle Gutmütigkeit der Tiere so schamlos aus?
Als Aaniya die Eier aus den engen Gefängnissen heraus holte, gab sie sich viel Mühe dabei, die Riegel nicht ganz zu zu schieben. Sie hoffte, dass die Hühner ihre Nachlässigkeit möglichst bald bemerkten und ihr Heil in der Flucht suchen würden.
Am Mittag schon hagelte es für Aaniya eine strenge Bestrafung. Sie erhielt zwanzig Schläge auf den Allerwertesten - und das mit einem riesigen hölzernen Kochlöffel. Außerdem wurde ihrer Gruppe die abendliche Essensration gestrichen.
Als Aaniya mit brennendem Po auf dem Stroh lag und ihren Magen knurren hörte, dachte sie immer wieder an Honans Worte: „Du wirst deine Arbeiten in Zukunft ordentlicher erledigen. Die zwanzig Schläge, die ich dir auferlege, werden dich daran erinnern.“
Mitfühlend wischte ihr Goran die Tränen von den Wangen, bevor sie erschöpft einschlief.
Am nächsten Morgen, es war nun genau Mitte Juli, erschien Honan noch früher als
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