Ist Schon in Ordnung
herrschen«, sagte er und war sichtlich zufrieden mit seinen Worten, und ich sah ihm ins Gesicht und dachte, dass ich selten mehr Lust verspürt hatte zuzuschlagen.
»Leck mich am Arsch«, sagte ich.
10
H eute ist Freitag. Arvid ruft an und will, dass ich mit ihm in den Club komme. Seine Stimme klingt erregt. Ich bin müde, ich schlafe nachts schlecht, und wenn ich nicht schlafen kann, lese ich. Ich habe mit Hemingway und Arthur Omre angefangen, aber mir wird alles zuviel. Nach den Zeitungen und der Schule bin ich wie benebelt. Trotzdem sage ich ja.
Der Club befindet sich auf der mittleren Ebene des Einkaufszentrums, der Eingang ist gleich hinter der Wendeltreppe, die zur dritten Ebene führt. Die Treppe ist freistehend und durch eine Fußgängerbrücke oben mit dem Platz verbunden, und der Architekt Selvaag mochte sie so sehr, dass er sie, nachdem er mit Veitvet fertig war, als Markenzeichen gewählt hat, das nun die Seitenflächen seiner Autos ziert.
Auf einem Leuchtschild steht Linderud Jugendclub, obwohl Linderud der angrenzende Stadtteil ist. Das hat mich schon immer geärgert, auch wenn ich weiß, dass es kindisch ist, und als ich am Postamt bei der Musikschule ankomme, steht Arvid auf der Treppe und wartet. Ein paar Jugendliche gehen an ihm vorbei hinein, aber Arvid lehnt in seiner gelben Cordhose und der schwarzen Jacke am Geländer und raucht. Unter der Jacke trägt er einen Islandpulli, und um den Hals hat er locker einen großen Schal geschlungen. Seine Haare sind jetzt ganz lang, falls das derrichtige Ausdruck ist, denn die Locken sorgen dafür, dass die Haare in alle Richtungen abstehen, und obendrauf sitzt die Baskenmütze, die er von seinem Opa letztes Jahr zu Weihnachten bekommen hat. Er setzt sie nicht sehr oft auf.
Er sieht scharf aus. Die Mädchen in der Klasse sind total angetan von ihm, aber er ist so schüchtern, dass er es nicht kapiert, und darum wird nie mehr daraus. Doch vielleicht liege ich auch daneben. Vielleicht erzählt er mir nicht alles, ich erzähle ihm auch nicht alles, ich weiß nur, dass fast alle, die in der Tür zum Club verschwinden, mindestens zwei Jahre jünger sind als er und ich, und ich verstehe nicht, was wir dort drin zu suchen haben. Es ist ein Jahr her, seit wir zuletzt da waren, und ich habe am Telefon einfach zugesagt, weil ich den Eindruck hatte, es wäre ihm wichtig.
Ich gehe auf ihn zu und sage:
»He Arvid, die spielen doch nur Tischtennis da drinnen, sonst nichts, und die tanzen – was sie nicht können – zu Musik, die uns nicht gefällt. Und ich habe keinen Bock auf Tischtennis!«
»Wir brauchen nicht lange zu bleiben. Wir hauen bald wieder ab.«
»Warum gehen wir dann überhaupt rein? Es ist ja nicht mal gesagt, dass sie uns reinlassen. Wir sind doch schon über achtzehn!«
»Nur ganz kurz.«
Ich habe das Gefühl, ich wäre besser zu Hause geblieben. Ich hätte mich besser hingelegt und eine Stunde geschlafen, um das Ärgergefühl im Bauch loszuwerden, aber wir kommen nach einigem Hin und Her rein. Der Clubleiter an der Tür blickt skeptisch und ist uns vom Alter her näher als die meisten, die hier verkehren. Er hält uns an und fragt, wie alt wir sind. Mir ist das peinlich.
»Achtzehn.«
»Lange her?«
»Eben.«
»Okay, aber keine Scherereien. Ihr wart nicht vorher in der Kneipe?«
»Bist du verrückt?«
»Und keinen Ärger mit den Mädchen.«
Wir gehen hinein, und ich bleibe im Gang stehen. »Scheiße Arvid, darauf habe ich keine Lust.«
»Nur ganz kurz.«
Es ist sehr voll. Alle Räume sind voll mit Jugendlichen, und ich finde keine Ecke, in die ich mich verdrücken könnte, und bleibe in der Tür stehen und sehe den Rotzgören beim Tischtennis zu. Arvid geht weiter, nachdem er sich im Raum umgesehen hat. Die Diskothek ist ganz hinten, die Musik wummert bis in den Gang, sobald die Tür aufgeht, und viele sehen ihm hinterher, als er dorthin strebt. Er hat die Baskenmütze in die Jackentasche gesteckt, aber er sieht immer noch scharf aus.
Ich weiß von den meisten im Raum, wer sie sind, aber ich kenne sie eigentlich nicht, und einige sehen mich verwundert an, und einer ruft:
»Hallo Audun, bist du noch nicht in Rente?« Er heißt Willy und gehört zu denen, die an der U-Bahn herumhängen. Er ist sechzehn und war ein Kumpel von Egil. Ich fand ihn immer aalglatt. Wenn er an der Tür klingelte, um nach Egil zu fragen, ließ ich ihn draußen auf dem Gefängnis-Balkon warten, auch wenn es in Strömen goss.
Ich zucke mit den Schultern,
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