Ist Schon in Ordnung
blicke an ihm vorbei und sehe in einer Ecke Tommys Schwester sitzen, die sich mit zwei anderen Mädchen unterhält. Sie erwidert meinen Blick, und ich erröte, und Willy legt den Tischtennisschlägerweg und bahnt sich einen Weg zu mir. Er kommt auf mich zu und lächelt. Ich begreife nicht, warum, vielleicht weil ich der Älteste hier bin und er Eindruck schinden will. Er hat schulterlange helle Haare, etwas länger als meine, und er umarmt mich und sagt:
»Verdammt Audun, das mit deinem Bruder ist furchtbar. Egil war ein echt scharfer Typ.«
Ich schiebe seine Hand weg. »Hau ab«, sage ich.
Das gefällt ihm nicht. Er ist verwirrt und dreht sich um, weil er sehen will, ob mich jemand gehört hat, aber die Tischtennisbälle klackern hin und her über das Netz, und manchmal springen sie auf den Fußboden, und die Spieler brüllen und lachen zusammen.
»Jetzt hör auf, Audun, es wird ja wohl noch erlaubt sein, was zu sagen. Scheiße Mann, Egil war mein bester Kumpel.«
»Hast du nicht gehört, was ich gesagt habe? Hau ab!« Ich schubse ihn weg, er verliert das Gleichgewicht und muss ein paar Schritte machen, um nicht zu fallen, und jetzt ist es nicht mehr so einfach, so zu tun, als wenn nichts wäre. Es wird still im Raum, und alle hier drinnen schauen auf mich, der ich in der Tür stehe. Das ist für mich in Ordnung. Ich habe nichts mit ihnen zu tun. Willy duckt sich und bekommt einen listigen Gesichtsausdruck, er lächelt, er will sich prügeln, noch ein Wort von mir, und er wird sich prügeln. Das ist mir auch recht, es ist mir scheißegal, und in dem Moment kommt Arvid den Korridor entlang, sein Gesicht ist finster und erregt.
»Sie sind nicht hier«, sagt er.
»Wer denn?«
»Falls du nicht einer von ihnen bist«, sagt er, geht direkt auf Willy zu und drückt ihn an die Wand.
»Lass mich«, sagt Willy, »ich war nicht dabei!«
Ich begreife gar nichts. Arvid ist plötzlich wutentbrannt, sein hagerer Körper ist angespannt, er tänzelt und packt Willy am Hals, drückt ihn an die Wand.
»Einer wovon, Arvid?«
»Einer von denen, die Vattern zusammengeschlagen haben. Vor genau zwei Stunden. Er kam von der Spätschicht, und als er aus der Bahn gestiegen ist, hat sich eine Bande auf ihn gestürzt. Vermutlich, weil er ihre Witze nicht so lustig fand. Keine Ahnung. Jetzt liegt er halb ohnmächtig zu Hause im Bett und ist übel zugerichtet!« Er beginnt, Willy zu schütteln, und ich verstehe nicht, warum Willy sich nicht wehrt und verängstigt aussieht. Er ist ganz sicher stärker als der hagere Arvid und an Schlägereien viel mehr gewöhnt, aber er brüllt:
»Ich war nicht dabei! Das waren Dole und die anderen!«
»Dole und die anderen? Scheiße Mann, ist Dole nicht dein bester Kumpel? Idiot!«, schreit Arvid, und jetzt drischt er auf Willy ein, und es sieht unbeholfen aus, kein Mensch spielt mehr Tischtennis, alle stehen da und johlen und feuern sie an, und ich packe Arvid an der Schulter und ziehe ihn weg, höre, wie draußen im Gang die Clubleiter herbeieilen. Wir müssen weg, und zwar schnell. Ich halte ihn fest an der Schulter gepackt und brülle ihm ins Ohr:
»Jetzt reiß dich zusammen! Wir hauen ab!« Der Typ vom Eingang kommt um die Ecke und stellt sich uns in den Weg. Ich gehe ganz dicht an ihn heran, packe ihn mit aller Kraft, und bevor jemand begreift, was passiert, habe ich ihn hochgehoben und in den Raum getragen. Dort bleibt er stehen und brüllt.
»Wartet ab! Das hier ist nicht mein letztes Wort!«
»Leck mich am Arsch«, sage ich, packe Arvid an der Jacke,renne den Korridor entlang und durch die Tür nach draußen. Es ist dunkel und plötzlich kalt, und wir rennen die Wendeltreppe hinauf, immer im Kreis, bis zum Vorplatz. Dort bleiben wir stehen, und ich sage:
»Was ist denn mit dir los, verdammt! Kannst du mir vielleicht sagen, was Sache ist, bevor du mich mitschleppst? Ich war ganz sicher, dass es um ein Mädchen geht, so wie du dich aufgemotzt hast!«
»Man muss ihnen zeigen, wer man ist, kapierst du das nicht?« Er zerrt die Baskenmütze aus der Jackentasche und setzt sie auf, er hat sich überhaupt noch nicht beruhigt, mein Kumpel steht vor mir und schreit mich an.
»Verdammt, er ist jetzt sechzig und begreift es selbst nicht! Er war mal Boxer und hält sich noch für jung, und jetzt hat ihn eine Bande Rotzbengel verdroschen! Er traut sich nicht mal zum Arzt, obwohl er an mehreren Stellen im Gesicht genäht werden müsste, da bin ich ganz sicher. Er ist die Treppe hochgekrochen!
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