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Ist Schon in Ordnung

Ist Schon in Ordnung

Titel: Ist Schon in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
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die Platte.
    »Hier«, sagte ich, »hör sie dir an und träum von alten Zeiten.« Sie sah mich verwundert an und freute sich so, dass sie mich vor ihrem Typ umarmte.
    »Du spinnst ja. Vielen Dank. Du denkst aber auch an alle.«
    »Ach was«, sagte ich, dieses Etikett wollte ich nicht an mir kleben haben. Es stimmte auch gar nicht. Aber sie war meine Schwester und war immer okay gewesen.
    »Und heirate nicht gleich«, sagte ich, »überleg es dir gut«, und sie lachte, aber ihr Typ wurde böse, und als der Wagen wieder an seinem Platz stand, ging ich ganz dicht an ihm vorbei, streifte ihn hart mit der Schulter und warf eine Kleidertüte auf die Ladefläche.
    »Scheiße Mann«, zischte er und fuhr herum, aber ich sah ihn nicht an, kehrte ihm einfach den Rücken zu, so dass er allein dort stand und schnaubte.
    Egil kam aus dem Führerhaus. Er war aufgeregt und strahlte von Kopf bis Fuß.
    »Irre gut, der Wagen«, sagte er und starrte Karis Typ an, als wäre der wahrhaftig James Dean, und James Dean war gleich viel besser gelaunt, fuhr sich durch die gestriegelten Haare und sagte:
    »Klar ist der gut, ich hab ihn selbst aufgemotzt und lackiert. Du weißt ja, Egil, wenn du einen Job suchst, bei mir gibt es genug zu tun.«
    »Meinst du das ernst?«, fragte Egil und wurde noch freundlicher.
    »Na klar. Du bist doch das reinste Naturtalent.« Er machte eine großzügige Armbewegung und schielte zu mir herüber.
    Egil drehte sich um: »Hast du das gehört, Audun?«
    »Klar hab ich das gehört. Na dann, viel Spaß!«, sagte ich und ging zurück zum Eingang, ohne mich noch einmal umzusehen. Es war das Letzte, was ich zu ihm gesagt habe. Auf der Treppe begegnete ich meiner Mutter. Sie hatte Tränen in den Augen, weil Kari zu Hause auszog.
    »Ist was?«, schniefte sie.
    »Nein. Ich will nur die letzten Sachen holen.«
     
    Egil fuhr mit ihnen aufs Land, um beim Ausladen zu helfen und sich den Ort anzuschauen, an dem er arbeiten sollte. Er kam nicht mehr zurück. Zwei Tage später fuhr er einen von James Deans Amazons in die Glomma und ertrank.
     
    Am Karfreitag war der Frühling unwiderruflich vorbei, und am Tag danach gab es Schneeregen. Uns flogen nasse Flocken ins Gesicht, als wir mit dem Sarg zwischen uns aus der Kirche kamen. Ich hatte mir vorgestellt, dass er schwerer wäre. Hinter mir ging Arvid und hinter ihm Kari als Trägerin. Auf der anderen Seite ging meine Mutter und hinter ihr Roberto und am Ende Egils Mittelstufenlehrer. Er hatte sich mehrfach für ihn eingesetzt, hatte ihn verteidigt, als Egil im Konsumladen eingebrochen war, ohne dass es viel genützt hätte. Für Egil hatte er eine besondere Berufung empfunden, das war jetzt vorbei.
    Mehr waren nicht gekommen. J. D. hatte gesagt, er sei nicht ganz auf der Höhe, darum blieb er in Kløfta, lag im Bett und trank schwarzen Johannisbeersaft. Das war fürmich in Ordnung. Wir hatten überlegt, meinen Vater zu informieren, aber ich hatte mich geweigert und gesagt, wenn er auftauchen sollte, würde ich in den Wald gehen und so lange dort bleiben, bis er wieder weg war.
    Der Pfarrer war schrecklich. Er war zu uns in die Wohnung gekommen, um uns zu trösten und zu fragen, wie Egil zu Lebzeiten gewesen sei, um auf dieser Grundlage den Text vorzubereiten, den er in der Kirche vortragen wollte. Er war schließlich Pfarrer, darum haben wir ihm erzählt, wie es war, dass nicht immer alles so toll war, und als wir mit der Wahrheit halb durch waren, stand er vom Sofa auf und nahm seinen Mantel.
    »Tja, das reicht, ich mache es ohnehin so, wie ich es für richtig halte.«
    Und das tat er auch. Nichts von dem, was wir gesagt hatten, wurde erwähnt. Nur Geschwätz vom Licht, das Egil für die Menschen in seinem Umfeld gewesen sei, der stürmischen Jugend, die ein jähes Ende genommen habe, und dem Leben danach mit seiner ewigen Wiederkehr, Sonnenschein und Vogelgezwitscher ohnegleichen, und ich schaltete ab, meine Mutter hörte auf zu weinen, und Kari starrte an die Decke. Kein Auge wurde feucht.
    »Was für ein Dreckskerl«, flüsterte Arvid hinter mir, als wir in den Schneematsch traten und den Sarg auf den Wagen hoben, den wir dann über den Kiesweg zogen. »Er hat Egil wohl mit dem kleinen Lord verwechselt.«
    Ich antwortete nicht, hatte meine Gedanken abgeschaltet, sah nur auf meine Schuhspitzen und die Bäume, die weiße Vorhänge bekommen hatten, während ich versuchte, den Sarg zu steuern und dem Pfarrer auf dem Weg zum offenen Grab zu folgen. Die Luft war voller

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