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Ist Schon in Ordnung

Ist Schon in Ordnung

Titel: Ist Schon in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
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Kapierst du nicht, wie das für ihn ist?«
    »Hm, ist schon klar, jetzt beruhige dich doch«, sage ich, aber ich kapiere nicht, wie das für Arvids Vater ist, ich merke nur, dass ich wütend werde. Sein Vater wurde zusammengeschlagen, das ist übel, aber warum muss er mich jetzt anschreien? »Du brauchst nicht hysterisch zu werden. Beruhige dich jetzt«, sage ich noch einmal.
    »Warum sollte ich mich beruhigen? Sag mir, warum ich mich beruhigen sollte!« Gleich fängt er an zu heulen, und plötzlich schubst er mich. »Sag mir, warum ich mich beruhigen soll!«, brüllt er.
    »Setz die bescheuerte Mütze ab«, sage ich, »die sieht total albern aus!« Er hält inne, mit offenem Mund, und ich habe plötzlich Lust, ihm eine zu scheuern. Das kann ich abernicht, und ich weiß nicht, wohin mit meinen Händen, ich werde ihm eine scheuern, wenn mir nichts anderes einfällt. Ich will nicht abhauen und ihn allein lassen, und so mache ich das Einzige, was mir in den Sinn kommt, ich packe ihn, ziehe ihn zu mir, halte ihn fest und drücke ihn an mich. Er wird steif wie ein Stock und japst nach Luft, und erst in dem Moment begreife ich, dass Arvid seinen Vater liebt. Der Gedanke ist mir bisher nicht gekommen. Sie streiten sich fast ständig, knallen mit den Türen, stehen sich oben und unten an der Treppe gegenüber und schreien. Ich werde zornig und drücke ihn noch fester an mich, und in dem Moment beginnt Arvid zu heulen, »Scheiße«, sagt er an meiner Schulter, und er hat seinen Vater so lieb, dass er jetzt, wo dieser zusammengeschlagen wurde, eigenhändig ganz Veitvet verprügeln will, mit Baskenmütze und allem. Es sackt in mir, eine warme Welle schwappt von den Beinen herauf in den Bauch, und es ist keine gute Wärme, darum halte ich sie dort unten zurück, und wir stehen mitten auf dem Vorplatz und halten uns im Arm, und wenn jetzt jemand kommt, hält er uns ganz sicher für schwul.
     
    Ich weiß nicht, ob ich den Mut habe, ihn loszulassen. Wenn ich ihn loslasse, bin ich nackt und kalt und kann nirgendwohin.
     
    Irgendwo tickt eine Uhr. Ich sehe das Schild vom Lebensmittelladen Skoglund, ich habe es schon tausendmal gesehen, aber noch nie inmitten von Stille. Außerhalb der Stille bremst ein Auto und gibt wieder Gas, und schon höre ich rasche Schritte, jemand kommt von hinten auf mich zu und sagt:
    »Hallo, ich bin euch gefolgt«, und ich lasse langsam los.Ich weiß nicht, wie lange wir so dagestanden haben, aber meine Arme tun weh, und mir wird klar, dass ich ihn mit aller Kraft gedrückt habe. Eine Stelle an der Brust schmerzt besonders, und Arvid richtet sich auf und holt Luft, es zischt in seinem Hals, und ich sehe, was mir wehgetan hat: Es ist das FNL -Abzeichen an seinem Revers. Ich beuge mich zu ihm vor und sage leise:
    »Vergiss alles, was ich über deine Mütze gesagt habe, die ist völlig okay.« Aber er sieht mich an, als hätte er mich noch nie gesehen, als wäre ich Kolumbus und er mein erster Indianer, er ist rot im Gesicht, seine Augen sind feucht. Ich drehe mich um, und dort steht Tommys Schwester.
    »Wie heißt du?«, frage ich.
    »Was?«
    »Wie du heißt, Mensch!« Meine Stimme wird zu laut, aber sie antwortet ruhig:
    »Rita. Wusstest du das nicht?«
    »Nein.«
    »Ach so. Jedenfalls habe ich euch im Club zugehört. Es stimmt, es waren Dole und ein paar andere. Willy war dabei und hat zugeschaut. Dole sitzt dort drinnen«, sagt sie und zeigt auf eine Tür. Wir stehen vor der Kneipe. Sie befindet sich genau über dem Club, eine Etage höher. Ich schaue durch das Fenster. Dole sitzt direkt vor mir an einem Tisch und hat ein Pils vor sich, es leuchtet golden im Schein der Lampe darüber, und ich sehe sogar die Kohlensäure bizzeln, und er hat die Haare kurz geschoren wie ein amerikanischer Marinesoldat. Er war der erste in der Volksschule mit langen Haaren, jetzt hat er überhaupt keine Haare mehr. Sein Kopf ist dick und rund, und er lacht und erzählt jemandem, den ich nicht sehen kann, etwas sehr Witziges. Ich wende mich an Arvid.
    »Hm, gehen wir rein?«, frage ich schroff, aber er sieht mich an und begreift nicht, wovon ich rede.
    »Was ist denn mit ihm los?«, fragt Rita. »Habt ihr euch gestritten?«
    »Er macht sich Sorgen um seinen Vater. Komm jetzt nicht hinter mir her.«
    Ich steuere auf die Kneipentür zu. Sie geht nach außen auf, und als ich die Klinke in die Hand nehmen will, schlägt sie auf, und einer der hiesigen Alkis wankt nach draußen. Ich muss stehenbleiben, und Dole blickt auf und

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