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Ist Schon in Ordnung

Ist Schon in Ordnung

Titel: Ist Schon in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
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sieht mich durch das Fenster. Er weiß, wer ich bin, aber nicht, was ich will. Ich schiebe den Alki zur Seite und bahne mir einen Weg, gehe rasch auf den Tisch zu, an dem Dole sitzt. Er ist angetrunken, er grinst und sagt:
    »Hallo Audun, Alter«, aber ich antworte nicht, gehe auf ihn zu, bücke mich, packe seine Beine und ziehe daran. Er knallt auf den Boden, der Stuhl kippt nach vorn und trifft ihn im Nacken, das Pilsglas auf dem Tisch fällt um, und das ganze Bier plätschert auf seine kurzgeschorenen Haare. Er versucht, mit einem Bein nach mir zu treten, aber ich springe zur Seite, halte ihn am Knöchel fest und ziehe ihn zur Tür.
    »Scheiße, Audun! Bist du jetzt völlig durchgeknallt?«, schreit er, und ich sage nichts, weil es nichts zu sagen gibt, ich schleife ihn einfach durch das Lokal. Er schlägt wie wild um sich, stößt an Stühle und Tische, kriegt einen Fuß zu fassen und ruft:
    »So helft mir doch, verdammt!« Aber kein Mensch steht auf. An der Tür angekommen, stoße ich sie mit dem Hintern auf, und draußen auf dem Platz lasse ich sein Bein los. Stöhnend rappelt er sich auf. Als er aufrecht steht, boxe ich ihn mit aller Kraft in den Bauch. Ich weiß, wie man dasmacht. Ich habe es schon oft gesehen. Er kippt nach vorn, und das Bier sprudelt aus seinem Mund auf den Boden, und ich gehe ein paar Schritte zurück. Ich halte mich bereit und warte ab. Aber er hustet und spuckt und starrt auf den Asphalt.
    »Weißt du was, Audun?«, flüstert er. »Du bist ein toter Mann.« Und dann macht er die Kneipentür auf und geht gekrümmt wieder hinein.
    Ich drehe mich erneut dem Vorplatz zu. Dort steht Rita allein und sieht mich mit einem Blick an, auf den ich gut verzichten könnte.
    »Wo ist Arvid?«, frage ich.
    »Er ist gegangen. In die falsche Richtung, glaube ich.«
    Aha. Ich weiß nicht, warum ich getan habe, was ich getan habe, aber ich glaube nicht, dass es seinetwegen war.
    »Aha«, sage ich und streiche mir durch die Haare. Ich sehe sie an. »Was macht Tommy?«
    »Gut. Es geht ihm jetzt viel besser. Er erholt sich.«
    »Schön«, sage ich und gehe Richtung Treppe.
    »Du?«, sagt sie hinter mir. Ich drehe mich um. Sie trägt eine braune Lederjacke, die sie ganz sicher von ihrem Vater geerbt hat, so sieht es aus, und sie wirkt älter, als ich bisher angenommen habe.
    »Ach, nichts.«
    »Hm, in Ordnung.«
    Ich gehe die Wendeltreppe hinunter und weiter am Postamt und an der Musikschule vorbei und an den Reihenhäusern im Grevlingveien. Es ist vollkommen still. Ich atme ganz ruhig, nur ganz unten im Bauch ist mir ein wenig warm. Ich überquere den Veitvetveien, ohne mich vorher umzuschauen. Ein Auto macht eine Vollbremsung, aber ich blicke nur starr geradeaus und nehme den Fußweg zwischenden Blocks hindurch, bis ich im Beverveien herauskomme, dann gehe ich das kleine Stück hinunter zu meinem Block.
     
    Meine Mutter sitzt in der Stube. Sie sieht fern. Auf dem Tisch steht eine halbe Flasche Upper Ten, und sie hält ihr Glas in der Hand, während sie zusieht, wie Fred Astaire allein über den Bildschirm tanzt. Ich habe sie noch nie betrunken gesehen, aber ich weiß, dass sie trinkt. Die leeren Flaschen stehen hinter den Winterstiefeln im Schrank unten im Flur.
    »Hallo«, sagt sie, ohne den Blick vom Fernseher zu nehmen. »Du bist früh zu Hause. Wolltest du nicht in den Club?«
    »War ziemlich langweilig dort.«
    Ich will schon in mein Zimmer gehen, überlege es mir aber anders und lasse mich aufs Sofa fallen. Fred Astaire sitzt in einer Telefonzelle und spricht mit Ginger Rogers. Er verstellt seine Stimme und hat einen französischen Akzent, und sie weiß nicht, dass er es ist, mit dem sie spricht. Er gibt ihr gute Ratschläge mit französischen R’s. Er verzieht den Mund. Ich verstehe nicht, was das soll. Ich stehe vom Sofa auf, gehe zum Schrank neben dem Fernseher und hole mir ein Glas. Über dem Schrank hängt das signierte Foto von Jussi Björling.
    »Ich genehmige mir einen Schnaps«, sage ich so beiläufig wie möglich. Jetzt hebt sie den Blick.
    »Meinst du nicht, dass wir davon schon genug hatten?«
    »Du trinkst ja auch.«
    »Es ist Freitag. Das habe ich mir verdient. Na ja, du bist achtzehn. Du musst es selber wissen. Aber sei vorsichtig. Du kannst ihn mit Wasser verdünnen. Hier«, sagt sie undschiebt einen Krug mit Wasser zu mir herüber. Ich gieße mir einen ordentlichen Schluck Upper Ten ein und verdünne ihn mit etwas Wasser.
    »Das ist Fred Astaire«, sagt sie. »Er könnte mit dem

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