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Ist Schon in Ordnung

Ist Schon in Ordnung

Titel: Ist Schon in Ordnung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: authors_sort
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entlang um eine Wiese herum und gelangte von oben zu unserem Haus. Nahm man den üblichen Weg, war man vom Küchenfenster aus bereits mehrere hundert Meter vorm Tor zu sehen. Ich stellte mich hinter eine Birke auf der anderen Straßenseite und betrachtete das Haus. Es war bestimmt noch nicht sechs Uhr. Meine Mutter trat aus der Tür und zog Egil hinter sich her. Er war müde und schwer und nicht sehr willig, aber sie schob ihn entschieden vor sich her und machte die Tür hinter sich zu, ohne sie zu verschließen, dann war Kari also noch zu Hause. Hätte ich nicht hinter dem Baum gestanden, hätten sie mich gesehen, vielleicht hätten sie mich auch so sehen können, denn die Birke war nicht sehr dick, aber sie hatten es eilig und sahen sich nicht um und hasteten die Hauptstraße hinunter, um den Bus nach Gardermoen zu erwischen.
    Ich blieb stehen. Das Haus sah anders aus. Es war dasselbe, aber es war nicht mehr mein Haus, es war entrückt, wie hinter einer Wand aus buntem Glas, und ich durfte hier nicht sein, ich war weit weg, machte Angelferien am Aurtjern mit Frank. Wäre Kari nicht zu Hause, könnte ich zu den Fenstern gehen und hineinschauen, und die Chancen stünden nicht schlecht, dass das, was ich drinnen zu sehen bekam, ganz anders aussah als das, woran ich mich bei angestrengtem Nachdenken erinnern würde, wie es noch vor einer Woche ausgesehen hatte. Aber es fiel mir schwer, mich zu erinnern, in meinem Kopf wurde es ganz still, wenn ich mich konzentrierte, und plötzlich begannen meine Beine zu zittern. Ich hatte das Gefühl, dass ich vielleicht nicht mehr lange auf ihnen stehen konnte, darum umklammerte ich die Birke mit beiden Armen. Es war windstill, aber die dünne Birke zitterte, dass das Laub nur so raschelte, und ich traf eine Entscheidung, holte tief Luft und ging auf wackeligen Beinen zum Haus. In dem Moment hörte ich Motorengeräusche. Ich drehte mich um und sah hinunter zur Bushaltestelle. Ein Traktor kam die Hauptstraße herauf. Er schwenkte von einem Straßengraben zum anderen und kam langsam näher, und ich rannte zurück und stellte mich erneut hinter die Birke. Wir waren alte Freunde, wir hielten uns gegenseitig aufrecht, ich tätschelte den Stamm und starrte auf den Traktor. Der Mann im Führerhaus kam mir bekannt vor. Die linke Tür fehlte, und als der Traktor nahe genug war, konnte ich hineinschauen, und dort saß Kjell aus Kløfta, ein Zechkumpan meines Vaters. Er lenkte mit der linken Hand, in der rechten hielt er eine grüne Flasche, aus der er große Schlucke nahm, wobei er jedes Mal lächelte und der Schaufel zuprostete, die lehmverschmutzt und schwer hoch oben vor ihm schaukelte. Ich kniff die Augenzusammen und blickte in die Schaufel. Auf der einen Seite ragte eine Hand heraus und auf der anderen ein Bein in schwarzer Hose. Am Fuß fehlte der Schuh, nur die Socke stach aus dem Hosenbein hervor, und von dort, wo ich stand, war nicht schwer zu erkennen, dass die Socke nicht sauber war. Außerdem sah ich sie nicht zum ersten Mal.
    Kjell fuhr fast bis zur Birke, durch den Motorenlärm hindurch hörte ich, wie er Tango for two sang, dann hielt er auf das Tor zu. Das Tor war geschlossen, aber das sah er nicht, oder es kümmerte ihn nicht, und ich hörte, wie die schmalen weißen Planken von den Hinterrädern zermalmt wurden, bevor er in einer Kurve vor das Haus fuhr, die Schaufel senkte und meinen Vater auf die Platten vor der Treppe kippte.
    Kjell schaltete in den Leerlauf, das Motorengeräusch sank um eine Oktave ab, war jedoch genauso laut wie vorher, und er kletterte mit der Flasche in der Hand herunter und ging auf das schwarze Bündel auf den Platten zu. Er versetzte meinem Vater einen leichten Tritt mit dem Fuß, aber er rührte sich nicht. Kjell grinste, zuckte mit den Schultern und bückte sich, hob einen Arm meines Vaters hoch und legte ihn um die Flasche, so dass die grüne Öffnung wie ein Babyfläschchen an seiner Wange lag. Dann kletterte er wieder auf den Sitz, setzte mit dem Traktor zurück, verfehlte die Öffnung, die er geschaffen hatte, und nahm ein Stück vom Zaun mit. Ich blieb stehen, bis ich sah, wie er von der Hauptstraße abbog, dann ging ich vorsichtig hinüber zum Haus.
    Ich ging nicht zu ihm hin, sondern hielt mich zunächst am Zaun und sah hoch zum ersten Stock, denn vielleicht hatte der Traktor Kari geweckt. Am Fenster war niemand zu sehen, und keiner machte die Tür auf. Ich ließ den Zaunlos und näherte mich langsam und in Kreisen, und er lag ganz still

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