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Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Titel: Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elke Vesper
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zum Tanzen aufgefordert habe. (Eine Münze in den Topf)
    Sie: Du hast mir gesagt, dass ich leicht tanze wie eine Feder. (Eine Münze)
    Er: Du hast gesagt, wie gut ich führe. (Eine Münze)
    Sie: Du hast mich so wundervoll gehalten, am Rücken, deine ganze Hand, so warm, so bergend, ich habe mich so … (sie sucht das Wort) so gefühlt, als ob du mich wirklich fühlst (sie lacht etwas verlegen) und als ob dir gefällt, was du fühlst. (Zwei Münzen)
    Er (leise): Es hat sich auch toll angefühlt, dich im Arm zu haben … (er sieht sie mit einer Mischung aus Zärtlichkeit und Wehmut an und wirft eine Handvoll Münzen in den Topf). Ich habe mich Hals über Kopf in dich verliebt. Du hast auf alles reagiert, was ich tat. Wenn ich dich bewegt habe, bist du gefolgt. Wenn ich dich näher an mich gezogen habe, hast du dich angeschmiegt. Wenn ich einen meiner hilflosen Witze gemacht habe, hast du gelacht …
    Sie (greift auch in den Berg und wirft einen ganzen Haufen in den Topf): Und du hast mir so viel Schönes gesagt:
Dass mein Haar gut riecht, dass du mein Lächeln süß findest, dass du so gerne mit mir tanzt … (Sie denkt nach) Du hast dem Rosenverkäufer den ganzen Strauß abgekauft. (Sie lacht) Oder war das später?
     
    Dieses Paar wirft begeistert Münze auf Münze in den Topf, bis sie zur Geburt ihrer ersten Tochter kommen. Er war nicht da gewesen. Er hatte sich entschlossen, einen für ihn beruflich wichtigen Termin in den USA wahrzunehmen. Es war zwei Wochen vor dem errechneten Geburtstermin gewesen. Sie hatte sich gewünscht, dass er nicht führe. Er hatte sie überzeugt, dass er ja nur vier Tage fort sein würde und danach voll verfügbar.
    Das Kind war genau zwei Tage nach seinem Abflug gekommen. Eine schwierige Geburt, Kaiserschnitt. Anschließend war das Kind ihr immer nur zu bestimmten Zeiten gebracht worden, weil sie von der Geburt und dem starken Blutverlust geschwächt war. Dem Kind wurde zugefüttert, ihre Milch ging zurück. Er brach zwar in New York sofort alles ab, als er von der Geburt hörte, sein Flugzeug hatte aber enorme Verspätung wegen Schnee in New York, so dass er auch seinen Anschlussflug nicht bekam, und also traf er erst drei Tage nach der Geburt bei ihr ein. Da hatte sie sich schon vollkommen verlassen gefühlt und ihm die Schuld an dem ganzen Desaster gegeben. Wenn er da gewesen wäre, so glaubte sie, hätte er vielleicht einen Kaiserschnitt verhindern können. Wenn er da gewesen wäre, hätte er sie schützen können und dafür sorgen, dass das Kind näher bei ihr gewesen wäre und sie so besser hätte stillen können.
    Er war hilflos, hatte ein schlechtes Gewissen und wehrte es gleichzeitig ab. Schließlich konnte man nicht damit rechnen, dass sich alles so entwickelte. Er konzentrierte sich voll auf das Kind, dachte, so alles gutmachen zu können. Allerdings fühlte sie sich von ihm dadurch noch mehr im Stich gelassen.
    Der Topf leert und leert sich.
    Sie fühlte sich um die Geburt ihres Kindes betrogen. Alles, was sie sich gewünscht hatte, war nicht eingetroffen. Und nun konzentrierte er sich voll auf das Kind. Sie hatte das Gefühl, auch noch ihres Kindes beraubt zu werden. Dahinter stand ein furchtbares Versagensgefühl als Frau und Mutter. Sie konnte ihn irgendwie sogar verstehen. Sie fand sich selbst nicht mehr liebenswert.
    Beide zogen sich auf alte Rettungsmuster zurück. Er verfiel in Aktionismus, sorgte für Frau und Kind, so gut er konnte. Er arbeitete hart, habilitierte sich und war nach außen ein Vorzeigemann. Alle beneideten sie um ihren wunderbaren Gatten. Aber sie hatte sich ihm innerlich entzogen. In dieser Mischung aus Versagen und Vorwurf fiel sie in eine alte Selbstunsicherheit, fühlte sich neben ihm zunehmend klein, hässlich und unbedeutend.
    Sie bekamen zwar noch ein Kind, diesmal eine schöne Geburt. Sie stillte es und sorgte dafür, dass keiner es ihr wegnehmen konnte. Von da an gab es zwei Fronten in der Familie: die Tochter und den Vater, die Mutter und den Sohn.
    Er bekam die Möglichkeit, nach Amerika zu gehen, weil er dort eine führende Position in der Forschung hätte wahrnehmen können. Sie weigerte sich mitzukommen, war gerade dabei, sich eine kleine Praxis als Heilpraktikerin aufzubauen. Er schlug das Angebot aus, eine einmalige berufliche Chance. Er hatte das Gefühl, das größte Opfer gebracht zu haben, was er nur konnte. Sie bezog seinen Wunsch, mit der Familie zusammenzubleiben, nicht auf sich, sondern nur auf die Kinder, vor allem auf die

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