Ist Unsere Liebe Noch Zu Retten

Geschäftigkeitsmasken.
    Es ist ja nicht nur so, dass Männer ihr Gesicht verloren haben. Die Lebert-Brüder schreiben – etwas bewundernd und etwas neidisch –, dass Frauen seit vierzig Jahren über ihre Identität diskutieren, bis in jede kleinste Verästelung, und sei dies, ob eine Richterin High Heels tragen darf. Ja, das ist wohl wahr. Frauen haben eine Menge verändert, eine Menge Terrain erobert, das ihnen verweigert worden war. Nur leider ist es ein wenig wie bei den Männern: Viele Frauen definieren ihre Identität über ihren beruflichen und gesellschaftlichen Status. Und sie sind vollkommen hilflos, wenn es um sie als Frau, als Partnerin geht. Und leider ist es nicht ganz einfach, eine Identität als Frau ohne die Beziehung zum Mann zu entwickeln.
    Homosexuelle Männer haben sich mit ihrer Identität auseinandergesetzt, mutig, kämpferisch, ehrlich. Mit allem, was dazugehört, mit Stärken und Schwächen, mit Ängsten und Stolz. Aber sie hatten einen Vorteil: Ihr Partner war an ihrer Seite. Sie kämpften gemeinsam.
    Wenn Frauen und Männer ihrer Liebe Raum und Zeit gäben, kraftvoll miteinander wüchsen, miteinander ehrlich wären, dann hätte dies automatisch Auswirkungen auf alles Mögliche: Ein starker, mit sich selbst zufriedener Mann, der sich nicht wegen aller möglichen Schwächen schämt, würde beruflich nicht so feige und gesichtslos werden, wie die Lebert-Brüder ihn skizzieren. Eine Frau, die sich ihrer selbst sicher ist, die ein männliches Gegenüber hat, das sie stärkt und herausfordert, wird sich nicht mehr mit »Machen Sie das Beste aus Ihrem Typ« abspeisen lassen, die will mehr vom Leben. Und vor allem: Solche Frauen und Männer, die ein Gesicht haben, die über ihre Stärken und Schwächen wissen und keine Angst vor Veränderung haben, die sich nicht in eine Mode pressen lassen und auch Mut zum Auffallen, Lächerlichsein, Widersprechen haben, die sind andere Eltern. Die kuschen nicht mehr vor ihren Kindern und versuchen nicht, ihnen alles recht zu machen. Die kuschen aber auch nicht vor Lehrern oder sonstigen Institutionen. Die haben Mut, Orientierung zu geben, da zu sein, Konflikte auszutragen und auch einmal auszuhalten, wenn das Kind schreit: Ich hasse dich. Die können ihren Kindern gleichzeitig die Sicherheit geben, dass sie wirklich immer da sind, wenn es nötig ist.
    In diesem Sinne: Seid ehrlich und mutig! Macht reinen Tisch! Stellt den wackelnden Boden eurer Beziehung auf ein sicheres Fundament! Strebt eine kraftvolle starke Partnerschaft an! Entwickelt die eigenen Träume und stimmt sie miteinander ab! Dazu im nächsten Kapitel.

Wo willst du hin? Wer willst du sein?
    Ohne Ziel keine Orientierung
    Du hast es schon bemerkt, ich vergleiche eine Beziehung manchmal mit einem Unternehmen, einem Projekt, das eine Herausforderung beinhaltet, ein Ziel und jede Menge Schwierigkeiten, die auf dem Weg dahin zu überwinden sind. Wenn die Schwierigkeiten zu groß werden und die Fähigkeiten, sie zu überwinden, nicht auszureichen scheinen, landen wir in einer Krise. Es ist gut, dann nicht das Ziel aus den Augen zu verlieren. Besser ist es zu überprüfen, welche Fähigkeiten wir brauchen, um dorthin zu gelangen.
    Mit Interesse beobachte ich, was Menschen suchen, die weite Reisen in fremde Länder unternehmen. Viele suchen die Herausforderung. Zu Hause ist alles in einem festen Rahmen, alles ist versichert. (Versicherung gibt allerdings nicht unbedingt Sicherheit.) In der Ferne geht manche Sicherheit verloren. Der Reisende muss die Fremde erobern, sie sich vertraut machen. Es gibt Risiken, er kann übers Ohr gehauen werden, in beängstigende Verhältnisse kommen, krank werden. All dem standzuhalten kann ein Gefühl von Stärke vermitteln.
    Es gibt auch andere Reisen. Die Lebert-Brüder schreiben, dass Männer sich auf die Reise nach innen begeben sollten, um ihre Identität zu finden. Das ist sicherlich eine beängstigende Herausforderung. Sich auf die Reise in eine wirkliche Liebesbeziehung zu begeben stellt auch eine Herausforderung dar. Du brauchst Neugier und Offenheit, um dich aufmerksam der Fremde des geliebten Menschen anzunähern, sie
überhaupt auszuhalten, nicht abzuwehren oder zu verlachen. Auf der Hut zu sein ist bei dieser Reise nicht angeraten.
    Wo soll deine Reise hingehen? Was ist dein Ziel? Welche Hausforderung willst du annehmen, welche suchst du?
    Es könnte Spaß machen, dich noch einmal mit den Rollen zu beschäftigen, die du bisher in deiner Beziehung gespielt hast.